Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.sechster Vries. Frankfurt und Berlin. In der deutschen Frage haben sich die Parteien so fest in bestimmte Vor¬ Unter diesen Umständen ist es nothwendig, sich wenigstens deutlich zu machen, Von den Demokraten ist im Allgemeinen zu sagen, daß sie sich ans der Sphäre sechster Vries. Frankfurt und Berlin. In der deutschen Frage haben sich die Parteien so fest in bestimmte Vor¬ Unter diesen Umständen ist es nothwendig, sich wenigstens deutlich zu machen, Von den Demokraten ist im Allgemeinen zu sagen, daß sie sich ans der Sphäre <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0018" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278528"/> </div> </div> <div n="2"> <head> sechster Vries.</head><lb/> <div n="3"> <head> Frankfurt und Berlin.</head><lb/> <p xml:id="ID_45"> In der deutschen Frage haben sich die Parteien so fest in bestimmte Vor¬<lb/> aussetzungen verrannt, daß es ihnen schwer wird, einander auch nur zu versteh».<lb/> Am schlimmsten geht es darin der radicalen Partei, welche in dem Jubel dar¬<lb/> über, die Ideen ihrer Gegner zu vereiteln, ganz und gar zu vergessen scheint,<lb/> daß es sich doch auch bei ihr um bestimmte Wünsche handelt, und daß die Wen¬<lb/> dung, in welche sie durch ihr Verhalten die Verhältnisse treibt, ganz geeignet<lb/> ist, sie selber zu verderben. Die Blasirtheit hat allenthalben schon wieder so über¬<lb/> Hand genommen, daß man kurzweg resignirt, es sei ja doch nichts mehr zu er¬<lb/> reichen, und sich nun gleichsam an seiner eignen Niederträchtigkeit weidet. Die<lb/> Sache liegt aber so, daß allerdings etwas geschehen muß, entweder Schlimmes<lb/> oder Gutes. In demselben Augenblicke, wo man zu den ernsthaftesten Zweifeln<lb/> berechtigt ist, ob von einem Reich überhaupt die Rede sein könne, beginnt der Neichs-<lb/> kricg gegen Dänemark, und wenn man zu träge und zu unentschlossen ist, irgend<lb/> einen bestimmten Plan zu fassen, so ist das der allergefährlichste Zustand, denn<lb/> man ist in dem besten Zuge, einen Abgrund herabzurollen, der noch vorläufig<lb/> gar nicht zu ermessen ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_46"> Unter diesen Umständen ist es nothwendig, sich wenigstens deutlich zu machen,<lb/> worauf die Ideen der verschiedenen Parteien hinausgehn und über welche Mittel<lb/> sie zu disponiren haben. Ich unterscheide in der deutschen Frage vier Richtungen,<lb/> die Demokraten, die Gagern'sche Partei, die des östreichischen und die des preu¬<lb/> ßischen Cabinets.</p><lb/> <p xml:id="ID_47" next="#ID_48"> Von den Demokraten ist im Allgemeinen zu sagen, daß sie sich ans der Sphäre<lb/> der Barrikaden in die der gesetzlichen Entwickelung begeben haben, und wenn sie<lb/> hin und wieder sich noch auf ewe zweite Revolution berufen, so ist doch die Macht<lb/> vollendeter Thatsachen anch über die Politiker der Zukunft zu groß, als daß ein<lb/> erhebliches Gewicht darauf zu legen wäre. In Beziehung auf die deutsche Frage<lb/> sind sie in einem Punkte einig: sie verlangen von den einzelnen Regierungen die<lb/> Publication der in der Paulskirche festgesetzten Grundrechte des Volks. Fast in<lb/> allen deutschen Ländern hat sich die Majorität der Kammern entschieden dafür<lb/> ausgesprochen, und ich halte bei der großen Sympathie, die mehr die allgemeine<lb/> Idee dieser Grundrechte als eine bestimmte Vorstellung von dem Detail derselben<lb/> im Volke gefunden hat, einen hartnäckigen Widerstand der Regierungen für frucht¬<lb/> los und gefährlich. Es scheint hierbei mehr auf die feierliche Proklamation eines<lb/> Princips, als auf eine augenblickliche Veränderung in der Gesetzgebung anzu¬<lb/> kommen, und so sehr ich die Bedenken theile, welche man in der Verwaltung und</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0018]
sechster Vries.
Frankfurt und Berlin.
In der deutschen Frage haben sich die Parteien so fest in bestimmte Vor¬
aussetzungen verrannt, daß es ihnen schwer wird, einander auch nur zu versteh».
Am schlimmsten geht es darin der radicalen Partei, welche in dem Jubel dar¬
über, die Ideen ihrer Gegner zu vereiteln, ganz und gar zu vergessen scheint,
daß es sich doch auch bei ihr um bestimmte Wünsche handelt, und daß die Wen¬
dung, in welche sie durch ihr Verhalten die Verhältnisse treibt, ganz geeignet
ist, sie selber zu verderben. Die Blasirtheit hat allenthalben schon wieder so über¬
Hand genommen, daß man kurzweg resignirt, es sei ja doch nichts mehr zu er¬
reichen, und sich nun gleichsam an seiner eignen Niederträchtigkeit weidet. Die
Sache liegt aber so, daß allerdings etwas geschehen muß, entweder Schlimmes
oder Gutes. In demselben Augenblicke, wo man zu den ernsthaftesten Zweifeln
berechtigt ist, ob von einem Reich überhaupt die Rede sein könne, beginnt der Neichs-
kricg gegen Dänemark, und wenn man zu träge und zu unentschlossen ist, irgend
einen bestimmten Plan zu fassen, so ist das der allergefährlichste Zustand, denn
man ist in dem besten Zuge, einen Abgrund herabzurollen, der noch vorläufig
gar nicht zu ermessen ist.
Unter diesen Umständen ist es nothwendig, sich wenigstens deutlich zu machen,
worauf die Ideen der verschiedenen Parteien hinausgehn und über welche Mittel
sie zu disponiren haben. Ich unterscheide in der deutschen Frage vier Richtungen,
die Demokraten, die Gagern'sche Partei, die des östreichischen und die des preu¬
ßischen Cabinets.
Von den Demokraten ist im Allgemeinen zu sagen, daß sie sich ans der Sphäre
der Barrikaden in die der gesetzlichen Entwickelung begeben haben, und wenn sie
hin und wieder sich noch auf ewe zweite Revolution berufen, so ist doch die Macht
vollendeter Thatsachen anch über die Politiker der Zukunft zu groß, als daß ein
erhebliches Gewicht darauf zu legen wäre. In Beziehung auf die deutsche Frage
sind sie in einem Punkte einig: sie verlangen von den einzelnen Regierungen die
Publication der in der Paulskirche festgesetzten Grundrechte des Volks. Fast in
allen deutschen Ländern hat sich die Majorität der Kammern entschieden dafür
ausgesprochen, und ich halte bei der großen Sympathie, die mehr die allgemeine
Idee dieser Grundrechte als eine bestimmte Vorstellung von dem Detail derselben
im Volke gefunden hat, einen hartnäckigen Widerstand der Regierungen für frucht¬
los und gefährlich. Es scheint hierbei mehr auf die feierliche Proklamation eines
Princips, als auf eine augenblickliche Veränderung in der Gesetzgebung anzu¬
kommen, und so sehr ich die Bedenken theile, welche man in der Verwaltung und
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |