Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.rechtsgültigem Wege zu Stande gebracht worden, unter den schwierigsten Verhält¬ Das ist die Pflicht der einzelnen Völker, der Sachsen, Preußen, Hannove¬ rechtsgültigem Wege zu Stande gebracht worden, unter den schwierigsten Verhält¬ Das ist die Pflicht der einzelnen Völker, der Sachsen, Preußen, Hannove¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0271" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278781"/> <p xml:id="ID_851" prev="#ID_850"> rechtsgültigem Wege zu Stande gebracht worden, unter den schwierigsten Verhält¬<lb/> nissen, eine Riesenarbeit für ein edles, aber politisch ungebildetes Volk. Durch<lb/> Blut und Irrthümer, durch Zweifel und Täuschungen schritt unsere Nationalver¬<lb/> sammlung eifrig und ehrlich in dem Wege des Rechts und der Gesetzlichkeit vor¬<lb/> wärts. Jedes gute Wort, das in Frankfurt gesprochen, jeder Beschluß der dort<lb/> gefaßt wurde, war unser, wie auch der Parteistandpunkt ihn grade beurtheilte;<lb/> wir waren ein Jahr lang wirklich ein einiges Volk und trotz allerlei Unglück<lb/> des Privatlebens war das letzte Jahr das größte, welches die deutschen Völker<lb/> seit langer Zeit erlebt, ist die Verfassung unsere größte That seit langer Zeit. Es<lb/> kommt jetzt gar nicht mehr darauf an, ob alle Bestimmungen der Verfassungen<lb/> alle Parteien befriedigen, die Verfassung ist nach Recht und Gesetz geschaffen, durch<lb/> unser Herzblut, durch unsere Thränen, unsere Liebe geweiht, sie gehört uns und<lb/> wir ihr. Jetzt gilt es, ihr Gesetzeskraft zu verschaffen, die Regierungen weigern<lb/> sich, sie anzuerkennen, die Souveräne und ihre Hausmacht stehen gegen die Völ¬<lb/> ker. Unsere Pflicht ist, die Souveräne zur Anerkennung zu zwingen.</p><lb/> <p xml:id="ID_852" next="#ID_853"> Das ist die Pflicht der einzelnen Völker, der Sachsen, Preußen, Hannove¬<lb/> raner und Baiern. Das Frankfurter Parlament hat der Hausmacht der einzel-<lb/> nen Regierungen gegenüber keine andere Waffe, als die Sympathien der Völker.<lb/> Und wie das Parlament im letzten Jahr für uns gearbeitet hat, so ist jetzt die<lb/> Zeit gekommen, wo wir, die deutschen Männer, sür das Parlament arbeiten müssen.<lb/> Erwartet jetzt voll Frankfurt keine diktatorischen Beschlüsse, es wäre unweise und<lb/> schädlich, wenn das Parlament jetzt viel mehr thäte, als in würdiger und fester<lb/> Haltung der Nation zu vertrauen. — Wie man auch das Recht der National¬<lb/> versammlung gegenüber den einzelnen Staaten fassen möge, Misch ist bereits der<lb/> ^eg eingeschlagen worden, daß die einzelnen Staaten ihre Stellung zu der<lb/> ^kchissm,g erklärten, also das Recht in Anspruch nahmen, sich darüber zu ent¬<lb/> scheiden. Daß dies in der That ihr Recht sein müsse, ist nebenbei gesagt, unsere<lb/> Ansicht, aber wohlgemerkt, ein Recht der Staaten, d. h. der Regierung und ihrer<lb/> ^lkskammeril zusammen, keinenfalls der Regierung allein. Wenn also in einem<lb/> Staat, wie in Sachsen, Preußen und Hannover die Kammern die Anerkennung<lb/> Reichsverfassung ausgesprochen haben und die Regierung sich weigert, diese<lb/> Anerkennung zu bestätigen, so tritt sür die Bürger des einzelnen Staates<lb/> das Recht ein, im verfassungsmäßigen Wege den Widerstand der Negierung zu<lb/> beseitigen. Zunächst in den neuen Kammern. Verfassungsmäßig müssen in den<lb/> ^izelnen Staaten die neuen Kammern in kurzer Zeit zusammentreten. Wahr¬<lb/> scheinlich werden die Regierungen bis dahin alle Mittel aufbieten, das Frankfurter<lb/> Parlament unschädlich zu machen. Was sie auch durch Anwendung von Gewalt<lb/> wagen mögen, die Verfassung können sie nicht vernichten, sie ist in'^echt und Gesetz gemacht und Eigenthum der deutschen Nation. Die nächsten Kam¬<lb/> mern werden die Rechtsgiltigkeit derselben von neuem auszusprechen haben. Weigert</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0271]
