Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.rechneten? Hängt das Schicksal des Vaterlandes an der Durchführung eines Pro¬ Der Lloyd sagt: "Wer uus hilft, dem dürfen wir nicht viel Fragen vor¬ "Wir sind also gern bereit", schließt der Lloyd, "russische Hilfe anzunehmen, rechneten? Hängt das Schicksal des Vaterlandes an der Durchführung eines Pro¬ Der Lloyd sagt: „Wer uus hilft, dem dürfen wir nicht viel Fragen vor¬ „Wir sind also gern bereit", schließt der Lloyd, „russische Hilfe anzunehmen, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0261" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278771"/> <p xml:id="ID_818" prev="#ID_817"> rechneten? Hängt das Schicksal des Vaterlandes an der Durchführung eines Pro¬<lb/> gramms, einer Charte, die sich, seitdem sie geboren, schon gehäutet hat? — Schieß<lb/> Dir eine Kugel durch den Kopf, wahnsinniger Spieler, Weib und Kind werden<lb/> wir retten. Oestreich hat der Freunde genug im freien Europa und hat noch<lb/> Enthusiasten genug im freien Vaterlande. Für das octroyirte Oestreich aber<lb/> schwärmen uur Wenige, und diese mit Unverstand, denn auf jene Höhe haben sie<lb/> sich noch nicht hinauf geschraubt, wo sie ein Ministerium Kossuth-PiukaS-Schuselka<lb/> für möglich hielten, und zur hypothetischen Möglichkeit eines so gestalteten<lb/> Centralministeriums muß mau wenigstens doch gekommen sein, wenn man von<lb/> einem einigen und freien Oestreich phantasiren will. — Der Lloyd möge uns nicht<lb/> wissentlich hier mißverstehen wollen. Wir sind nicht so sentimental-schwärmerisch,<lb/> um das Ministerium Station-Bach-Schwarzenberg dnrch jene Männer jetzt ersetzen<lb/> zu wollen; der Lloyd wäre im Stande, uns einen solchen utopischen Gedanken<lb/> zuzumuthen. Aber wir sagen nur höflich — weil wir nach dem Preßgesetze nicht<lb/> schmähen dürfen — es thuen uns Männer an der Spitze der Regierung noth,<lb/> welche etwas weniger Selbstvertrauen und dafür etwas mehr Vertrauen in die<lb/> Völker Oestreichs besitzen, und um welche sich Oestreichs Jugend mit Enthusiasmus<lb/> schaaren kann — stark genng gegen jeden Feind von innen und von außen.</p><lb/> <p xml:id="ID_819"> Der Lloyd sagt: „Wer uus hilft, dem dürfen wir nicht viel Fragen vor¬<lb/> legen; ob er ein Ketzer, oder ein Rechtgläubiger, ein Konstitutioneller oder ein<lb/> Absolutist ist, kann uns dann gleichgültig bleiben." Ja wohl kann uns das poli¬<lb/> tische und religiöse Glaubensbekenntniß des Helfers gleichgiltig sein, aber ein<lb/> Blöder ist's, der sich helfen läßt und nicht frägt: „Was soll dein Lohn dafür<lb/> sein?" Oestreich sieht bekümmert die Russen ins Land rücken und frägt betroffen:<lb/> »Um welchen Preis?" — Zahlbar nach Monaten oder nach Jahren — gleichviel.<lb/> Oestreich wird ihn zahlen müssen, wenn die Männer, die den Vertrag abgeschlossen<lb/> haben, schon verstorben oder auf Reisen sind. — Wir trösten uns nicht, daß Oest¬<lb/> reich, oder besser gesagt, seine Regierung, mit seiner praktischen Nusseuansicht unter<lb/> den freien Staaten nicht allein dastehe. Wäre ein analoges Beispiel ans dem<lb/> schwarzen Register des Lloyd aufzuweisen, auch dann selbst wär's ein bitterer Trost,<lb/> aber es ist nicht, es ist Lüge, daß irgend ein freies Volk ein Bündniß mit<lb/> einer absoluten Macht geschlossen habe, um einen Theil seiner selbst zu pazifiziren.</p><lb/> <p xml:id="ID_820" next="#ID_821"> „Wir sind also gern bereit", schließt der Lloyd, „russische Hilfe anzunehmen,<lb/> jedoch aufVedinguugeu. Die erste ist, daß sie uns schnell, daß sie uns gleich<lb/> ZU Theil werde; die zweite, daß sie uns in ausreichender Zahl, massenweise zu¬<lb/> komme." O, es ist zu klug, zu fein, was der Lloyd da sagt. Also wir stellen<lb/> die Bedingungen und Nußland keine, gar keine? Wirklich? — Wir, die Bedräng¬<lb/> er fordern 100,000 Maun und das noch in diesem Monate. Und wenn Rußland<lb/> "icht will, so — rufen wir die Gesandten zurück, oder wir schmollen mit Peters¬<lb/> burg, weil es nicht großmüthig genug war. Und wenn Polen und Deutschland</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0261]
