Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.vorzunehmen. Denjenigen Staaten, welche ein dem Reichswahlgesetz unverändert 2) eine Bürgschaft dafür, daß auf dem nächsten Reichstag eine den Fürsten Auf solchen Grundlagen aber, wie man sie jetzt bietet, kaun nicht verhandelt Und was dann weiter? Wir wissen es nicht. Das wissen wir, daß das vorzunehmen. Denjenigen Staaten, welche ein dem Reichswahlgesetz unverändert 2) eine Bürgschaft dafür, daß auf dem nächsten Reichstag eine den Fürsten Auf solchen Grundlagen aber, wie man sie jetzt bietet, kaun nicht verhandelt Und was dann weiter? Wir wissen es nicht. Das wissen wir, daß das <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0104" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279130"/> <p xml:id="ID_317" prev="#ID_316"> vorzunehmen. Denjenigen Staaten, welche ein dem Reichswahlgesetz unverändert<lb/> festhalten wollen, bliebe dieses unbenommen;</p><lb/> <p xml:id="ID_318"> 2) eine Bürgschaft dafür, daß auf dem nächsten Reichstag eine den Fürsten<lb/> wie dem Volke gegenüber rechtsgiltige und von beiden im Voraus anerkannte<lb/> Reichsverfassung zu Staude komme. Daß die Fürsten unbedingt sich dem Aus¬<lb/> spruch der Volksvertreter zu unterwerfen haben, ist eine übertriebene und un¬<lb/> mögliche Forderung, die es eben so leicht ist aus dem Papier zu verfechten,<lb/> als unmöglich sie in der Praxis durchzuführen. Was aber möglich und bei¬<lb/> den Theilen gerecht scheint, ist die Uebertragung der Entscheidung, bei Conflicten<lb/> zwischen den Regierungen einer- und den Volksvertretern andererseits an das von<lb/> den Fürsten und den Ständen der Einzelstaaten gemeinsam ernannte StaatenhanS.<lb/> Es würde wesentlich zu der höchst wünschenswerthen Abkürzung des ganzen Nevi-<lb/> sionswerkes beitragen, wenn das Volkshaus ausschließlich die Verfassung mit den<lb/> Vertretern der Regierungen beriethe, und nnr diejenigen Fragen, worin eine Eini-<lb/> gung nicht zu erzielen ist, an das Staatenhaus gebracht würden. So lange aber<lb/> die Vereinbaruugsthcorie ohne Bezeichnung einer höheren Instanz für den Fall<lb/> der NichtVereinbarung besteht, sind Reichstage, so viel man deren auch berufen<lb/> möge, nur zu einer ewig neuen Sisyphusarbeit bestimmt.</p><lb/> <p xml:id="ID_319"> Auf solchen Grundlagen aber, wie man sie jetzt bietet, kaun nicht verhandelt<lb/> werden; am wenigsten mit Ministern, die selbst erklären, daß sie es nicht ehrlich<lb/> meinen. Denn so muß man es nennen „an dem Texte der in Frankfurt beschlos¬<lb/> senen Verfassungsarbeit so wenig wie möglich zu ändern, hinsichtlich derjenigen<lb/> Bestimmungen aber, welche einer verschiedenen Auslegung und Deutung fähig<lb/> sind, möglichst durch Declarationen und Bevorwvrtuugcn derjenigen Deutung<lb/> Geltung zu verschaffen, unter welcher die einzelnen gefährlichen Punkte unbedenk¬<lb/> lich erscheinen." So muß man es nennen, wenn man an einem Beispiele zeigt<lb/> und für hundert andere Fälle voraussetzt, daß die Bestimmungen „ohne directe (!)<lb/> Aenderungen des Textes sich modificiren (!) lassen." Das ist der Schlüssel zu der<lb/> scheinbar so großen Aehnlichkeit der beiden Verfassungen, die den Gutmüthigen<lb/> nur zu leicht täuscht und schon Viele getäuscht hat. Das ist die Antwort auf die<lb/> liebevolle Sorgfalt, welche die Frankfurter Volksvertreter dem Verfassnngswerke<lb/> zuwandte»: jene höhnische Leichtfertigkeit, womit niam in schülerhafter Redaction<lb/> einen neuen Entwurf in das Publikum schlendert und bei der ersten Publikation einen<lb/> deutschen Staat ausläßt, seine eigenen Aenderungen aber an den gehörigen Stel¬<lb/> len einzutragen vergißt! Auf solches Verfahren haben wir nur eine Antwort: wir<lb/> werfen den Königen ihren Entwurf zerrissen vor die Füße.</p><lb/> <p xml:id="ID_320" next="#ID_321"> Und was dann weiter? Wir wissen es nicht. Das wissen wir, daß das<lb/> deutsche Volk mit Wenigem zufrieden war, aber auch sich nicht begnügen wird<lb/> mit einer Lüge; eine Lüge ist nicht wenig, sondern ein Nichts. Und auch das<lb/> wissen wir, daß die Frankfurter Verfassung, rechtmäßig berathen, beschlossen und</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0104]
