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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band.

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Spartanern seine Ernennung in den Götterstand bewerkstelligte -- übrigens gebe
nnr der Socialismus den wahren Aufschluß über die Probleme des neuen Geistes;
woraufBlum eine versöhnende Rede hielt, alle Parteien müßten sich zunächst zu Gunsten
der Freiheit verständigen, sie könnten dann ihre Ansichten auf eigene Hand verfol¬
gen; worauf Alles sich die Hände reichte und ein erhebendes Lied die Feier schloß.

Wir sind also schon mitten im März; die schönen Tage von Aranjuez sind
vorüber. Wir wurden "aus unserm Frieden herausgerissen," "in gährend Drachen¬
gift wurde die Milch der frommen Denkart uns gewandelt." Welch ein Anblick,
als mitten in der Rede eines unsrer Demosthene eine ungeheure Tricolore von der
Galerie herunterwehte, als gleich darauf alle Hüte mit Ordensbändern strahlten.
Nicht schnell genug konnte Jeder all' die wunderlichen Gedanken, die ihm das Herz
abgestoßen hatten, in die freie Luft ausströmen. Ans "Ungeheure" wurden wir
gewöhnt. Man setzte uns auseinander, Frankreich sei nicht reif zur Republik,
wohl aber gebe es einen andern Staat, der u. s. w.

Wir waren noch nicht fertig mit dem Erstaunen über unsere Errungenschaften, als
der Kanonendonner von Wien und Berlin zu uns herüberhallte. An ihren Haupt¬
sitzen war die Tyrannei gefallen, die Zugvögel flogen aus, jeder in seine Heimath.
Laut blieb es nur in den Exercierplätzen, wo Jung und Alt sich mit Mordgewehren
herumtummelte, sich zu rüsten gegen alle Feinde des herrlichen Vaterlandes, von der
Eider bis zum Po, von der Donau bis zur Seine. Selbst die indianische Kriegs¬
weise der Katzenmusik hatte zur Dominante: "O nein! o nein! sein Vaterland muß
größer sein!"

Der Patriotismus organisirte sich in Vereinen; der alte legitime, von den
Redeübungen, zum Besten des deutschen Vaterlandes, der vornehme, der sich
bisher von der Gemeinschaft des Volks fern gehalten, zu Gunsten der deutschen
Einheit im Allgemeinen, aber auf breitester Grundlage. Was wurde da nicht
gepredigt! Alles ging gut, bis die Messe kam.

Die Messe! sonst hatte die "unabhängige Intelligenz" sich nur so weit darum
gekümmert, als sie durch die Juden und das Gekrächze grünhütiger Tyrolerinnen
aus Würzen ans allen Bierlocalen vertrieben war; jetzt aber drängte sich die
Realität des Lebens auch in die luftigen Höhen der Dichtung. Die Messe kam,
und kein Geld, die Course wichen, Oestreich verschloß seine Geldkisten, und mit
Hohnlachen wies der Buchhändler jedes Manuscript zurück, das noch die Ver¬
messenheit haben wollte, sich in Druckerschwärze umzusetzen, selbst wenn es Frei¬
heitslieder enthielt.

Und darum diese Opfer? Die Bärte wurden bleich, in Einer Nacht, der
zufrieden anständige Freiheitsjubel verstummte, und es schieden sich die Böcke von
den Schaafen, die Wühler von den Henkern. Der Wühler war erbost, daß die
Revolution ihm keinen bessern Rock gebracht, der Heuler gerieth in Verzweiflung,
daß die aller Orten gewährte Preßfreiheit die Privilegien des Leipziger Bücher-


Spartanern seine Ernennung in den Götterstand bewerkstelligte — übrigens gebe
nnr der Socialismus den wahren Aufschluß über die Probleme des neuen Geistes;
woraufBlum eine versöhnende Rede hielt, alle Parteien müßten sich zunächst zu Gunsten
der Freiheit verständigen, sie könnten dann ihre Ansichten auf eigene Hand verfol¬
gen; worauf Alles sich die Hände reichte und ein erhebendes Lied die Feier schloß.

Wir sind also schon mitten im März; die schönen Tage von Aranjuez sind
vorüber. Wir wurden „aus unserm Frieden herausgerissen," „in gährend Drachen¬
gift wurde die Milch der frommen Denkart uns gewandelt." Welch ein Anblick,
als mitten in der Rede eines unsrer Demosthene eine ungeheure Tricolore von der
Galerie herunterwehte, als gleich darauf alle Hüte mit Ordensbändern strahlten.
Nicht schnell genug konnte Jeder all' die wunderlichen Gedanken, die ihm das Herz
abgestoßen hatten, in die freie Luft ausströmen. Ans „Ungeheure" wurden wir
gewöhnt. Man setzte uns auseinander, Frankreich sei nicht reif zur Republik,
wohl aber gebe es einen andern Staat, der u. s. w.

Wir waren noch nicht fertig mit dem Erstaunen über unsere Errungenschaften, als
der Kanonendonner von Wien und Berlin zu uns herüberhallte. An ihren Haupt¬
sitzen war die Tyrannei gefallen, die Zugvögel flogen aus, jeder in seine Heimath.
Laut blieb es nur in den Exercierplätzen, wo Jung und Alt sich mit Mordgewehren
herumtummelte, sich zu rüsten gegen alle Feinde des herrlichen Vaterlandes, von der
Eider bis zum Po, von der Donau bis zur Seine. Selbst die indianische Kriegs¬
weise der Katzenmusik hatte zur Dominante: „O nein! o nein! sein Vaterland muß
größer sein!"

Der Patriotismus organisirte sich in Vereinen; der alte legitime, von den
Redeübungen, zum Besten des deutschen Vaterlandes, der vornehme, der sich
bisher von der Gemeinschaft des Volks fern gehalten, zu Gunsten der deutschen
Einheit im Allgemeinen, aber auf breitester Grundlage. Was wurde da nicht
gepredigt! Alles ging gut, bis die Messe kam.

Die Messe! sonst hatte die „unabhängige Intelligenz" sich nur so weit darum
gekümmert, als sie durch die Juden und das Gekrächze grünhütiger Tyrolerinnen
aus Würzen ans allen Bierlocalen vertrieben war; jetzt aber drängte sich die
Realität des Lebens auch in die luftigen Höhen der Dichtung. Die Messe kam,
und kein Geld, die Course wichen, Oestreich verschloß seine Geldkisten, und mit
Hohnlachen wies der Buchhändler jedes Manuscript zurück, das noch die Ver¬
messenheit haben wollte, sich in Druckerschwärze umzusetzen, selbst wenn es Frei¬
heitslieder enthielt.

Und darum diese Opfer? Die Bärte wurden bleich, in Einer Nacht, der
zufrieden anständige Freiheitsjubel verstummte, und es schieden sich die Böcke von
den Schaafen, die Wühler von den Henkern. Der Wühler war erbost, daß die
Revolution ihm keinen bessern Rock gebracht, der Heuler gerieth in Verzweiflung,
daß die aller Orten gewährte Preßfreiheit die Privilegien des Leipziger Bücher-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276755/506>, abgerufen am 26.12.2024.