Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.nicht lange bestehen kann bei Auflösung der Fideikommisse. Wie wenig sie sich an nicht lange bestehen kann bei Auflösung der Fideikommisse. Wie wenig sie sich an <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0130" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278640"/> <p xml:id="ID_392" prev="#ID_391" next="#ID_393"> nicht lange bestehen kann bei Auflösung der Fideikommisse. Wie wenig sie sich an<lb/> die in Frankfurt dekretirte Aufhebung deö Adels kehren, beweisen sie durch die<lb/> strenge Handhabung ihrer Gesellschaftstatuten; unter dem Namen eines Damen¬<lb/> club, haben sie eine Exklusivität ohne Gleichen darin eingeführt. Für die Spitzen<lb/> der Militär- und Civilbehörden läßt man sich zuweilen zu einer Einladung herab,<lb/> aber die nnüberfteiglichste Scheidewand ist gegen den sogenannten niedern Adel<lb/> aufgerichtet. Es sind dies meist reiche Patrizier, die unter dem letzten Fürstbischof<lb/> oder bei der preußischen Besitznahme geadelt wurden. Im Vertrauen ans den Ein¬<lb/> fluß des Jahres 1848 versuchte neuerdings ein ehrgeiziges Mitglied dieser niedern<lb/> Adelsklasse in den Zauberkreis der Exclusivität einzudringen, der für die Eitelkeit<lb/> fabelhafte Lockungen haben muß, wie Beispiele aus ähnlichen Verhältnissen der<lb/> englischen Ili^ki lito genugsam darthun. Man unterscheidet jetzt die Parteien durch<lb/> die Bezeichnung uach den Kugeln des Ballvttements im adligen Club, die Schwar¬<lb/> zen und die Weißen, letztere gelten für gefährliche Aufgeklärte, die den Neuerun¬<lb/> gen der Zeit huldigen mochten und für die Aufnahme eines Emporkömmlings in<lb/> die Adelszirkel stimmen konnten! Obwohl früher stets eine Abneigung gegen das<lb/> preußische Regentenhaus und Vorliebe für Oestreich, unter dessen Erzherzogen der<lb/> letzte Glanz des Krummstabes leuchtete, vom Münster'schen Adel an den Tag ge¬<lb/> legt wurde, so hat doch der Tod des Prinzen Waldemar die Gemüther erweicht<lb/> und zu einer Demonstration der Theilnahme Anlaß gegeben. Der ganze Adel,<lb/> die Damen in Hoftrauer mit Schneppenhanben und Krcppschleier», betheiligte sich<lb/> an der Leichenseierlichteit und trug noch 14 Tage nachher tiefe Trauer um den<lb/> liebenswürdigen Prinzen. Er hatte auf dem ehemaligen sürstbischvflichen Schlosse<lb/> hier, jetzt die Commandantur- und Oberpräsidialwohnung, wie ein Einsiedler ge¬<lb/> lebt, niedergedrückt dnrch die Wetterwolke, die über seinem Stamme hing und<lb/> durch die Todeskrankheit, die an seinem Mark zehrte; seine angebliche Liebe zu<lb/> Bettina's schöner Tochter Armgard oder Maxa erhöhte uoch den romantischen Nim¬<lb/> bus seiner Persönlichkeit. Man erzählt hier viele schöne Züge seiner Menschen¬<lb/> freundlichkeit. Der Münster'sche Aberglaube knüpfte eine schlimme Bedeutung an<lb/> deu Tod des Prinzen; es soll eine alte Prophezeiung cxistuen, wonach eine Person<lb/> aus königlichem Blute auf dem Schlosse zu Münster sterben würde und dann die<lb/> Straßen, dnrch welche der Leichenzug fährt, sämmtlich ein Raub der Flammen werden<lb/> würden. Da nun die Leiche nach dem Bahnhöfe gebracht werden mußte, so wurde<lb/> die Stadt ihrer ganzen Länge nach von dem Zuge berührt und zahlreiche Petitionen,<lb/> gelangten an den kommandirenden General, denselben um die Stadt herumfahren<lb/> zu lassen. Es geschah jedoch nicht und es brannte auch nicht. Der eine Flügel<lb/> des Schlosses steht seit dem Tode des Prinzen ganz leer; es ist die Amtswohnung<lb/> des Oberpräsidenten; Herr Flottwell, der diese Stelle inne hat, war bis jetzt in<lb/> Frankfurt und ließ sich dort verleiten um Aufhebung des Cölibats mit Gritzner<lb/> und Consorten zu petitioniren. Der Sturm, welche» dieser Antrag hier hervor-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0130]
