Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.lischer Composition genommen sind, sondern in den zeitgemäßen Anspielungen. Wen kommt es doch, daß die ungeheure Menge närrischer Käuze, welche die Und Herr Langen schwarz, der Verfasser unseres Stücks, hatte es doch Wozu überhaupt diese Bemerkung über ein Stück, das keiner Bemerkung ^ Einmal. Die deutsche Kritik ist sehr streng gegen die strebsamen Talente, lischer Composition genommen sind, sondern in den zeitgemäßen Anspielungen. Wen kommt es doch, daß die ungeheure Menge närrischer Käuze, welche die Und Herr Langen schwarz, der Verfasser unseres Stücks, hatte es doch Wozu überhaupt diese Bemerkung über ein Stück, das keiner Bemerkung ^ Einmal. Die deutsche Kritik ist sehr streng gegen die strebsamen Talente, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0426" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279452"/> <p xml:id="ID_1445" prev="#ID_1444"> lischer Composition genommen sind, sondern in den zeitgemäßen Anspielungen.<lb/> Unter den bösen Menschen, dnrch welche Peter der Aufenthalt in der Residenz<lb/> parlait.t wild, l'cftudet sich nämlich auch ein Demagog, der sämmtliche Stichwör-<lb/> ter des Tages in einer mehr oder minder unzweckmäßigen Weise vorträgt. Er<lb/> setzt die gesänuuikten Wangen einer Hofdame in Belagerungszustand, er octroyirt<lb/> Nldni u. s. w. Man könnte ihn für eine Persiflage auf die Demokratie über¬<lb/> haupt nehme», und so ist es auch an manchen Orten geschehen, aber er ist eigent¬<lb/> lich nur der Lakai eines Marquis — Theatermarqnis von der nöthigen Schänd¬<lb/> lichkeit, Hofmarschall Kalb — der dem jungen Peter Geld abnehmen will, war<lb/> fniber S<i>une> junge und ist Spener i» der Küche beschäftigt, zuletzt Kutscher. Um<lb/> so ni znsammeichüiigent'es Zeug zu faseln wie dieser — übrigens »u kundt ziemlich<lb/> gutherzige Patro», braucht mau kein Demokrat zu sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_1446"> Wen kommt es doch, daß die ungeheure Menge närrischer Käuze, welche die<lb/> Welle u»Serer Revolution nach oben getrieben hat, noch so wenig Gelegenheit ge¬<lb/> geben haben zu poetischer Komik? Bis jetzt hat sich diese in einzelnen Karrikaturen,<lb/> wie die von Picpmeher erschöpft. Wir sind noch zu verdrießlich, um über unsere<lb/> eigene Abgeschmacktheit zu scherzen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1447"> Und Herr Langen schwarz, der Verfasser unseres Stücks, hatte es doch<lb/> so bequem! Er durste nur sein Conterfty im Spiegel nachzeichnen, und die präch¬<lb/> tigste Karrikatur war fertig. Den Leipzigern wird es noch erinnerlich sein, wie<lb/> Herr Dr. Langenschwarz im vorigen Jahre einen Club organisirt hatte — ich<lb/> glaube einen socialistischen — der an Dummheit, Gemeinheit und Lächerlichkeit<lb/> alle übrigen übertraf, und das wollte in Leipzig viel sagen. Der Vorsteher reizte<lb/> durch die kindlichsten Lügen die Arbeiter auf, ließ jeden hinauswerfen, der noch<lb/> neben ihm reden wollte, versprach jeden Einzelnen ein vollkommen sorgenfreies<lb/> Auskommen, und herrschte als unumschränkter Dictator, bis die Sache sich in<lb/> einer allgemeinen Prügelei auflöste. Daß ein solches Subject später Karrikaturen<lb/> auf die Demokratie macht, nachdem die Reaction gesiegt, ist ganz in der Ord¬<lb/> nung; nnr sollte man erwarten, daß er bei dem reichhaltigen Material, das ihm<lb/> zu Gebote stand, die Sache besser anzufangen gewußt hätte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1448"> Wozu überhaupt diese Bemerkung über ein Stück, das keiner Bemerkung<lb/> werth ist? Ans zwei Gründen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1449" next="#ID_1450"> ^ Einmal. Die deutsche Kritik ist sehr streng gegen die strebsamen Talente,<lb/> welche die Entwicklung der neuen Zeit poetisch zu fördern suchen, gegen G utz-<lb/> kow u. s. w. Sie hat ein Recht dazu, denn in einer Periode deö Werdens<lb/> kann nur aus einem beständigen Ringen gegen die Forderungen der Theorie die noch<lb/> unsichre Productivität eine bestimmte Form und einen festen Halt gewinnen, und<lb/> man kann sagen, jene Dichter haben ebenfalls ein Recht auf strenge Beurtheilung,<lb/> wie empfindlich auch ihre Dichtereitclkeit dadurch verletzt werden mag. Dennoch<lb/> ist ein Uebelstand dabei. In der Regel verschmäht eS die bessere Kritik, sich mit</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0426]
lischer Composition genommen sind, sondern in den zeitgemäßen Anspielungen.