rechtsgültigem Wege zu Stande gebracht worden, unter den schwierigsten Verhält¬
nissen, eine Riesenarbeit für ein edles, aber politisch ungebildetes Volk. Durch
Blut und Irrthümer, durch Zweifel und Täuschungen schritt unsere Nationalver¬
sammlung eifrig und ehrlich in dem Wege des Rechts und der Gesetzlichkeit vor¬
wärts. Jedes gute Wort, das in Frankfurt gesprochen, jeder Beschluß der dort
gefaßt wurde, war unser, wie auch der Parteistandpunkt ihn grade beurtheilte;
wir waren ein Jahr lang wirklich ein einiges Volk und trotz allerlei Unglück
des Privatlebens war das letzte Jahr das größte, welches die deutschen Völker
seit langer Zeit erlebt, ist die Verfassung unsere größte That seit langer Zeit. Es
kommt jetzt gar nicht mehr darauf an, ob alle Bestimmungen der Verfassungen
alle Parteien befriedigen, die Verfassung ist nach Recht und Gesetz geschaffen, durch
unser Herzblut, durch unsere Thränen, unsere Liebe geweiht, sie gehört uns und
wir ihr. Jetzt gilt es, ihr Gesetzeskraft zu verschaffen, die Regierungen weigern
sich, sie anzuerkennen, die Souveräne und ihre Hausmacht stehen gegen die Völ¬
ker. Unsere Pflicht ist, die Souveräne zur Anerkennung zu zwingen.
Das ist die Pflicht der einzelnen Völker, der Sachsen, Preußen, Hannove¬
raner und Baiern. Das Frankfurter Parlament hat der Hausmacht der einzel-
nen Regierungen gegenüber keine andere Waffe, als die Sympathien der Völker.
Und wie das Parlament im letzten Jahr für uns gearbeitet hat, so ist jetzt die
Zeit gekommen, wo wir, die deutschen Männer, sür das Parlament arbeiten müssen.
Erwartet jetzt voll Frankfurt keine diktatorischen Beschlüsse, es wäre unweise und
schädlich, wenn das Parlament jetzt viel mehr thäte, als in würdiger und fester
Haltung der Nation zu vertrauen. — Wie man auch das Recht der National¬
versammlung gegenüber den einzelnen Staaten fassen möge, Misch ist bereits der
^eg eingeschlagen worden, daß die einzelnen Staaten ihre Stellung zu der
^kchissm,g erklärten, also das Recht in Anspruch nahmen, sich darüber zu ent¬
scheiden. Daß dies in der That ihr Recht sein müsse, ist nebenbei gesagt, unsere
Ansicht, aber wohlgemerkt, ein Recht der Staaten, d. h. der Regierung und ihrer
^lkskammeril zusammen, keinenfalls der Regierung allein. Wenn also in einem
Staat, wie in Sachsen, Preußen und Hannover die Kammern die Anerkennung
Reichsverfassung ausgesprochen haben und die Regierung sich weigert, diese
Anerkennung zu bestätigen, so tritt sür die Bürger des einzelnen Staates
das Recht ein, im verfassungsmäßigen Wege den Widerstand der Negierung zu
beseitigen. Zunächst in den neuen Kammern. Verfassungsmäßig müssen in den
^izelnen Staaten die neuen Kammern in kurzer Zeit zusammentreten. Wahr¬
scheinlich werden die Regierungen bis dahin alle Mittel aufbieten, das Frankfurter
Parlament unschädlich zu machen. Was sie auch durch Anwendung von Gewalt
wagen mögen, die Verfassung können sie nicht vernichten, sie ist in'^echt und Gesetz gemacht und Eigenthum der deutschen Nation. Die nächsten Kam¬
mern werden die Rechtsgiltigkeit derselben von neuem auszusprechen haben. Weigert
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