Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.Antheil nimmt, das gesellige Leben zerstört. Hier drängt sie hart und des¬ Oestreichs Ankunft. Vision. Da wären wir denn wieder, wo wir im starren Winter 1848 gewesen, die Anders geworden ist alles, ob auch besser, wer ist sanguinisch genug, Die grüne Hoffnnngstanne ragt schwarz empor, sie ist versengt von dem Ein großes Leichenfeld haben sie ans Großöstreich gemacht die Ultra's bei¬ Seit Jahren erschraken wir vor der Idee der sich vorbereitenden Revolution Antheil nimmt, das gesellige Leben zerstört. Hier drängt sie hart und des¬ Oestreichs Ankunft. Vision. Da wären wir denn wieder, wo wir im starren Winter 1848 gewesen, die Anders geworden ist alles, ob auch besser, wer ist sanguinisch genug, Die grüne Hoffnnngstanne ragt schwarz empor, sie ist versengt von dem Ein großes Leichenfeld haben sie ans Großöstreich gemacht die Ultra's bei¬ Seit Jahren erschraken wir vor der Idee der sich vorbereitenden Revolution <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0496" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279522"/> <p xml:id="ID_1683" prev="#ID_1682"> Antheil nimmt, das gesellige Leben zerstört. Hier drängt sie hart und des¬<lb/> potisch den jüdischen Theil der Bürgerschaft zurück, dort macht sie, daß der pol¬<lb/> nische sich isolirt, nirgends verdrängt sie den Deutsche», aber sie macht, daß dieser<lb/> sich allenthalben unwohl befindet. Durch das Mißverhältniß, in welches die ge¬<lb/> sellschaftlichen Elemente nach der Revolution gerathen sind, ist die Gesellschaft ver¬<lb/> nichtet worden, und kaum ist noch mehr von ihr vorhanden als ans drei Seiten<lb/> der Drang, das ehemalige Verhältniß wieder zu gewinnen, sich wieder zu bilden.<lb/> Diesem Drange aber tritt fast allenthalben die unnatürliche gesellschaftliche Rolle,<lb/> welche die Russen spielen, mit Uebermächtigkeit entgegen. Wie unerquicklich da¬<lb/> durch das Leben in Warschau wird, läßt sich ermessen; die Demoralisation aber,<lb/> welche solchen Verhältnissen entspringt, wäre einer Schilderung werth. Doch für<lb/> diesen Abschnitt genug, die Behauptung zu rechtfertigen: „Warschau ist eine Stätte,<lb/> wo ein Theil der Menschheit moralisch vernichtet wird."</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Oestreichs Ankunft.<lb/> Vision.</head><lb/> <p xml:id="ID_1684"> Da wären wir denn wieder, wo wir im starren Winter 1848 gewesen, die<lb/> Grenzboten sind wieder verboten in Oestreich, im neuen, so wie im alten, im<lb/> große» einigen — ? — wie im alten uneinigen. — In der That, wir wünschten,<lb/> auch alles übrige wäre so in Oestreich, wie es i» jenem Winter 1848 gewesen,<lb/> denn in dem Schueegesilde tröstete uns damals die grüne Tanne der Hoffnung,<lb/> der Hoffnung, es werde, es müsse anders und besser werden demnächst.</p><lb/> <p xml:id="ID_1685"> Anders geworden ist alles, ob auch besser, wer ist sanguinisch genug,<lb/> dies zu behaupten!</p><lb/> <p xml:id="ID_1686"> Die grüne Hoffnnngstanne ragt schwarz empor, sie ist versengt von dem<lb/> Kanoneublitze, dem Pulverdampfe östreichischer Freiheit, ein Signal der allge¬<lb/> meinen Trauer siehet sie hinaus in die weiten Lande, blutgetränkt ist der Boden,<lb/> Moderduft verscharrter Leichen verpestet die Luft, selbst der Hoffnung Tanne ge¬<lb/> deihet nicht mehr, sie treibet nimmer frischgrüuende Zweige.