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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band.

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das Wort Konstitution als eine Cholera-morbuS, an welcher die Böller krank
darniederliegen. Dann schließet ein Schutz- und Trutzbündniß mit dem russischen
Kolosse und verkündet uns die neue Freiheit mit den Worten: Daß wir aus
Mcttcrnichschen Leibeigene" kaiserliche Kronbauern geworden sind!

Wollt Ihr aber Deutsch werden, dann zeigt es mehr durch Thaten, als durch
Worte, dann stellt Euch durch die Errungenschaft und das Bewußtsein der freie-
sten Verfassung "an die Spitze des constttntioncllcn Deutschlands," dann macht
die Völkerfamilien, welche in Oestreich durch eine gemeinsame Constitution verei¬
nigt würden, durch die Kraft deutscher Bildung und dnrch das edle Prinzipal des
deutschen Geistes zu treuen Verbündeten der deutschen Nation. -- -- Auf diese
Weise kann sich Oestreich zu einem großen Föderativstaat erheben, der dnrch bi:
Kraft der volksthümlichen Verfassung, durch das Bewußtsein der höchsten politi¬
schen Freiheit das Ansehen der kaiserlichen Krone stärken und eine gewichtige
Stimme im Rathe der freien Völker Europas behaupten wird.--Das "öst¬
reichisch-kaiserliche Bewußtsein" jedoch kann weder die Nationalitäten an den Staats-
begriff Oestreich binden, noch die Entwicklung und Befestigung einer freien Ver¬
fassung in den Erbstaatcn zu Wege bringen."

Dies schrieb ich Anfangs April. Wenige Wochen später bemächtigten sich die
Czechen und Ban Jellachich "der kaiserlichen Bestimmung" Oestreichs und erhoben
die "Gleichberechtigung der Nationalitäten" zum StaatSpriuzip, und die noth-
wendige Konsequenz desselben ist ein großer Föderativstaat auf Grundlage selbst-
ständiger Provinzialverwaltungeu. Die slavische Bewegung gegen die magyarische
Herrschaft konnte von den deutschen Demokraten als eine gerechte anerkannt wer¬
den, so lange sie die Grenzen der nationalen Frage nicht überschritt. So wie
sie sich aber auf das Gebiet der ganzen innern Staatsverwaltung Oestreichs er¬
streckte und hier uicht blos die Nationalität, anch die Freiheit der 7 Millionen
Deutschen von der Uebermacht der 1.7 Millionen Slaven bedroht schien, da predigten
die Radicalen entschieden das Aufgehen Deutschöstreichs in Deutschland und die
Ungarn in ihrem Drange, sich vom Gesammtstaate loszumachen, unterstützten sie in
ihren kühnen Hoffnungen. Also auch diesmal nur das Gefühl der eigenen Ohn¬
macht, ein Angstschrei der Verzweiflung, vou dem die Deutschöstreicher, Deursch-
böhmen nach Frankfurt getrieben wurden.

Die Frankfurter Versammlung versuchte durch die Herren Welker und Mo5le
zu interveniren -- es war das erste und letzte Mal, daß die Stimme der Eentral-
gewalt in den Mauern Wiens und im kaiserlichen Hoflager laut wurde -- aber
Minister Wessenberg erklärte die schwarz-roth-goldene Fahne als das Panier des
Aufruhrs, Ban Jellachich rückte im Namen deö "Slaventhums" gegen Wie" nud
Fürst Windischgrätz steckt die schwarzgelbe Fahne auf dem Stephansthurm auf u"d
besiegelte die faktische Trennung Oestreichs von der deutschen Reichsgewalt durch
das Blut eines deutschen Volksvertreters.


das Wort Konstitution als eine Cholera-morbuS, an welcher die Böller krank
darniederliegen. Dann schließet ein Schutz- und Trutzbündniß mit dem russischen
Kolosse und verkündet uns die neue Freiheit mit den Worten: Daß wir aus
Mcttcrnichschen Leibeigene» kaiserliche Kronbauern geworden sind!

Wollt Ihr aber Deutsch werden, dann zeigt es mehr durch Thaten, als durch
Worte, dann stellt Euch durch die Errungenschaft und das Bewußtsein der freie-
sten Verfassung „an die Spitze des constttntioncllcn Deutschlands," dann macht
die Völkerfamilien, welche in Oestreich durch eine gemeinsame Constitution verei¬
nigt würden, durch die Kraft deutscher Bildung und dnrch das edle Prinzipal des
deutschen Geistes zu treuen Verbündeten der deutschen Nation. — — Auf diese
Weise kann sich Oestreich zu einem großen Föderativstaat erheben, der dnrch bi:
Kraft der volksthümlichen Verfassung, durch das Bewußtsein der höchsten politi¬
schen Freiheit das Ansehen der kaiserlichen Krone stärken und eine gewichtige
Stimme im Rathe der freien Völker Europas behaupten wird.--Das „öst¬
reichisch-kaiserliche Bewußtsein" jedoch kann weder die Nationalitäten an den Staats-
begriff Oestreich binden, noch die Entwicklung und Befestigung einer freien Ver¬
fassung in den Erbstaatcn zu Wege bringen."

Dies schrieb ich Anfangs April. Wenige Wochen später bemächtigten sich die
Czechen und Ban Jellachich „der kaiserlichen Bestimmung" Oestreichs und erhoben
die „Gleichberechtigung der Nationalitäten" zum StaatSpriuzip, und die noth-
wendige Konsequenz desselben ist ein großer Föderativstaat auf Grundlage selbst-
ständiger Provinzialverwaltungeu. Die slavische Bewegung gegen die magyarische
Herrschaft konnte von den deutschen Demokraten als eine gerechte anerkannt wer¬
den, so lange sie die Grenzen der nationalen Frage nicht überschritt. So wie
sie sich aber auf das Gebiet der ganzen innern Staatsverwaltung Oestreichs er¬
streckte und hier uicht blos die Nationalität, anch die Freiheit der 7 Millionen
Deutschen von der Uebermacht der 1.7 Millionen Slaven bedroht schien, da predigten
die Radicalen entschieden das Aufgehen Deutschöstreichs in Deutschland und die
Ungarn in ihrem Drange, sich vom Gesammtstaate loszumachen, unterstützten sie in
ihren kühnen Hoffnungen. Also auch diesmal nur das Gefühl der eigenen Ohn¬
macht, ein Angstschrei der Verzweiflung, vou dem die Deutschöstreicher, Deursch-
böhmen nach Frankfurt getrieben wurden.

Die Frankfurter Versammlung versuchte durch die Herren Welker und Mo5le
zu interveniren — es war das erste und letzte Mal, daß die Stimme der Eentral-
gewalt in den Mauern Wiens und im kaiserlichen Hoflager laut wurde — aber
Minister Wessenberg erklärte die schwarz-roth-goldene Fahne als das Panier des
Aufruhrs, Ban Jellachich rückte im Namen deö „Slaventhums" gegen Wie» nud
Fürst Windischgrätz steckt die schwarzgelbe Fahne auf dem Stephansthurm auf u»d
besiegelte die faktische Trennung Oestreichs von der deutschen Reichsgewalt durch
das Blut eines deutschen Volksvertreters.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_277987/227>, abgerufen am 23.12.2024.