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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.

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vor etwa dreißig oder vierzig Jahren und ist zumeist das Werk des k. k. Com¬
mandanten General Grafen Gjulay. Sie haben bis zu Jellachichs kühnem Zuge
nach Ungarn im September vorigen Jahres als eigenes Corps noch mit keinem
andern Feinde gekämpft, als mit ihren unruhigen böhmischen und arnautischcu
Nachbarn, deren wiederholte räuberische Einfälle sie zu öftern Malen tapfer zu¬
rückgeworfen hatten. Sie waren bis dahin ihrer ursprünglichen Bestimmung und
Einrichtung nach lediglich zum Gensdarmeriedienst im Innern und zur Besetzung
der gefährlichsten Posten am äußersten Grenzkordon verwendet worden.

Jellachich bewies, noch ehe er Ban ward, eine große Vorliebe für diese ver¬
wegene Truppengattung; er hatte ihre Bravour im Kampf als Stabsoffizier der
Banalgrenze aus eigener Erfahrung kennen gelernt, ein Sergeant der Screzaner
hatte ihm in einem Gefecht mit böhmischen Horden das Leben gerettet. Als im
März vorigen Jahres Jellachich zum Entsetzen vieler k. k. Stabsoffiziere vom Obn-
sten zum Benus und Generalcommandanten ernannt wurde, äußerte sich die
Freude darüber nirgend lebhafter und enthusiastischer als in der kroatischen Mili¬
tärgränze, welche den Landtag zu Agram damals das erste Mal mit Abgeordneten
beschickte. Unter den Abgeordneten befanden sich mehrere Screzaner, welche eine
ganz besondere Anhänglichkeit zur Person des neuen, populären Baums zeigten.
Als man in Kroatien erfuhr, Jellachich sei in Jnspruck seiner Würde entsetzt und
vom Kaiser als Hochverräther erklärt, zogen sie ihre Messer und frugen mit blitzendem
Auge: Wie weit kann der Weg bis Jnspruck sein? Wo liegt das Loch? Wir wollen hin,
wir befreien unseren Ban aus seinem Gefängniß, so uns Gott helfe! -- Welcher Jubel,
als der Bau bald darauf in Agram einritt! -- Auf dem kroatischen Landtage
hatte man schon zu Anfang Juli laut und offen vom bewaffneten Widerstande ge¬
gen Ungarn gesprochen und in öffentlicher Sitzung Sammlungen zur Bestreitung
der Kosten für den Kampf mit den Magyaren angestellt. Kriegsrüstungen wurden
getroffen, allem der Mobilstand der kroatischen Grenze drohte zu einem solchen
Unternehmen nicht auszureichen, weil fast die Hälfte jeden Regiments in Italien
unter Nadetzkys Feldherrnstab focht und der größere Theil der slavonischen Grenz¬
regimenter noch zwischen dem damals legitimistisch erscheinenden magyarischen
Ministerium! und dem allbeliebten, allein vom Hof abandonirten Baums der
treuen Schwestcrnation schwankte, weshalb auf Slavonien noch nicht mit voller
Sicherheit zu rechnen war. Unter solchen Umständen machte Jellachich die Sere-
zanerabtheilungen mobil und ließ sie in Agram und WaraSdin zur Garnison ein¬
rücken. Im Juli und August begleitete stets eine treuergebene Leibwache von
zwölf bis zwanzig Serezcmern den Ban auf seine" zahlreichen, nicht gefahrlosen
Kreuz-- und Querzügen durch Kroatien, Slavonien und Syrmien, die er theils machte,
um sich des Volks für seiue im Interesse des Kaiserhauses und der Nation zu be¬
ginnenden Unternehmungen zu versichern, theils um mit dem zum k. k. Commissär
und Vermittler zwischen Ungarn und Kroatien bestellten F. M. L. Baron von


vor etwa dreißig oder vierzig Jahren und ist zumeist das Werk des k. k. Com¬
mandanten General Grafen Gjulay. Sie haben bis zu Jellachichs kühnem Zuge
nach Ungarn im September vorigen Jahres als eigenes Corps noch mit keinem
andern Feinde gekämpft, als mit ihren unruhigen böhmischen und arnautischcu
Nachbarn, deren wiederholte räuberische Einfälle sie zu öftern Malen tapfer zu¬
rückgeworfen hatten. Sie waren bis dahin ihrer ursprünglichen Bestimmung und
Einrichtung nach lediglich zum Gensdarmeriedienst im Innern und zur Besetzung
der gefährlichsten Posten am äußersten Grenzkordon verwendet worden.

Jellachich bewies, noch ehe er Ban ward, eine große Vorliebe für diese ver¬
wegene Truppengattung; er hatte ihre Bravour im Kampf als Stabsoffizier der
Banalgrenze aus eigener Erfahrung kennen gelernt, ein Sergeant der Screzaner
hatte ihm in einem Gefecht mit böhmischen Horden das Leben gerettet. Als im
März vorigen Jahres Jellachich zum Entsetzen vieler k. k. Stabsoffiziere vom Obn-
sten zum Benus und Generalcommandanten ernannt wurde, äußerte sich die
Freude darüber nirgend lebhafter und enthusiastischer als in der kroatischen Mili¬
tärgränze, welche den Landtag zu Agram damals das erste Mal mit Abgeordneten
beschickte. Unter den Abgeordneten befanden sich mehrere Screzaner, welche eine
ganz besondere Anhänglichkeit zur Person des neuen, populären Baums zeigten.
Als man in Kroatien erfuhr, Jellachich sei in Jnspruck seiner Würde entsetzt und
vom Kaiser als Hochverräther erklärt, zogen sie ihre Messer und frugen mit blitzendem
Auge: Wie weit kann der Weg bis Jnspruck sein? Wo liegt das Loch? Wir wollen hin,
wir befreien unseren Ban aus seinem Gefängniß, so uns Gott helfe! — Welcher Jubel,
als der Bau bald darauf in Agram einritt! — Auf dem kroatischen Landtage
hatte man schon zu Anfang Juli laut und offen vom bewaffneten Widerstande ge¬
gen Ungarn gesprochen und in öffentlicher Sitzung Sammlungen zur Bestreitung
der Kosten für den Kampf mit den Magyaren angestellt. Kriegsrüstungen wurden
getroffen, allem der Mobilstand der kroatischen Grenze drohte zu einem solchen
Unternehmen nicht auszureichen, weil fast die Hälfte jeden Regiments in Italien
unter Nadetzkys Feldherrnstab focht und der größere Theil der slavonischen Grenz¬
regimenter noch zwischen dem damals legitimistisch erscheinenden magyarischen
Ministerium! und dem allbeliebten, allein vom Hof abandonirten Baums der
treuen Schwestcrnation schwankte, weshalb auf Slavonien noch nicht mit voller
Sicherheit zu rechnen war. Unter solchen Umständen machte Jellachich die Sere-
zanerabtheilungen mobil und ließ sie in Agram und WaraSdin zur Garnison ein¬
rücken. Im Juli und August begleitete stets eine treuergebene Leibwache von
zwölf bis zwanzig Serezcmern den Ban auf seine» zahlreichen, nicht gefahrlosen
Kreuz-- und Querzügen durch Kroatien, Slavonien und Syrmien, die er theils machte,
um sich des Volks für seiue im Interesse des Kaiserhauses und der Nation zu be¬
ginnenden Unternehmungen zu versichern, theils um mit dem zum k. k. Commissär
und Vermittler zwischen Ungarn und Kroatien bestellten F. M. L. Baron von


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_279025/159>, abgerufen am 05.02.2025.