</p><lb/> <p xml:id="ID_1687"> Ein großes Leichenfeld haben sie ans Großöstreich gemacht die Ultra's bei¬<lb/> der Lager, und wir beklagen den Jüngliugkaiser, der uun die Todten begraben<lb/> läßt zur Feier seiner Thronbesteigung, der uun regieren soll über todte Völker.</p><lb/> <p xml:id="ID_1688" next="#ID_1689"> Seit Jahren erschraken wir vor der Idee der sich vorbereitenden Revolution<lb/> Oestreichs, vor der Aufgabe einer freisinnigen Constituirung dieses weiten Reiches,<lb/> denn wir kennen Oestreich, wir kennen die Tendenz seiner hohen Region, wir<lb/> erkannten die Unmöglichkeit, ein constitutionelles Oestreich zu bauen nach den Haus-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0496]
Antheil nimmt, das gesellige Leben zerstört. Hier drängt sie hart und des¬
potisch den jüdischen Theil der Bürgerschaft zurück, dort macht sie, daß der pol¬
nische sich isolirt, nirgends verdrängt sie den Deutsche», aber sie macht, daß dieser
sich allenthalben unwohl befindet. Durch das Mißverhältniß, in welches die ge¬
sellschaftlichen Elemente nach der Revolution gerathen sind, ist die Gesellschaft ver¬
nichtet worden, und kaum ist noch mehr von ihr vorhanden als ans drei Seiten
der Drang, das ehemalige Verhältniß wieder zu gewinnen, sich wieder zu bilden.
Diesem Drange aber tritt fast allenthalben die unnatürliche gesellschaftliche Rolle,
welche die Russen spielen, mit Uebermächtigkeit entgegen. Wie unerquicklich da¬
durch das Leben in Warschau wird, läßt sich ermessen; die Demoralisation aber,
welche solchen Verhältnissen entspringt, wäre einer Schilderung werth. Doch für
diesen Abschnitt genug, die Behauptung zu rechtfertigen: „Warschau ist eine Stätte,
wo ein Theil der Menschheit moralisch vernichtet wird."
Oestreichs Ankunft.
Vision.
Da wären wir denn wieder, wo wir im starren Winter 1848 gewesen, die
Grenzboten sind wieder verboten in Oestreich, im neuen, so wie im alten, im
große» einigen — ? — wie im alten uneinigen. — In der That, wir wünschten,
auch alles übrige wäre so in Oestreich, wie es i» jenem Winter 1848 gewesen,
denn in dem Schueegesilde tröstete uns damals die grüne Tanne der Hoffnung,
der Hoffnung, es werde, es müsse anders und besser werden demnächst.
Anders geworden ist alles, ob auch besser, wer ist sanguinisch genug,
dies zu behaupten!
Die grüne Hoffnnngstanne ragt schwarz empor, sie ist versengt von dem
Kanoneublitze, dem Pulverdampfe östreichischer Freiheit, ein Signal der allge¬
meinen Trauer siehet sie hinaus in die weiten Lande, blutgetränkt ist der Boden,
Moderduft verscharrter Leichen verpestet die Luft, selbst der Hoffnung Tanne ge¬
deihet nicht mehr, sie treibet nimmer frischgrüuende Zweige.
Ein großes Leichenfeld haben sie ans Großöstreich gemacht die Ultra's bei¬
der Lager, und wir beklagen den Jüngliugkaiser, der uun die Todten begraben
läßt zur Feier seiner Thronbesteigung, der uun regieren soll über todte Völker.
Seit Jahren erschraken wir vor der Idee der sich vorbereitenden Revolution
Oestreichs, vor der Aufgabe einer freisinnigen Constituirung dieses weiten Reiches,
denn wir kennen Oestreich, wir kennen die Tendenz seiner hohen Region, wir
erkannten die Unmöglichkeit, ein constitutionelles Oestreich zu bauen nach den Haus-
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