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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.

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überschritten worden, genöthigt gewesen, auf eigne Verantwortlichkeit den an der
Grenze stehenden russischen General Engelhard zum Einmarsch aufzufordern. En¬
gelhard zog am 1. und 2. Febr. in die Stadt ein und schlug schon am vierten die
Szekler bei Honigberg der Art, daß die Anführer der Szekler das Gebiet von
Kronstäbe eiligst räumten, und sich um von ihren Schaaren nicht verlassen zu
werden, zu der Verordnung veranlaßt fanden, Jeder, der da aussage, es seien
in Kronstäbe Nüssen und nicht verkleidete Walachen, solle gehängt werden.

Bem, inzwischen von allen Seiten durch Zuzüge verstärkt, zog sich nach Zu¬
rücklassung einer Besatzung in Stolzenburg mit seiner Hauptmacht (12,000 Mann
und 28 Kauonen) in das von Hermannstadt gleich weit entfernte Salzburg und
erwartete hier von der einen Seite die Szekler, von der andern eine aus Ungarn
dnrch das Zarander Comitat eingedrungen" Magyarenschaar, um am 7. mit ver¬
stärkter Macht Hermannstadt von drei Seiten anzugreifen. Die Poststraße von Her-
mannstadt nach Mühlbach hatte er bereits besetzt und dadurch Puchner von der
Verbindung mit dem Banat und der Festung Karlsburg ganz abgeschnitten. Am
4. Februar stand Puchner mit Tagesanbruch vor Salzburg. Dieser Augriff kam
Bem so unerwartet, daß die Kanonenkugeln der Oestreicher zugleich mit seinen
fliehenden Vorposten in sein Lager gelangten, und er vom halbverzehrten Früh¬
stück auf den Kampfplatz eilen mußte. Die Schlacht war ungemein blutig und
schwankte einige Zeit, denn Beins Schaar hatte die Höhe von Salzburg inne und
war durch das Feuer von 28 Geschützen gedeckt. Der Bajonnettaugriff des ganzen
östreichischen Heeres gab auch hier die Entscheidung, Pnchner nahm an der Spitze
der heldenmüthigen Grenadiere eine feindliche Batterie, die Feinde wurden nach
heißem Kampfe in die Flucht gejagt, Bem selbst entging nur mit genauer Noth
der Gefangenschaft. Die Trophäen dieses Siegs waren 16 Kanonen, die feind¬
liche Kriegskasse, sehr viele Munitionskarren, die Bagage, besonders aber Beins
Briefschaften, die über die Wiener Oktoberrevolution merkwürdige Aufschlüsse gäbe",
sein Dienstsiegel, worin das vereinigte ungarische und polnische Wappen, sogar
sein mit 4 schönen Pferden bespannter Wagen. Bem, unablässig verfolgt, räumte
mit seinen entmuthigten Truppen am 6den Mühlbach, das er hatte plündern und
zum Theil anzünden lassen, wurde am 7ten aus Broos geworfen und bis Pi5ki an
der Streit verfolgt. Hier erst gestattete Pnchner seinen ermüdeten Kriegern einen Rast¬
tag, griff darauf am 9ten den Feind in seiner vortheilhaften Stellung hinter der
Streit an, als er erfahren, der Feind bekäme dnrch eine bei Arad versprengte Jn-
surgentenmasse Verstärkung. Das Gefecht war eines der hartnäckigsten, die bis jetzt
vorgefallen; nach dreimaligem Sturm gelang es 3 Compagnien des sächsischen Jä-
gerbataillvns, die Brücke zu nehmen. Die Sturmkolour.en der Oestreicher glaub¬
ten den Sieg schon in den Händen zu haben, rückten ans das jenseitige Ufer vor,
als sie durch die schändlichste List um die errungenen Vortheile gebracht wurden.
Ein in der Nähe der Brücke aufgestelltes Bataillon wollte sich ergeben. Während


