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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.

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in hinreichender Quantität producirt werden, und deren Preis ein verhältnismä¬
ßig hoher ist, bleibt dem Grenzer in dürstigeren Jahren keine andere Aushilfe
als sein Viehstano, welcher jedoch leider in ganz schlechten Jahren gleichfalls un¬
endlich herabzukommen pflegt. Die Pferde sind klein und schwächlich aussehend,
aber doch von ziemlicher Kraft, sehr ausdauernd und behend. Auch das Horn¬
vieh, des Likkauers größter Reichthum, hat nicht das glänzendste Aeußere, woran
wohl Mangel an Pflege, Unausgiebigkeit des grünen Futters und die wenige
Sorgfalt für Veredlung der Racen Schuld ist, dessenungeachtet aber ist es von
einer überraschenden Nutzbarkeit. Das Schaf der Litla ist von besserer Gattung,
am besten aber gedeihen die Ziegen, deren das ärmste Hans mit Leichtigkeit eine
große Menge hält, ebenso vom Federvieh. Der Puterhahn wird am häufigsten
gehalten, oft in merkwürdig großen Schaaren und als Festtagsbraten am aller¬
meisten geschützt. Die Schweinezucht treibt mau in der Litla weniger als in al¬
len übrigen Bezirken der kroatischen und slavonischen Militärgrenze. Zur über¬
flüssigen Vermehrung der ohnedies leicht eintretenden Noth trägt des Litkaners
Leichtsinn, seine geringe Sorge um seine und der Seinen Zukunft uicht wenig bei.
Gleich nach der Erndte zehrt der Littauer, ohne einen Blick in die Zukunft zu
werfen, brav drauf los, vertrödelt einen guten Theil seines spärlichen Fruchter-
tragnisseö, um für den Erlös recht viel Wein, der in der Litla nicht wächst, son¬
dern ans Dalmatien importirt wird, anschaffen zu können. Dafür weiß er aber
anch den größten Mangel mit stoischer Resignation zu ertragen; wenn ihm sein
Haferbrot ausgeht, wird er sich ohne Murren mit Wurzeln und .Kräutern begnü¬
gen. Uebrigens liebt der Littauer leidenschaftlich die Jagd, welche neben dem
Fischfang für viele* Familien eine gute Erwerbsquelle abgibt.

Seine Kleider macht sich der Littauer selbst, die rindsledernen Bundschuhe
(Opanken) höchsteigcnhändig, bei Verfertigung der Linnen und des groben Tuches
hilft ihm das Weib. Die gewöhnliche Kleidung der Littauer ist jener der Bos¬
nier und Serbier ähnlich, nnr einfacher und ärmlicher, charakteristisch ist die Kopf¬
bedeckung, indem man hier selten türkische Käppchen, oder slavische Rundhüte sieht,
sondern fast durchgehends rothe, laugherabhängeude Mützen mit gewaltigen Trod¬
deln, ähnlich denen, welche in den meisten Gegenden Spaniens getragen werden.
Fast auf jeder dieser Mützen findet mau Halbmond und Stern eingestickt, doch
nicht als Symbol des Islam, sondern als ein traditionelles Wappen des alten
Illyriens. Die Uniform der regulirten Littauer-Grenzer besteht in braunen Tuch¬
röcken mit gelben Aufschlägen und weißen Knöpfen, blauen eng anliegenden Ho¬
sen nach ungarischen Schnitt, Tschischmen und Czako'S, ihre Bewaffnung gleicht
der des übrigen k. k. Linieumilitärs. Das Lilkauerregimcnt stellt, wie die übri¬
gen kroatischen Regimenter, welche mit Bosnien grenzen, seine Abtheilung Sere-
zauer, welche gewöhnlich die äußersten CordvnSposten beziehen. Auf die Beschaf¬
fenheit, den Schnitt und die Farbe der Unterkleider wird im Dienst gar nicht


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in hinreichender Quantität producirt werden, und deren Preis ein verhältnismä¬
ßig hoher ist, bleibt dem Grenzer in dürstigeren Jahren keine andere Aushilfe
als sein Viehstano, welcher jedoch leider in ganz schlechten Jahren gleichfalls un¬
endlich herabzukommen pflegt. Die Pferde sind klein und schwächlich aussehend,
aber doch von ziemlicher Kraft, sehr ausdauernd und behend. Auch das Horn¬
vieh, des Likkauers größter Reichthum, hat nicht das glänzendste Aeußere, woran
wohl Mangel an Pflege, Unausgiebigkeit des grünen Futters und die wenige
Sorgfalt für Veredlung der Racen Schuld ist, dessenungeachtet aber ist es von
einer überraschenden Nutzbarkeit. Das Schaf der Litla ist von besserer Gattung,
am besten aber gedeihen die Ziegen, deren das ärmste Hans mit Leichtigkeit eine
große Menge hält, ebenso vom Federvieh. Der Puterhahn wird am häufigsten
gehalten, oft in merkwürdig großen Schaaren und als Festtagsbraten am aller¬
meisten geschützt. Die Schweinezucht treibt mau in der Litla weniger als in al¬
len übrigen Bezirken der kroatischen und slavonischen Militärgrenze. Zur über¬
flüssigen Vermehrung der ohnedies leicht eintretenden Noth trägt des Litkaners
Leichtsinn, seine geringe Sorge um seine und der Seinen Zukunft uicht wenig bei.
Gleich nach der Erndte zehrt der Littauer, ohne einen Blick in die Zukunft zu
werfen, brav drauf los, vertrödelt einen guten Theil seines spärlichen Fruchter-
tragnisseö, um für den Erlös recht viel Wein, der in der Litla nicht wächst, son¬
dern ans Dalmatien importirt wird, anschaffen zu können. Dafür weiß er aber
anch den größten Mangel mit stoischer Resignation zu ertragen; wenn ihm sein
Haferbrot ausgeht, wird er sich ohne Murren mit Wurzeln und .Kräutern begnü¬
gen. Uebrigens liebt der Littauer leidenschaftlich die Jagd, welche neben dem
Fischfang für viele* Familien eine gute Erwerbsquelle abgibt.

Seine Kleider macht sich der Littauer selbst, die rindsledernen Bundschuhe
(Opanken) höchsteigcnhändig, bei Verfertigung der Linnen und des groben Tuches
hilft ihm das Weib. Die gewöhnliche Kleidung der Littauer ist jener der Bos¬
nier und Serbier ähnlich, nnr einfacher und ärmlicher, charakteristisch ist die Kopf¬
bedeckung, indem man hier selten türkische Käppchen, oder slavische Rundhüte sieht,
sondern fast durchgehends rothe, laugherabhängeude Mützen mit gewaltigen Trod¬
deln, ähnlich denen, welche in den meisten Gegenden Spaniens getragen werden.
Fast auf jeder dieser Mützen findet mau Halbmond und Stern eingestickt, doch
nicht als Symbol des Islam, sondern als ein traditionelles Wappen des alten
Illyriens. Die Uniform der regulirten Littauer-Grenzer besteht in braunen Tuch¬
röcken mit gelben Aufschlägen und weißen Knöpfen, blauen eng anliegenden Ho¬
sen nach ungarischen Schnitt, Tschischmen und Czako'S, ihre Bewaffnung gleicht
der des übrigen k. k. Linieumilitärs. Das Lilkauerregimcnt stellt, wie die übri¬
gen kroatischen Regimenter, welche mit Bosnien grenzen, seine Abtheilung Sere-
zauer, welche gewöhnlich die äußersten CordvnSposten beziehen. Auf die Beschaf¬
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_278509/505>, abgerufen am 15.01.2025.