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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band.

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General zu erlangen gewußt hatte, in die Bürgerhäuser Hermannstadts ein, um die
ihnen mißliebigen walachischen Stimmführer, nach deren Wegräumung sie mit dem
größtentheils ungebildeten walachischen Volke leicht fertig zu werden hofften, in sichern
Gewahrsam zu bringen. Das Alles geschah, ohne daß dem Bürgermeister auch
nur die geringste Anzeige gemacht worden wäre. Die Thüren wurden eingeschla¬
gen und die ganze Stadt in Allarm gebracht. Es gelang nur die Verhaftung
der walachischen Professoren, Lauriani und Balasiescu; die Uebrigen hatten sich
bei Zeiten geflüchtet, da die Thesaurariatsbeamten mit der Rolle von Häschern,
die sie übernommen hatten, nicht recht vertraut waren. Beide Gefangene mußten
in die Militärcaserne abgeführt werden, allein auch diese wurde von dem ob solcher
Rechtsverletzung wüthenden walachischen Volk förmlich belagert und jeden Augen¬
blick zu erstürmen gedroht. Vergebens versuchten die Magyaren den Hermannstädter
Magistrat zu überreden, die beiden Gefangenen im städtischen Zuchthaus festzu¬
setzen, indem dies viel zur Beruhigung des walachischen Volkes beitragen würde;
der Magistrat ertheilte ausweichende Antwort und die Gefangenen mußten, nach¬
dem von Seiten des Gencralcommandos und des Hermannstädter Magistrats
beim k. Commissär Vay in Klausenburg energische Vorstellungen gemacht worden
waren, losgelassen werden.

Sehn wir nun, wie die, Nachricht von diesem Auflauf in Hermannstadt, dem
bald eine walachische Volksversammlung in Orlat, dem Stabsorte des l. wala¬
chischen Grenzregiments gefolgt war, in Pesth aufgenommen wurde. Die Bestür¬
zung war eine nicht geringe, denn eben ging man damit um, die walachischen
Grenzregimenter aus Siebenbürgen gegen die Serben, wo die magyarische Sache
sehr schlecht stand, zu gebrauchen. Ein Bataillon dieser Grenzer war bereits
gegen die Serben ausgerückt, hatte jedoch gegen Anhänger des Kaisers, wie die
Serben, nicht fechten zu wollen erklärt. Nun kam dieser Auftritt, der das bis¬
her schon wenig freundliche Verhältniß zwischen Magyaren und Walachen vollends
erschütterte, noch hinzu. Die einsichtsvollsten Magyaren wußten diesen unseligen
neuen Zwiespalt beider Volker zu würdigen; und welch großes Gewicht sie auf
die Herstellung eines friedlichen Einvernehmens mit den Walachen legten, geht
zur Genüge hervor aus einer Rede des blinden, greisen Freiherrn, Nie. Wefsc-
lenyi im Oberhaus am 25. August, worin er seinen Landsleuten dringend anrieth,
es mit den Walachen gut zu halten und Frieden und Einigkeit mit ihnen herzu¬
stellen. Wir lassen seine vom Oberhause mit ungetheiltem Beifall aufgenommene
Rede -- jedenfalls ein merkwürdiges, freilich für die Magyaren nicht unparteii¬
sches Aktenstück in Bezug auf die magyarische Völkerpolitik -- hier theilweise
folgen:

"Mit den Augen meines Geistes vertiefe ich mich in die wolkentrübe Zukunft
meines Vaterlandes; diese ist finsterer als die Nacht meiner Augen. Nur einen
Strahl sehe ich noch,, und auch dieser erblaßt. -- Nur EinVerständniß und Friede


General zu erlangen gewußt hatte, in die Bürgerhäuser Hermannstadts ein, um die
ihnen mißliebigen walachischen Stimmführer, nach deren Wegräumung sie mit dem
größtentheils ungebildeten walachischen Volke leicht fertig zu werden hofften, in sichern
Gewahrsam zu bringen. Das Alles geschah, ohne daß dem Bürgermeister auch
nur die geringste Anzeige gemacht worden wäre. Die Thüren wurden eingeschla¬
gen und die ganze Stadt in Allarm gebracht. Es gelang nur die Verhaftung
der walachischen Professoren, Lauriani und Balasiescu; die Uebrigen hatten sich
bei Zeiten geflüchtet, da die Thesaurariatsbeamten mit der Rolle von Häschern,
die sie übernommen hatten, nicht recht vertraut waren. Beide Gefangene mußten
in die Militärcaserne abgeführt werden, allein auch diese wurde von dem ob solcher
Rechtsverletzung wüthenden walachischen Volk förmlich belagert und jeden Augen¬
blick zu erstürmen gedroht. Vergebens versuchten die Magyaren den Hermannstädter
Magistrat zu überreden, die beiden Gefangenen im städtischen Zuchthaus festzu¬
setzen, indem dies viel zur Beruhigung des walachischen Volkes beitragen würde;
der Magistrat ertheilte ausweichende Antwort und die Gefangenen mußten, nach¬
dem von Seiten des Gencralcommandos und des Hermannstädter Magistrats
beim k. Commissär Vay in Klausenburg energische Vorstellungen gemacht worden
waren, losgelassen werden.