vorzunehmen. Denjenigen Staaten, welche ein dem Reichswahlgesetz unverändert
festhalten wollen, bliebe dieses unbenommen;
2) eine Bürgschaft dafür, daß auf dem nächsten Reichstag eine den Fürsten
wie dem Volke gegenüber rechtsgiltige und von beiden im Voraus anerkannte
Reichsverfassung zu Staude komme. Daß die Fürsten unbedingt sich dem Aus¬
spruch der Volksvertreter zu unterwerfen haben, ist eine übertriebene und un¬
mögliche Forderung, die es eben so leicht ist aus dem Papier zu verfechten,
als unmöglich sie in der Praxis durchzuführen. Was aber möglich und bei¬
den Theilen gerecht scheint, ist die Uebertragung der Entscheidung, bei Conflicten
zwischen den Regierungen einer- und den Volksvertretern andererseits an das von
den Fürsten und den Ständen der Einzelstaaten gemeinsam ernannte StaatenhanS.
Es würde wesentlich zu der höchst wünschenswerthen Abkürzung des ganzen Nevi-
sionswerkes beitragen, wenn das Volkshaus ausschließlich die Verfassung mit den
Vertretern der Regierungen beriethe, und nnr diejenigen Fragen, worin eine Eini-
gung nicht zu erzielen ist, an das Staatenhaus gebracht würden. So lange aber
die Vereinbaruugsthcorie ohne Bezeichnung einer höheren Instanz für den Fall
der NichtVereinbarung besteht, sind Reichstage, so viel man deren auch berufen
möge, nur zu einer ewig neuen Sisyphusarbeit bestimmt.
Auf solchen Grundlagen aber, wie man sie jetzt bietet, kaun nicht verhandelt
werden; am wenigsten mit Ministern, die selbst erklären, daß sie es nicht ehrlich
meinen. Denn so muß man es nennen „an dem Texte der in Frankfurt beschlos¬
senen Verfassungsarbeit so wenig wie möglich zu ändern, hinsichtlich derjenigen
Bestimmungen aber, welche einer verschiedenen Auslegung und Deutung fähig
sind, möglichst durch Declarationen und Bevorwvrtuugcn derjenigen Deutung
Geltung zu verschaffen, unter welcher die einzelnen gefährlichen Punkte unbedenk¬
lich erscheinen." So muß man es nennen, wenn man an einem Beispiele zeigt
und für hundert andere Fälle voraussetzt, daß die Bestimmungen „ohne directe (!)
Aenderungen des Textes sich modificiren (!) lassen." Das ist der Schlüssel zu der
scheinbar so großen Aehnlichkeit der beiden Verfassungen, die den Gutmüthigen
nur zu leicht täuscht und schon Viele getäuscht hat. Das ist die Antwort auf die
liebevolle Sorgfalt, welche die Frankfurter Volksvertreter dem Verfassnngswerke
zuwandte»: jene höhnische Leichtfertigkeit, womit niam in schülerhafter Redaction
einen neuen Entwurf in das Publikum schlendert und bei der ersten Publikation einen
deutschen Staat ausläßt, seine eigenen Aenderungen aber an den gehörigen Stel¬
len einzutragen vergißt! Auf solches Verfahren haben wir nur eine Antwort: wir
werfen den Königen ihren Entwurf zerrissen vor die Füße.
Und was dann weiter? Wir wissen es nicht. Das wissen wir, daß das
deutsche Volk mit Wenigem zufrieden war, aber auch sich nicht begnügen wird
mit einer Lüge; eine Lüge ist nicht wenig, sondern ein Nichts. Und auch das
wissen wir, daß die Frankfurter Verfassung, rechtmäßig berathen, beschlossen und
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