rechneten? Hängt das Schicksal des Vaterlandes an der Durchführung eines Pro¬
gramms, einer Charte, die sich, seitdem sie geboren, schon gehäutet hat? — Schieß
Dir eine Kugel durch den Kopf, wahnsinniger Spieler, Weib und Kind werden
wir retten. Oestreich hat der Freunde genug im freien Europa und hat noch
Enthusiasten genug im freien Vaterlande. Für das octroyirte Oestreich aber
schwärmen uur Wenige, und diese mit Unverstand, denn auf jene Höhe haben sie
sich noch nicht hinauf geschraubt, wo sie ein Ministerium Kossuth-PiukaS-Schuselka
für möglich hielten, und zur hypothetischen Möglichkeit eines so gestalteten
Centralministeriums muß mau wenigstens doch gekommen sein, wenn man von
einem einigen und freien Oestreich phantasiren will. — Der Lloyd möge uns nicht
wissentlich hier mißverstehen wollen. Wir sind nicht so sentimental-schwärmerisch,
um das Ministerium Station-Bach-Schwarzenberg dnrch jene Männer jetzt ersetzen
zu wollen; der Lloyd wäre im Stande, uns einen solchen utopischen Gedanken
zuzumuthen. Aber wir sagen nur höflich — weil wir nach dem Preßgesetze nicht
schmähen dürfen — es thuen uns Männer an der Spitze der Regierung noth,
welche etwas weniger Selbstvertrauen und dafür etwas mehr Vertrauen in die
Völker Oestreichs besitzen, und um welche sich Oestreichs Jugend mit Enthusiasmus
schaaren kann — stark genng gegen jeden Feind von innen und von außen.
Der Lloyd sagt: „Wer uus hilft, dem dürfen wir nicht viel Fragen vor¬
legen; ob er ein Ketzer, oder ein Rechtgläubiger, ein Konstitutioneller oder ein
Absolutist ist, kann uns dann gleichgültig bleiben." Ja wohl kann uns das poli¬
tische und religiöse Glaubensbekenntniß des Helfers gleichgiltig sein, aber ein
Blöder ist's, der sich helfen läßt und nicht frägt: „Was soll dein Lohn dafür
sein?" Oestreich sieht bekümmert die Russen ins Land rücken und frägt betroffen:
»Um welchen Preis?" — Zahlbar nach Monaten oder nach Jahren — gleichviel.
Oestreich wird ihn zahlen müssen, wenn die Männer, die den Vertrag abgeschlossen
haben, schon verstorben oder auf Reisen sind. — Wir trösten uns nicht, daß Oest¬
reich, oder besser gesagt, seine Regierung, mit seiner praktischen Nusseuansicht unter
den freien Staaten nicht allein dastehe. Wäre ein analoges Beispiel ans dem
schwarzen Register des Lloyd aufzuweisen, auch dann selbst wär's ein bitterer Trost,
aber es ist nicht, es ist Lüge, daß irgend ein freies Volk ein Bündniß mit
einer absoluten Macht geschlossen habe, um einen Theil seiner selbst zu pazifiziren.
„Wir sind also gern bereit", schließt der Lloyd, „russische Hilfe anzunehmen,
jedoch aufVedinguugeu. Die erste ist, daß sie uns schnell, daß sie uns gleich
ZU Theil werde; die zweite, daß sie uns in ausreichender Zahl, massenweise zu¬
komme." O, es ist zu klug, zu fein, was der Lloyd da sagt. Also wir stellen
die Bedingungen und Nußland keine, gar keine? Wirklich? — Wir, die Bedräng¬
er fordern 100,000 Maun und das noch in diesem Monate. Und wenn Rußland
"icht will, so — rufen wir die Gesandten zurück, oder wir schmollen mit Peters¬
burg, weil es nicht großmüthig genug war. Und wenn Polen und Deutschland
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