Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band."en Studentenpolitik der Integrität Oestreichs gefährlich, und die Gegenbewegung Die Koalition der Rechten und Linken, welche dnrch die ministerielle Erklä¬ So schwanken die Parteien, wie die Stimmungen des Tages unsicher auf «en Studentenpolitik der Integrität Oestreichs gefährlich, und die Gegenbewegung Die Koalition der Rechten und Linken, welche dnrch die ministerielle Erklä¬ So schwanken die Parteien, wie die Stimmungen des Tages unsicher auf <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0392" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278380"/> <p xml:id="ID_2414" prev="#ID_2413"> «en Studentenpolitik der Integrität Oestreichs gefährlich, und die Gegenbewegung<lb/> der slavischen Föderalisten und Anschlußfeinde mußte damals der Regierung von<lb/> hohem Werthe sei». Nachdem aber seit der Unterdrückung der Octoberrevolution<lb/> mit den ez§. 2 u. 3 der deutschen Verfassung für Oestreich kein Ernst gemacht wer¬<lb/> den darf, so kaun das östreichische Cabinet gegenüber dem deutschen Ministerium<lb/> ohne Bedenken die deutschen Buudesrechte Oestreichs geltend machen, und die<lb/> Linke als einen willkommnen Bundesgenossen im Kampfe gegen die föderalistischen<lb/> Bestrebungen der Slaven begrüßen, die den östreichischen Ländercomplex in einen<lb/> so losen Staatenverein auflösen möchten, daß überhaupt kein gemeinsamer Name,<lb/> am wenigsten der Name Oestreich dafür passen würde.</p><lb/> <p xml:id="ID_2415"> Die Koalition der Rechten und Linken, welche dnrch die ministerielle Erklä¬<lb/> rung über den K. 1 herbeigeführt wurde, war von keiner praktischen Bedeutung.<lb/> Man wollre in Kremsier den abstrakten Gottesdienst der Freiheit halten, und ereiferte<lb/> sich daher von bei den Seiten über das atheistische Ministerium, welches in dieser Feier<lb/> einen Anachronismus faud. Aber der nationale Zank verstummte in dem höhern<lb/> Gottessticdcn der Demokratie; denn in diesem Himmelreich gibt es kein rechts<lb/> und links, und alle bestimmten Farben verlieren sich hier in ein unterschied¬<lb/> loses Blau. Nur der plumpe ThersitismuS des Centrums unterbrach mitunter<lb/> die demokratische Siegesfreude der Helden, die vor Troja kamen, aber er wurde<lb/> durch harte Schläge gezüchtigt, vou denen uns die stenographischen Berichte Er¬<lb/> götzliches melden. — Dagegen wird die neue Gruppirung der Centralisten und<lb/> Föderalisten im Reichstage die wichtigsten Folgen uach sich ziehen. Die deutsche<lb/> Linke wird sich durch die Verbindung mit dem Centrum allmälig von den gehäs¬<lb/> sigen Erinnerungen an die Octvbertage reinigen, und vielleicht noch mit vielem<lb/> Takt die Phrase von der Integrität der Monarchie in ihre Deklamationen ein-<lb/> flechten. Dagegen werden die Czechen wieder das Gespenst von der weitver¬<lb/> zweigten Verschwörung der Junitage herausrufe», und von allen Seiten deu<lb/> Vorwurf hören müssen, daß sie die Monarchie in einen Cyclus von Provincial-<lb/> souvcränitäten auflösen, und die kaiserliche Gewalt zu einem bloßen Namen ver¬<lb/> flüchtigen wollen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2416"> So schwanken die Parteien, wie die Stimmungen des Tages unsicher auf<lb/> der großen Strömung, welche uns dahin ereilet. — Wohin, ihr Freunde? Wir<lb/> suchen kleinmüthig die Küste, vor der wir Anker werfen können, aber wir finden<lb/> sie uicht. Ob von den Männern, welche das Steuer unseres Staatsschiffs regie¬<lb/> ren, einer der Kolumbus sein wird, welcher uns eine neue Welt ausschließt?<lb/> Noch hoffen wir. —</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0392]
«en Studentenpolitik der Integrität Oestreichs gefährlich, und die Gegenbewegung
der slavischen Föderalisten und Anschlußfeinde mußte damals der Regierung von
hohem Werthe sei». Nachdem aber seit der Unterdrückung der Octoberrevolution
mit den ez§. 2 u. 3 der deutschen Verfassung für Oestreich kein Ernst gemacht wer¬
den darf, so kaun das östreichische Cabinet gegenüber dem deutschen Ministerium
ohne Bedenken die deutschen Buudesrechte Oestreichs geltend machen, und die
Linke als einen willkommnen Bundesgenossen im Kampfe gegen die föderalistischen
Bestrebungen der Slaven begrüßen, die den östreichischen Ländercomplex in einen
so losen Staatenverein auflösen möchten, daß überhaupt kein gemeinsamer Name,
am wenigsten der Name Oestreich dafür passen würde.
Die Koalition der Rechten und Linken, welche dnrch die ministerielle Erklä¬
rung über den K. 1 herbeigeführt wurde, war von keiner praktischen Bedeutung.
Man wollre in Kremsier den abstrakten Gottesdienst der Freiheit halten, und ereiferte
sich daher von bei den Seiten über das atheistische Ministerium, welches in dieser Feier
einen Anachronismus faud. Aber der nationale Zank verstummte in dem höhern
Gottessticdcn der Demokratie; denn in diesem Himmelreich gibt es kein rechts
und links, und alle bestimmten Farben verlieren sich hier in ein unterschied¬
loses Blau. Nur der plumpe ThersitismuS des Centrums unterbrach mitunter
die demokratische Siegesfreude der Helden, die vor Troja kamen, aber er wurde
durch harte Schläge gezüchtigt, vou denen uns die stenographischen Berichte Er¬
götzliches melden. — Dagegen wird die neue Gruppirung der Centralisten und
Föderalisten im Reichstage die wichtigsten Folgen uach sich ziehen. Die deutsche
Linke wird sich durch die Verbindung mit dem Centrum allmälig von den gehäs¬
sigen Erinnerungen an die Octvbertage reinigen, und vielleicht noch mit vielem
Takt die Phrase von der Integrität der Monarchie in ihre Deklamationen ein-
flechten. Dagegen werden die Czechen wieder das Gespenst von der weitver¬
zweigten Verschwörung der Junitage herausrufe», und von allen Seiten deu
Vorwurf hören müssen, daß sie die Monarchie in einen Cyclus von Provincial-
souvcränitäten auflösen, und die kaiserliche Gewalt zu einem bloßen Namen ver¬
flüchtigen wollen.
So schwanken die Parteien, wie die Stimmungen des Tages unsicher auf
der großen Strömung, welche uns dahin ereilet. — Wohin, ihr Freunde? Wir
suchen kleinmüthig die Küste, vor der wir Anker werfen können, aber wir finden
sie uicht. Ob von den Männern, welche das Steuer unseres Staatsschiffs regie¬
ren, einer der Kolumbus sein wird, welcher uns eine neue Welt ausschließt?
Noch hoffen wir. —
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