Sehn wir nun, wie die, Nachricht von diesem Auflauf in Hermannstadt, dem
bald eine walachische Volksversammlung in Orlat, dem Stabsorte des l. wala¬
chischen Grenzregiments gefolgt war, in Pesth aufgenommen wurde. Die Bestür¬
zung war eine nicht geringe, denn eben ging man damit um, die walachischen
Grenzregimenter aus Siebenbürgen gegen die Serben, wo die magyarische Sache
sehr schlecht stand, zu gebrauchen. Ein Bataillon dieser Grenzer war bereits
gegen die Serben ausgerückt, hatte jedoch gegen Anhänger des Kaisers, wie die
Serben, nicht fechten zu wollen erklärt. Nun kam dieser Auftritt, der das bis¬
her schon wenig freundliche Verhältniß zwischen Magyaren und Walachen vollends
erschütterte, noch hinzu. Die einsichtsvollsten Magyaren wußten diesen unseligen
neuen Zwiespalt beider Volker zu würdigen; und welch großes Gewicht sie auf
die Herstellung eines friedlichen Einvernehmens mit den Walachen legten, geht
zur Genüge hervor aus einer Rede des blinden, greisen Freiherrn, Nie. Wefsc-
lenyi im Oberhaus am 25. August, worin er seinen Landsleuten dringend anrieth,
es mit den Walachen gut zu halten und Frieden und Einigkeit mit ihnen herzu¬
stellen. Wir lassen seine vom Oberhause mit ungetheiltem Beifall aufgenommene
Rede — jedenfalls ein merkwürdiges, freilich für die Magyaren nicht unparteii¬
sches Aktenstück in Bezug auf die magyarische Völkerpolitik — hier theilweise
folgen:

„Mit den Augen meines Geistes vertiefe ich mich in die wolkentrübe Zukunft
meines Vaterlandes; diese ist finsterer als die Nacht meiner Augen. Nur einen
Strahl sehe ich noch,, und auch dieser erblaßt. — Nur EinVerständniß und Friede


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[0464] General zu erlangen gewußt hatte, in die Bürgerhäuser Hermannstadts ein, um die ihnen mißliebigen walachischen Stimmführer, nach deren Wegräumung sie mit dem größtentheils ungebildeten walachischen Volke leicht fertig zu werden hofften, in sichern Gewahrsam zu bringen. Das Alles geschah, ohne daß dem Bürgermeister auch nur die geringste Anzeige gemacht worden wäre. Die Thüren wurden eingeschla¬ gen und die ganze Stadt in Allarm gebracht. Es gelang nur die Verhaftung der walachischen Professoren, Lauriani und Balasiescu; die Uebrigen hatten sich bei Zeiten geflüchtet, da die Thesaurariatsbeamten mit der Rolle von Häschern, die sie übernommen hatten, nicht recht vertraut waren. Beide Gefangene mußten in die Militärcaserne abgeführt werden, allein auch diese wurde von dem ob solcher Rechtsverletzung wüthenden walachischen Volk förmlich belagert und jeden Augen¬ blick zu erstürmen gedroht. Vergebens versuchten die Magyaren den Hermannstädter Magistrat zu überreden, die beiden Gefangenen im städtischen Zuchthaus festzu¬ setzen, indem dies viel zur Beruhigung des walachischen Volkes beitragen würde; der Magistrat ertheilte ausweichende Antwort und die Gefangenen mußten, nach¬ dem von Seiten des Gencralcommandos und des Hermannstädter Magistrats beim k. Commissär Vay in Klausenburg energische Vorstellungen gemacht worden waren, losgelassen werden. Sehn wir nun, wie die, Nachricht von diesem Auflauf in Hermannstadt, dem bald eine walachische Volksversammlung in Orlat, dem Stabsorte des l. wala¬ chischen Grenzregiments gefolgt war, in Pesth aufgenommen wurde. Die Bestür¬ zung war eine nicht geringe, denn eben ging man damit um, die walachischen Grenzregimenter aus Siebenbürgen gegen die Serben, wo die magyarische Sache sehr schlecht stand, zu gebrauchen. Ein Bataillon dieser Grenzer war bereits gegen die Serben ausgerückt, hatte jedoch gegen Anhänger des Kaisers, wie die Serben, nicht fechten zu wollen erklärt. Nun kam dieser Auftritt, der das bis¬ her schon wenig freundliche Verhältniß zwischen Magyaren und Walachen vollends erschütterte, noch hinzu. Die einsichtsvollsten Magyaren wußten diesen unseligen neuen Zwiespalt beider Volker zu würdigen; und welch großes Gewicht sie auf die Herstellung eines friedlichen Einvernehmens mit den Walachen legten, geht zur Genüge hervor aus einer Rede des blinden, greisen Freiherrn, Nie. Wefsc- lenyi im Oberhaus am 25. August, worin er seinen Landsleuten dringend anrieth, es mit den Walachen gut zu halten und Frieden und Einigkeit mit ihnen herzu¬ stellen. Wir lassen seine vom Oberhause mit ungetheiltem Beifall aufgenommene Rede — jedenfalls ein merkwürdiges, freilich für die Magyaren nicht unparteii¬ sches Aktenstück in Bezug auf die magyarische Völkerpolitik — hier theilweise folgen: „Mit den Augen meines Geistes vertiefe ich mich in die wolkentrübe Zukunft meines Vaterlandes; diese ist finsterer als die Nacht meiner Augen. Nur einen Strahl sehe ich noch,, und auch dieser erblaßt. — Nur EinVerständniß und Friede

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276755/464>, abgerufen am 26.12.2024.