Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band.Hier hoffen wir, daß die Oestreicher, welche jetzt die Centralgewalt bilden, Sollte aber dieser Schwindel -- wir halten es nicht für möglich -- die Hier hoffen wir, daß die Oestreicher, welche jetzt die Centralgewalt bilden, Sollte aber dieser Schwindel — wir halten es nicht für möglich — die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0143" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/277573"/> <p xml:id="ID_443"> Hier hoffen wir, daß die Oestreicher, welche jetzt die Centralgewalt bilden,<lb/> in den Verhandlungen die friedlichen Gesinnungen der preußischen Diplomatie adop-<lb/> tiren werden. Anders sieht es in Italien aus. Herr v. Schmerling ist darin<lb/> durch und durch Oestreicher und für Oestreich ist die Suprematie in Italien eine<lb/> fixe Idee. Wenn man das Sendschreiben des „ghibellinischen" Professor Gfrö r er,<lb/> der bekanntlich der römisch-kaiserlichen Einheit zu Liebe auch die Herrschaft der<lb/> Jesuiten geduldet haben würde, an die Nationalversammlung aufmerksam prüft, so<lb/> wird man, gegen die darin ausgesprochenen verruchten Grundsätze, die Theilung<lb/> Polens und die Raubkriege Ludwig's XlV. höchst unschuldig ansehen müssen. Von<lb/> ähnlichen „Ghibellinen" wimmelt es in Deutschland und namentlich in Frankfurt;<lb/> sie möchten, einer leeren nationalen Eitelkeit willen, nicht nur alle Ideen der Ge¬<lb/> rechtigkeit mit Füßen treten, sondern auch das eigene Land an den Rand des<lb/> Abgrunds führen. Der drolligste dieser Ghibellinen, der die „Wälschen," die es<lb/> wagen, sich gegen den Doppeladler zu empören, nicht nnr durch einen Kreuzzug des<lb/> gesammten Deutschland aufs Neue unterwerfen, sondern anch all ihre Güter<lb/> confisciren will, ist der Etsch - Korrespondent in der A. Z., und er würde eine<lb/> sehr heitere Figur abgeben, wenn die Sache nicht eine so bittere Realität hätte.</p><lb/> <p xml:id="ID_444"> Sollte aber dieser Schwindel — wir halten es nicht für möglich — die<lb/> Majorität der Nationalversammlung ergreifen, sollte sie die Erbschaft der abscheu¬<lb/> lichen Politik eines Metternich und Ficquelmont antreten, wie es leider in dem<lb/> sonst so hochherzigen Volk der Oestreicher bei der Mehrzahl der Fall zu sein scheint;<lb/> sollte sie, in seiger Nachgiebigkeit gegen den Einfluß der Centralgewalt, aus dem<lb/> Eroberungskriege des Hauses Habsburg in Italien einen deutschen Krieg machen,<lb/> d. h. einen Krieg gegen Frankreich, Italien, Dänemark, Schweden, Rußland zu¬<lb/> gleich erregen — dann wird die Zeit eintreten, wo jener Vorbehalt der Einzel¬<lb/> stände eine Wahrheit wird, dann wird der Ausdruck „provisorisch" nicht nur auf<lb/> den Träger der Centralgewalt, sondern auf diese selbst übergehen, und es wird<lb/> eine Reaction eintreten, mit der im Vergleich „der Rock des alten Regiments"<lb/> b<note type="byline"> -j-j-.</note> equemer zu tragen war. </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <fw type="sig" place="bottom"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0143]
Hier hoffen wir, daß die Oestreicher, welche jetzt die Centralgewalt bilden,
in den Verhandlungen die friedlichen Gesinnungen der preußischen Diplomatie adop-
tiren werden. Anders sieht es in Italien aus. Herr v. Schmerling ist darin
durch und durch Oestreicher und für Oestreich ist die Suprematie in Italien eine
fixe Idee. Wenn man das Sendschreiben des „ghibellinischen" Professor Gfrö r er,
der bekanntlich der römisch-kaiserlichen Einheit zu Liebe auch die Herrschaft der
Jesuiten geduldet haben würde, an die Nationalversammlung aufmerksam prüft, so
wird man, gegen die darin ausgesprochenen verruchten Grundsätze, die Theilung
Polens und die Raubkriege Ludwig's XlV. höchst unschuldig ansehen müssen. Von
ähnlichen „Ghibellinen" wimmelt es in Deutschland und namentlich in Frankfurt;
sie möchten, einer leeren nationalen Eitelkeit willen, nicht nur alle Ideen der Ge¬
rechtigkeit mit Füßen treten, sondern auch das eigene Land an den Rand des
Abgrunds führen. Der drolligste dieser Ghibellinen, der die „Wälschen," die es
wagen, sich gegen den Doppeladler zu empören, nicht nnr durch einen Kreuzzug des
gesammten Deutschland aufs Neue unterwerfen, sondern anch all ihre Güter
confisciren will, ist der Etsch - Korrespondent in der A. Z., und er würde eine
sehr heitere Figur abgeben, wenn die Sache nicht eine so bittere Realität hätte.
Sollte aber dieser Schwindel — wir halten es nicht für möglich — die
Majorität der Nationalversammlung ergreifen, sollte sie die Erbschaft der abscheu¬
lichen Politik eines Metternich und Ficquelmont antreten, wie es leider in dem
sonst so hochherzigen Volk der Oestreicher bei der Mehrzahl der Fall zu sein scheint;
sollte sie, in seiger Nachgiebigkeit gegen den Einfluß der Centralgewalt, aus dem
Eroberungskriege des Hauses Habsburg in Italien einen deutschen Krieg machen,
d. h. einen Krieg gegen Frankreich, Italien, Dänemark, Schweden, Rußland zu¬
gleich erregen — dann wird die Zeit eintreten, wo jener Vorbehalt der Einzel¬
stände eine Wahrheit wird, dann wird der Ausdruck „provisorisch" nicht nur auf
den Träger der Centralgewalt, sondern auf diese selbst übergehen, und es wird
eine Reaction eintreten, mit der im Vergleich „der Rock des alten Regiments"
b -j-j-. equemer zu tragen war.
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