Unter den bösen Menschen, dnrch welche Peter der Aufenthalt in der Residenz
parlait.t wild, l'cftudet sich nämlich auch ein Demagog, der sämmtliche Stichwör-
ter des Tages in einer mehr oder minder unzweckmäßigen Weise vorträgt. Er
setzt die gesänuuikten Wangen einer Hofdame in Belagerungszustand, er octroyirt
Nldni u. s. w. Man könnte ihn für eine Persiflage auf die Demokratie über¬
haupt nehme», und so ist es auch an manchen Orten geschehen, aber er ist eigent¬
lich nur der Lakai eines Marquis — Theatermarqnis von der nöthigen Schänd¬
lichkeit, Hofmarschall Kalb — der dem jungen Peter Geld abnehmen will, war
fniber S<i>une> junge und ist Spener i» der Küche beschäftigt, zuletzt Kutscher. Um
so ni znsammeichüiigent'es Zeug zu faseln wie dieser — übrigens »u kundt ziemlich
gutherzige Patro», braucht mau kein Demokrat zu sein.
Wen kommt es doch, daß die ungeheure Menge närrischer Käuze, welche die
Welle u»Serer Revolution nach oben getrieben hat, noch so wenig Gelegenheit ge¬
geben haben zu poetischer Komik? Bis jetzt hat sich diese in einzelnen Karrikaturen,
wie die von Picpmeher erschöpft. Wir sind noch zu verdrießlich, um über unsere
eigene Abgeschmacktheit zu scherzen.
Und Herr Langen schwarz, der Verfasser unseres Stücks, hatte es doch
so bequem! Er durste nur sein Conterfty im Spiegel nachzeichnen, und die präch¬
tigste Karrikatur war fertig. Den Leipzigern wird es noch erinnerlich sein, wie
Herr Dr. Langenschwarz im vorigen Jahre einen Club organisirt hatte — ich
glaube einen socialistischen — der an Dummheit, Gemeinheit und Lächerlichkeit
alle übrigen übertraf, und das wollte in Leipzig viel sagen. Der Vorsteher reizte
durch die kindlichsten Lügen die Arbeiter auf, ließ jeden hinauswerfen, der noch
neben ihm reden wollte, versprach jeden Einzelnen ein vollkommen sorgenfreies
Auskommen, und herrschte als unumschränkter Dictator, bis die Sache sich in
einer allgemeinen Prügelei auflöste. Daß ein solches Subject später Karrikaturen
auf die Demokratie macht, nachdem die Reaction gesiegt, ist ganz in der Ord¬
nung; nnr sollte man erwarten, daß er bei dem reichhaltigen Material, das ihm
zu Gebote stand, die Sache besser anzufangen gewußt hätte.
Wozu überhaupt diese Bemerkung über ein Stück, das keiner Bemerkung
werth ist? Ans zwei Gründen.
^ Einmal. Die deutsche Kritik ist sehr streng gegen die strebsamen Talente,
welche die Entwicklung der neuen Zeit poetisch zu fördern suchen, gegen G utz-
kow u. s. w. Sie hat ein Recht dazu, denn in einer Periode deö Werdens
kann nur aus einem beständigen Ringen gegen die Forderungen der Theorie die noch
unsichre Productivität eine bestimmte Form und einen festen Halt gewinnen, und
man kann sagen, jene Dichter haben ebenfalls ein Recht auf strenge Beurtheilung,
wie empfindlich auch ihre Dichtereitclkeit dadurch verletzt werden mag. Dennoch
ist ein Uebelstand dabei. In der Regel verschmäht eS die bessere Kritik, sich mit
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