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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.

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berittener Bursche unendlich viel Unheil anrichten können, das sagt Ihnen jeder
östreichische Offizier, der das Glück gehabt hat, während des letzten Feldzuges an
der Theiß mit ihnen in nähere Berührung zu kommen. Der Infanterist, der
seinen Schuß abgefeuert hat, ist verloren, wenn er dem Csikus gegenüber steht.
Was hilft ihm da sein Bajonett, mit dem er sich gegen den Husaren oder Uhlanen
ganz gut vertheidigen kann, wenn er es mit Geschick zu handhaben versteht? Der
langen Peitsche gegenüber reicht sein Manöver nicht ans, die reißt ihn zu Boden,
oder zerschlägt ihm mit dem Bleikuopf die Glieder. Und gesetzt auch, er hätte
noch einen Schuß im Rohr -- eher wird er den Vogel in der Luft treffen, als
den CsitVis, der ihn in wilden Sätzen umkreist und sich mit dem Pferde nach allen
Seiten mit der Schnelligkeit des Blitzes wirft, um der Kugel kein sicheres Ziel
zu geben. Der gewöhnliche Cavallerist ist nicht viel besser daran, und wehe ihm,
wenn er vereinzelt einem CsitVis begegnet. Ihm wäre wohler, auf ein Nudel
hungriger Wölfe gestoßen zu sein.

Ein Glück ist's für die Kaiserliche", daß die CfitV.se vermöge ihrer Waffe
nicht in geschlossenen Gliedern kämpfen können, sie wären eine furchtbare Macht.
Und doch lasen wir in einem halbvffiziellen Bericht, daß Csikuse vor Komorn das
Ceatrnm eines feindlichen Corps gesprengt hätten. Da muß ihnen ihre Verwe¬
genheit und die Entmuthigung der Oestreicher mindestens eben so viel geholfen
haben, als ihre Peitsche und Hacke, die sie im Nothfall nicht ohne Geschick zu
werfen verstehn.

Bei Wieselburg hatten einmal die Kaiserlichen einen solchen Burschen leben¬
dig gefangen und brachten ihn als Curiosum ins Lager. Der commandirende
General und seine Offiziere wollten den braunen Vogel einmal im Fluge sehen,
und ließen vor den Zelten einen Strohmann aufstellen, an dem der Csitvs seine
Kunst zeigen sollte. Der Bursche war's zufrieden und verlangte, daß man ihm
den Fleck bezeichne, wohin seine Bleikugel einschlagen solle. Dann jagte er im
gestreckten Galopp mehrmal um den Popanz aus Stroh, schwang seiue Peitsche
und die Kugel stak zur Bewunderung Aller in dem bezeichneten Fleck. Die Vor¬
stellung sollte auf allgemeines Verlangen eben zum dritten Mal wiederholt werden,
da mochte es dem armen gehetzten CsitViö zu Kopfe steigen, daß er seine Waffe
noch gegen etwas Besseres gebrauchen könne, als gegen einen armseligen Stroh¬
mann , und mit einem wilden Schrei schmetterte er seiue Peitsche "litten hinein in
den gaffenden Kreis und mit seinem gehorsamen Pferde drüber hinweg und quer¬
feldein durch das grüne Korn in die Donau. Ein Dutzend Schüsse wurden ihm
nachgeschickt, aber das Schicksal war ihm günstig. Er erreichte glücklich das jen¬
seitige Ufer und das Lager seiner Landsleute.

Ich könnte Ihnen noch manche Episode aus dem Kriegs- und Privatleben
der ungarischen Roßhirten erzählen, aber ich will mich hüte", Ihre Geduld wieder
so unbarmherzig in Anspruch zu nehmen, als neulich, wo ich Ihnen die ungari-


berittener Bursche unendlich viel Unheil anrichten können, das sagt Ihnen jeder
östreichische Offizier, der das Glück gehabt hat, während des letzten Feldzuges an
der Theiß mit ihnen in nähere Berührung zu kommen. Der Infanterist, der
seinen Schuß abgefeuert hat, ist verloren, wenn er dem Csikus gegenüber steht.
Was hilft ihm da sein Bajonett, mit dem er sich gegen den Husaren oder Uhlanen
ganz gut vertheidigen kann, wenn er es mit Geschick zu handhaben versteht? Der
langen Peitsche gegenüber reicht sein Manöver nicht ans, die reißt ihn zu Boden,
oder zerschlägt ihm mit dem Bleikuopf die Glieder. Und gesetzt auch, er hätte
noch einen Schuß im Rohr — eher wird er den Vogel in der Luft treffen, als
den CsitVis, der ihn in wilden Sätzen umkreist und sich mit dem Pferde nach allen
Seiten mit der Schnelligkeit des Blitzes wirft, um der Kugel kein sicheres Ziel
zu geben. Der gewöhnliche Cavallerist ist nicht viel besser daran, und wehe ihm,
wenn er vereinzelt einem CsitVis begegnet. Ihm wäre wohler, auf ein Nudel
hungriger Wölfe gestoßen zu sein.

Ein Glück ist's für die Kaiserliche», daß die CfitV.se vermöge ihrer Waffe
nicht in geschlossenen Gliedern kämpfen können, sie wären eine furchtbare Macht.
Und doch lasen wir in einem halbvffiziellen Bericht, daß Csikuse vor Komorn das
Ceatrnm eines feindlichen Corps gesprengt hätten. Da muß ihnen ihre Verwe¬
genheit und die Entmuthigung der Oestreicher mindestens eben so viel geholfen
haben, als ihre Peitsche und Hacke, die sie im Nothfall nicht ohne Geschick zu
werfen verstehn.

Bei Wieselburg hatten einmal die Kaiserlichen einen solchen Burschen leben¬
dig gefangen und brachten ihn als Curiosum ins Lager. Der commandirende
General und seine Offiziere wollten den braunen Vogel einmal im Fluge sehen,
und ließen vor den Zelten einen Strohmann aufstellen, an dem der Csitvs seine
Kunst zeigen sollte. Der Bursche war's zufrieden und verlangte, daß man ihm
den Fleck bezeichne, wohin seine Bleikugel einschlagen solle. Dann jagte er im
gestreckten Galopp mehrmal um den Popanz aus Stroh, schwang seiue Peitsche
und die Kugel stak zur Bewunderung Aller in dem bezeichneten Fleck. Die Vor¬
stellung sollte auf allgemeines Verlangen eben zum dritten Mal wiederholt werden,
da mochte es dem armen gehetzten CsitViö zu Kopfe steigen, daß er seine Waffe
noch gegen etwas Besseres gebrauchen könne, als gegen einen armseligen Stroh¬
mann , und mit einem wilden Schrei schmetterte er seiue Peitsche »litten hinein in
den gaffenden Kreis und mit seinem gehorsamen Pferde drüber hinweg und quer¬
feldein durch das grüne Korn in die Donau. Ein Dutzend Schüsse wurden ihm
nachgeschickt, aber das Schicksal war ihm günstig. Er erreichte glücklich das jen¬
seitige Ufer und das Lager seiner Landsleute.

Ich könnte Ihnen noch manche Episode aus dem Kriegs- und Privatleben
der ungarischen Roßhirten erzählen, aber ich will mich hüte», Ihre Geduld wieder
so unbarmherzig in Anspruch zu nehmen, als neulich, wo ich Ihnen die ungari-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_279025/38>, abgerufen am 05.02.2025.