nicht lange bestehen kann bei Auflösung der Fideikommisse. Wie wenig sie sich an
die in Frankfurt dekretirte Aufhebung deö Adels kehren, beweisen sie durch die
strenge Handhabung ihrer Gesellschaftstatuten; unter dem Namen eines Damen¬
club, haben sie eine Exklusivität ohne Gleichen darin eingeführt. Für die Spitzen
der Militär- und Civilbehörden läßt man sich zuweilen zu einer Einladung herab,
aber die nnüberfteiglichste Scheidewand ist gegen den sogenannten niedern Adel
aufgerichtet. Es sind dies meist reiche Patrizier, die unter dem letzten Fürstbischof
oder bei der preußischen Besitznahme geadelt wurden. Im Vertrauen ans den Ein¬
fluß des Jahres 1848 versuchte neuerdings ein ehrgeiziges Mitglied dieser niedern
Adelsklasse in den Zauberkreis der Exclusivität einzudringen, der für die Eitelkeit
fabelhafte Lockungen haben muß, wie Beispiele aus ähnlichen Verhältnissen der
englischen Ili^ki lito genugsam darthun. Man unterscheidet jetzt die Parteien durch
die Bezeichnung uach den Kugeln des Ballvttements im adligen Club, die Schwar¬
zen und die Weißen, letztere gelten für gefährliche Aufgeklärte, die den Neuerun¬
gen der Zeit huldigen mochten und für die Aufnahme eines Emporkömmlings in
die Adelszirkel stimmen konnten! Obwohl früher stets eine Abneigung gegen das
preußische Regentenhaus und Vorliebe für Oestreich, unter dessen Erzherzogen der
letzte Glanz des Krummstabes leuchtete, vom Münster'schen Adel an den Tag ge¬
legt wurde, so hat doch der Tod des Prinzen Waldemar die Gemüther erweicht
und zu einer Demonstration der Theilnahme Anlaß gegeben. Der ganze Adel,
die Damen in Hoftrauer mit Schneppenhanben und Krcppschleier», betheiligte sich
an der Leichenseierlichteit und trug noch 14 Tage nachher tiefe Trauer um den
liebenswürdigen Prinzen. Er hatte auf dem ehemaligen sürstbischvflichen Schlosse
hier, jetzt die Commandantur- und Oberpräsidialwohnung, wie ein Einsiedler ge¬
lebt, niedergedrückt dnrch die Wetterwolke, die über seinem Stamme hing und
durch die Todeskrankheit, die an seinem Mark zehrte; seine angebliche Liebe zu
Bettina's schöner Tochter Armgard oder Maxa erhöhte uoch den romantischen Nim¬
bus seiner Persönlichkeit. Man erzählt hier viele schöne Züge seiner Menschen¬
freundlichkeit. Der Münster'sche Aberglaube knüpfte eine schlimme Bedeutung an
deu Tod des Prinzen; es soll eine alte Prophezeiung cxistuen, wonach eine Person
aus königlichem Blute auf dem Schlosse zu Münster sterben würde und dann die
Straßen, dnrch welche der Leichenzug fährt, sämmtlich ein Raub der Flammen werden
würden. Da nun die Leiche nach dem Bahnhöfe gebracht werden mußte, so wurde
die Stadt ihrer ganzen Länge nach von dem Zuge berührt und zahlreiche Petitionen,
gelangten an den kommandirenden General, denselben um die Stadt herumfahren
zu lassen. Es geschah jedoch nicht und es brannte auch nicht. Der eine Flügel
des Schlosses steht seit dem Tode des Prinzen ganz leer; es ist die Amtswohnung
des Oberpräsidenten; Herr Flottwell, der diese Stelle inne hat, war bis jetzt in
Frankfurt und ließ sich dort verleiten um Aufhebung des Cölibats mit Gritzner
und Consorten zu petitioniren. Der Sturm, welche» dieser Antrag hier hervor-
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