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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.

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unsere Partei zur Rettung des Vaterlandes eingeschlagen hat. Wir wollen eine
Versöhnung mit unsern Fürsten, ehrlich und mit vollem Herzen, wenn aber ihre
Ueberzeugungen sich unversöhnlich gegen das stemmen, was Noth thut, so werden
unsere Kammern an den Edelmut!) derselben zu appelliren haben, sie ehrfurchts¬
voll zu bitten haben, durch ein großes persönliches Opfer den schwebenden Streit
zu lösen. Hoffen wir, daß diese Bitte eines schmerzlich aufgeregten Volkes nicht
nöthig sein wird, und daß, wenn sie nöthig wird, ihr eine hochherzige Gesinnung
entgegenkomme; denn was dahinter liegt, wird bitter und finster sein.

Was wir wollen, müssen wir thun, um das Vaterland zu retten. Wir
müssen diese Revolution schließen, wir dürfen den Faden des Rechts und
eines gesetzlichen Fortschritts nicht zum zweitenmal aus der Hand verlieren, wir
fordern Frieden, damit fein Segmentes Licht die Verwüstungen heile, die dieses
letzte Jahr unserem Verkehr, unserem Vermögen, unserer Thätigkeit geschlagen hat;
wir fordern endlich Achtung vor dem Selbstgefühl der deutschen Völker und Ver¬
wirklichung der edlen Sehnsucht, welche die deutschen Stämme durch ein volks-
thümliches Band zusammenbinden will. Wir sind keine Doctrinäre,' keine eigen¬
sinnigen Systematiker, könnten die Regierungen uns das Recht, den Frieden, das
Selbstgefühl eines freien Volkes auf dem Wege geben, welchen sie eingeschlagen
haben, wir würden ihn aus ihrer Hand nehmen. Aber sie können uns nichts
von dem Allen bieten. Ans dem Pfade, den sie betreten haben, liegt nichts, als
Emeuten, Jnsnrrectionen, Belagerungszustände, eine Tyrannei durch Soldatcn-
regimcnt; ein fortdauerndes Siechthum der Völker, ein fortgesetztes Hadern in
deu Kammern, Ausnahmegesetze, Sinken des Handels und Verkehr und vor Allem
eine immerwährende Demoralisiruug der Volksmassen, Ertödtung alles RechtSge-
fühls und zuletzt eine greuelhaste blutige Katastrophe. Wenn die Könige sich
über unsere Zukunft täuschen, wir dürfen es nicht. Zu tief ist das letzte Jahr
in die Seelen der lebenden Generation gedrungen, es ist nicht mehr darin zu
vernichten. Wohl ist Hoffnung, daß unsere Jugend noch Achtung vor dem selbst-
gegebcnen Gesetz lerne, vor den Befehlen der Monarchie lernt es keine mehr.
Wie man diese Wahrheit auch betrachte, sie ist durch keine Füsilladen wegzubrin¬
gen. Die weisesten Gesetze, das reinste Wollen, von den Thronen herab wird
mit Mißtrauen und Groll betrachtet werden, sobald die Könige einen Strich
machen durch den Weg, der von Frankfurt ans vorgezeichnet ist; Alles, was sie
thun können, um eine Vereinigung der deutschen Stämme hervorzubringen, wird
vom Volk mit Hohn und Haß betrachtet werden; denn nimmer werden die Völker
vergessen, daß sie durch das Octroi der Könige um eine selbstkräftige Verbindung
gebracht worden sind. Allerdings ist das Volk in manchen Landschaften jetzt noch
lau und gleichgiltig gegen die Verfassung, welche seine Vertreter gegeben haben,
von dem Augenblick aber, wo das Revolntionsjahr durch die Fürsten begraben
wird, wird sich eine warme Sympathie in der ganzen Nation verbreiten, die


unsere Partei zur Rettung des Vaterlandes eingeschlagen hat. Wir wollen eine
Versöhnung mit unsern Fürsten, ehrlich und mit vollem Herzen, wenn aber ihre
Ueberzeugungen sich unversöhnlich gegen das stemmen, was Noth thut, so werden
unsere Kammern an den Edelmut!) derselben zu appelliren haben, sie ehrfurchts¬
voll zu bitten haben, durch ein großes persönliches Opfer den schwebenden Streit
zu lösen. Hoffen wir, daß diese Bitte eines schmerzlich aufgeregten Volkes nicht
nöthig sein wird, und daß, wenn sie nöthig wird, ihr eine hochherzige Gesinnung
entgegenkomme; denn was dahinter liegt, wird bitter und finster sein.

Was wir wollen, müssen wir thun, um das Vaterland zu retten. Wir
müssen diese Revolution schließen, wir dürfen den Faden des Rechts und
eines gesetzlichen Fortschritts nicht zum zweitenmal aus der Hand verlieren, wir
fordern Frieden, damit fein Segmentes Licht die Verwüstungen heile, die dieses
letzte Jahr unserem Verkehr, unserem Vermögen, unserer Thätigkeit geschlagen hat;
wir fordern endlich Achtung vor dem Selbstgefühl der deutschen Völker und Ver¬
wirklichung der edlen Sehnsucht, welche die deutschen Stämme durch ein volks-
thümliches Band zusammenbinden will. Wir sind keine Doctrinäre,' keine eigen¬
sinnigen Systematiker, könnten die Regierungen uns das Recht, den Frieden, das
Selbstgefühl eines freien Volkes auf dem Wege geben, welchen sie eingeschlagen
haben, wir würden ihn aus ihrer Hand nehmen. Aber sie können uns nichts
von dem Allen bieten. Ans dem Pfade, den sie betreten haben, liegt nichts, als
Emeuten, Jnsnrrectionen, Belagerungszustände, eine Tyrannei durch Soldatcn-
regimcnt; ein fortdauerndes Siechthum der Völker, ein fortgesetztes Hadern in
deu Kammern, Ausnahmegesetze, Sinken des Handels und Verkehr und vor Allem
eine immerwährende Demoralisiruug der Volksmassen, Ertödtung alles RechtSge-
fühls und zuletzt eine greuelhaste blutige Katastrophe. Wenn die Könige sich
über unsere Zukunft täuschen, wir dürfen es nicht. Zu tief ist das letzte Jahr
in die Seelen der lebenden Generation gedrungen, es ist nicht mehr darin zu
vernichten. Wohl ist Hoffnung, daß unsere Jugend noch Achtung vor dem selbst-
gegebcnen Gesetz lerne, vor den Befehlen der Monarchie lernt es keine mehr.
Wie man diese Wahrheit auch betrachte, sie ist durch keine Füsilladen wegzubrin¬
gen. Die weisesten Gesetze, das reinste Wollen, von den Thronen herab wird
mit Mißtrauen und Groll betrachtet werden, sobald die Könige einen Strich
machen durch den Weg, der von Frankfurt ans vorgezeichnet ist; Alles, was sie
thun können, um eine Vereinigung der deutschen Stämme hervorzubringen, wird
vom Volk mit Hohn und Haß betrachtet werden; denn nimmer werden die Völker
vergessen, daß sie durch das Octroi der Könige um eine selbstkräftige Verbindung
gebracht worden sind. Allerdings ist das Volk in manchen Landschaften jetzt noch
lau und gleichgiltig gegen die Verfassung, welche seine Vertreter gegeben haben,
von dem Augenblick aber, wo das Revolntionsjahr durch die Fürsten begraben
wird, wird sich eine warme Sympathie in der ganzen Nation verbreiten, die


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[0290] unsere Partei zur Rettung des Vaterlandes eingeschlagen hat. Wir wollen eine Versöhnung mit unsern Fürsten, ehrlich und mit vollem Herzen, wenn aber ihre Ueberzeugungen sich unversöhnlich gegen das stemmen, was Noth thut, so werden unsere Kammern an den Edelmut!) derselben zu appelliren haben, sie ehrfurchts¬ voll zu bitten haben, durch ein großes persönliches Opfer den schwebenden Streit zu lösen. Hoffen wir, daß diese Bitte eines schmerzlich aufgeregten Volkes nicht nöthig sein wird, und daß, wenn sie nöthig wird, ihr eine hochherzige Gesinnung entgegenkomme; denn was dahinter liegt, wird bitter und finster sein. Was wir wollen, müssen wir thun, um das Vaterland zu retten. Wir müssen diese Revolution schließen, wir dürfen den Faden des Rechts und eines gesetzlichen Fortschritts nicht zum zweitenmal aus der Hand verlieren, wir fordern Frieden, damit fein Segmentes Licht die Verwüstungen heile, die dieses letzte Jahr unserem Verkehr, unserem Vermögen, unserer Thätigkeit geschlagen hat; wir fordern endlich Achtung vor dem Selbstgefühl der deutschen Völker und Ver¬ wirklichung der edlen Sehnsucht, welche die deutschen Stämme durch ein volks- thümliches Band zusammenbinden will. Wir sind keine Doctrinäre,' keine eigen¬ sinnigen Systematiker, könnten die Regierungen uns das Recht, den Frieden, das Selbstgefühl eines freien Volkes auf dem Wege geben, welchen sie eingeschlagen haben, wir würden ihn aus ihrer Hand nehmen. Aber sie können uns nichts von dem Allen bieten. Ans dem Pfade, den sie betreten haben, liegt nichts, als Emeuten, Jnsnrrectionen, Belagerungszustände, eine Tyrannei durch Soldatcn- regimcnt; ein fortdauerndes Siechthum der Völker, ein fortgesetztes Hadern in deu Kammern, Ausnahmegesetze, Sinken des Handels und Verkehr und vor Allem eine immerwährende Demoralisiruug der Volksmassen, Ertödtung alles RechtSge- fühls und zuletzt eine greuelhaste blutige Katastrophe. Wenn die Könige sich über unsere Zukunft täuschen, wir dürfen es nicht. Zu tief ist das letzte Jahr in die Seelen der lebenden Generation gedrungen, es ist nicht mehr darin zu vernichten. Wohl ist Hoffnung, daß unsere Jugend noch Achtung vor dem selbst- gegebcnen Gesetz lerne, vor den Befehlen der Monarchie lernt es keine mehr. Wie man diese Wahrheit auch betrachte, sie ist durch keine Füsilladen wegzubrin¬ gen. Die weisesten Gesetze, das reinste Wollen, von den Thronen herab wird mit Mißtrauen und Groll betrachtet werden, sobald die Könige einen Strich machen durch den Weg, der von Frankfurt ans vorgezeichnet ist; Alles, was sie thun können, um eine Vereinigung der deutschen Stämme hervorzubringen, wird vom Volk mit Hohn und Haß betrachtet werden; denn nimmer werden die Völker vergessen, daß sie durch das Octroi der Könige um eine selbstkräftige Verbindung gebracht worden sind. Allerdings ist das Volk in manchen Landschaften jetzt noch lau und gleichgiltig gegen die Verfassung, welche seine Vertreter gegeben haben, von dem Augenblick aber, wo das Revolntionsjahr durch die Fürsten begraben wird, wird sich eine warme Sympathie in der ganzen Nation verbreiten, die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_278509/290>, abgerufen am 15.01.2025.