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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.

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geholt werden muß. Dann hat er ein großes Stück Arbeit voDftch, gegen die
eine großherzogliche Wildschweinsjagd ein Kinderspiel ist, denn das Pferd muß
nicht nur lebendig aus der Mitte der Heerde hcransgefaugen werden, sondern aus
leicht begreiflichen Gründen auch gesund und unversehrt. Dazu dient ihm die
berüchtigte Peitsche, von der vielleicht schon im nächsten Jahre einige Prachtexem¬
plare im kaiserlichen Zeughause zu Wie" neben dem Schwerte Skauderbeg's ge¬
zeigt werden dürften.

Diese Peitsche hat einen starken, etwa anderthalb Fuß langen Stiel und eine
Schnur, die nicht weniger als 3 -- 4 Klaftern in der Länge mißt. Diese Schnur
hängt an einer kurzen eisernen Kette, und diese ist durch einen Ring vom gleichen
Metall an der Spitze des PeitscheustockeS befestigt. Am Eude der laugen Schnur
befindet sich ein einfacher starker Bleiknops, während kleinere Bleikuöpfe und Knoten
nach gewissen uns unbekannten Erfahruugsgcsetzcu auf die ganze Länge der Schnur
vertheilt sind.

Mit dieser Waffe, welche der Cfikus nebst einer kurzen Hacke immer im Gurt
mit sich führt, begibt er sich auf die Pferdcjagd. Er ist dabei beritten, d. h. er
hat sich vervollständigt. Ohne Sattel und Steigbügel fliegt er wie der
Sturmwind über die Haide, so schnell, daß der Grashalm nicht geknickt wird
unter dem Hufe seines Pferdes, daß der Tritt seines Rosses uicht gehört wird,
daß der aufgewirbelte Saud allein sein Komme" und Verschwinden bezeichnet.
Den Gebrauch eines regelrechten Zügels kennt er wohl, aber er verschmäht der¬
gleichen hinderliche Luxusgegenstände. Er lenkt sein Pferd mit der Zunge, mit
den Händen, mit den Füßen, ja man wäre versucht zu glauben, er lenke es durch
den bloßen Gedanken des Wollens, etwa wie wir unsere eigenen Aüße nach
rechts und links, nach vor- und rückwärts in Bewegung setzen, ohne unser Sprnng-
gelenk mit einem Ledernem zu dirigiren.

So jagt er Stunden lang die flüchtige Heerde vor sich her, bis es ihm ge¬
lingt, in die Nähe des Thieres zu kommen, das er fangen will. Nun schwingt
er seine Peitsche in mächtigen Kreisen und wirst die Schnur so geschickt, daß sie
den Hals seines auserkorueu Opfers umschlingt. Der Bleikuopf am Ende und
die Knoten in der Mitte dienen dazu, daß sich aus der Schnur eine förmliche
Schlinge bildet, die sich um so enger schließt, je rascher das getroffene Pferd vor¬
wärts eilt. Aber wie es auch ausgreifen mag, der CsilViö hat ein gar flüchtiges
Rößlein zwischen den Schenkeln, und sein stämmiger Arm läßt den Peitschcnstvck
nicht los, und an dem Peitschenstock hängt die Schnur und an der Schnur häugt
das Pferd. Seht! wie das ausgreift mit allen Viere", nud die Mähne fliegt,
und das Auge sprüht, und der Mulid schäumt, nud der Staub aufwirbelt auf
allen Seiten. Aber immer beengter wird der Athem des edlen Thieres, sein Auge
wird stier und wild, seine Nüstern sind geröthet von Blut, die Adern des Halses
schwellen an zu Strängen, die Beine versagen ihm den Dienst, es sinkt ers


geholt werden muß. Dann hat er ein großes Stück Arbeit voDftch, gegen die
eine großherzogliche Wildschweinsjagd ein Kinderspiel ist, denn das Pferd muß
nicht nur lebendig aus der Mitte der Heerde hcransgefaugen werden, sondern aus
leicht begreiflichen Gründen auch gesund und unversehrt. Dazu dient ihm die
berüchtigte Peitsche, von der vielleicht schon im nächsten Jahre einige Prachtexem¬
plare im kaiserlichen Zeughause zu Wie» neben dem Schwerte Skauderbeg's ge¬
zeigt werden dürften.

Diese Peitsche hat einen starken, etwa anderthalb Fuß langen Stiel und eine
Schnur, die nicht weniger als 3 — 4 Klaftern in der Länge mißt. Diese Schnur
hängt an einer kurzen eisernen Kette, und diese ist durch einen Ring vom gleichen
Metall an der Spitze des PeitscheustockeS befestigt. Am Eude der laugen Schnur
befindet sich ein einfacher starker Bleiknops, während kleinere Bleikuöpfe und Knoten
nach gewissen uns unbekannten Erfahruugsgcsetzcu auf die ganze Länge der Schnur
vertheilt sind.

Mit dieser Waffe, welche der Cfikus nebst einer kurzen Hacke immer im Gurt
mit sich führt, begibt er sich auf die Pferdcjagd. Er ist dabei beritten, d. h. er
hat sich vervollständigt. Ohne Sattel und Steigbügel fliegt er wie der
Sturmwind über die Haide, so schnell, daß der Grashalm nicht geknickt wird
unter dem Hufe seines Pferdes, daß der Tritt seines Rosses uicht gehört wird,
daß der aufgewirbelte Saud allein sein Komme» und Verschwinden bezeichnet.
Den Gebrauch eines regelrechten Zügels kennt er wohl, aber er verschmäht der¬
gleichen hinderliche Luxusgegenstände. Er lenkt sein Pferd mit der Zunge, mit
den Händen, mit den Füßen, ja man wäre versucht zu glauben, er lenke es durch
den bloßen Gedanken des Wollens, etwa wie wir unsere eigenen Aüße nach
rechts und links, nach vor- und rückwärts in Bewegung setzen, ohne unser Sprnng-
gelenk mit einem Ledernem zu dirigiren.

So jagt er Stunden lang die flüchtige Heerde vor sich her, bis es ihm ge¬
lingt, in die Nähe des Thieres zu kommen, das er fangen will. Nun schwingt
er seine Peitsche in mächtigen Kreisen und wirst die Schnur so geschickt, daß sie
den Hals seines auserkorueu Opfers umschlingt. Der Bleikuopf am Ende und
die Knoten in der Mitte dienen dazu, daß sich aus der Schnur eine förmliche
Schlinge bildet, die sich um so enger schließt, je rascher das getroffene Pferd vor¬
wärts eilt. Aber wie es auch ausgreifen mag, der CsilViö hat ein gar flüchtiges
Rößlein zwischen den Schenkeln, und sein stämmiger Arm läßt den Peitschcnstvck
nicht los, und an dem Peitschenstock hängt die Schnur und an der Schnur häugt
das Pferd. Seht! wie das ausgreift mit allen Viere», nud die Mähne fliegt,
und das Auge sprüht, und der Mulid schäumt, nud der Staub aufwirbelt auf
allen Seiten. Aber immer beengter wird der Athem des edlen Thieres, sein Auge
wird stier und wild, seine Nüstern sind geröthet von Blut, die Adern des Halses
schwellen an zu Strängen, die Beine versagen ihm den Dienst, es sinkt ers


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_279025/36>, abgerufen am 05.02.2025.