überschritten worden, genöthigt gewesen, auf eigne Verantwortlichkeit den an der
Grenze stehenden russischen General Engelhard zum Einmarsch aufzufordern. En¬
gelhard zog am 1. und 2. Febr. in die Stadt ein und schlug schon am vierten die
Szekler bei Honigberg der Art, daß die Anführer der Szekler das Gebiet von
Kronstäbe eiligst räumten, und sich um von ihren Schaaren nicht verlassen zu
werden, zu der Verordnung veranlaßt fanden, Jeder, der da aussage, es seien
in Kronstäbe Nüssen und nicht verkleidete Walachen, solle gehängt werden.

Bem, inzwischen von allen Seiten durch Zuzüge verstärkt, zog sich nach Zu¬
rücklassung einer Besatzung in Stolzenburg mit seiner Hauptmacht (12,000 Mann
und 28 Kauonen) in das von Hermannstadt gleich weit entfernte Salzburg und
erwartete hier von der einen Seite die Szekler, von der andern eine aus Ungarn
dnrch das Zarander Comitat eingedrungen« Magyarenschaar, um am 7. mit ver¬
stärkter Macht Hermannstadt von drei Seiten anzugreifen. Die Poststraße von Her-
mannstadt nach Mühlbach hatte er bereits besetzt und dadurch Puchner von der
Verbindung mit dem Banat und der Festung Karlsburg ganz abgeschnitten. Am
4. Februar stand Puchner mit Tagesanbruch vor Salzburg. Dieser Augriff kam
Bem so unerwartet, daß die Kanonenkugeln der Oestreicher zugleich mit seinen
fliehenden Vorposten in sein Lager gelangten, und er vom halbverzehrten Früh¬
stück auf den Kampfplatz eilen mußte. Die Schlacht war ungemein blutig und
schwankte einige Zeit, denn Beins Schaar hatte die Höhe von Salzburg inne und
war durch das Feuer von 28 Geschützen gedeckt. Der Bajonnettaugriff des ganzen
östreichischen Heeres gab auch hier die Entscheidung, Pnchner nahm an der Spitze
der heldenmüthigen Grenadiere eine feindliche Batterie, die Feinde wurden nach
heißem Kampfe in die Flucht gejagt, Bem selbst entging nur mit genauer Noth
der Gefangenschaft. Die Trophäen dieses Siegs waren 16 Kanonen, die feind¬
liche Kriegskasse, sehr viele Munitionskarren, die Bagage, besonders aber Beins
Briefschaften, die über die Wiener Oktoberrevolution merkwürdige Aufschlüsse gäbe»,
sein Dienstsiegel, worin das vereinigte ungarische und polnische Wappen, sogar
sein mit 4 schönen Pferden bespannter Wagen. Bem, unablässig verfolgt, räumte
mit seinen entmuthigten Truppen am 6den Mühlbach, das er hatte plündern und
zum Theil anzünden lassen, wurde am 7ten aus Broos geworfen und bis Pi5ki an
der Streit verfolgt. Hier erst gestattete Pnchner seinen ermüdeten Kriegern einen Rast¬
tag, griff darauf am 9ten den Feind in seiner vortheilhaften Stellung hinter der
Streit an, als er erfahren, der Feind bekäme dnrch eine bei Arad versprengte Jn-
surgentenmasse Verstärkung. Das Gefecht war eines der hartnäckigsten, die bis jetzt
vorgefallen; nach dreimaligem Sturm gelang es 3 Compagnien des sächsischen Jä-
gerbataillvns, die Brücke zu nehmen. Die Sturmkolour.en der Oestreicher glaub¬
ten den Sieg schon in den Händen zu haben, rückten ans das jenseitige Ufer vor,
als sie durch die schändlichste List um die errungenen Vortheile gebracht wurden.
Ein in der Nähe der Brücke aufgestelltes Bataillon wollte sich ergeben. Während


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_278509/72>, abgerufen am 15.01.2025.