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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band.

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dich zu befassen, du nimmst jetzt den Mund voll und faselst von Freiheit und
Brüderlichkeit? Mache dich erst innerlich frei, wirf sie von dir, deine Vorurtheile,
deine Aufgeblasenheit, --^ sonst ruf' ich mir den Mann hier in dem liederlichen
Kittel, der betrunken die Straße herabtaumelt; ich versichere dich, er ist im Stande,
dir Thür und Fenster einznschmeißen; glaube mir, es bedarf gar nicht vieler guter
Worte, und er haut dir das Leder aus und nimmt dir deine Geldkatze weg. --
Oho! -- du Lump, laufe mich nicht um, verschlafe erst den Rausch. Ein wider¬
wärtiger Geselle! er hielt ein Selbstgespräch, er streckt die geballte Faust gen
Himmel und stößt die schmutzigsten Schimpfworte hervor, er steht still und stampft
mit dem Fuß auf den Boden, daß ihm der Schmutz um die Ohren fliegt. Schlafe
dich nur erst aus, glaub's schon, du wirst morgen dann wieder arbeiten und erst
am Abend dir einen Rausch trinken, -- das kam heute etwas früher als gewöhn¬
lich und wird dir am Ende noch Zank und Prügelei eintragen. Schadet nichts,
der Mann gehört zum souveränen Volk, -- Donnerwetter noch einmal! wer hat
was dawider? wir schlagen ihn kreuzlahm, den Reaktionär! das kann uns kein
Gesetz und keine Polizei verbieten.

El wie? Herr Prediger, auch Sie? Ich gebe es zu, Ihre Pfarre ist schlecht
dotirt, aber berechtigt Sie das, die sociale Republik zu predigen? Sie haben auf
der Universität zu den Demagogen gehört, damals schwärmten Sie für die Tilgend
und das deutsche Reich, und noch bewahren Sie liebevoll, als das selige Andenken
an jene Tage, den bunten Pfeifenkopf, darauf ein Eichenbaum und eine unter¬
gehende Sonne verzeichnet stehen. Nachher haben sie ihre Gemeinde mit leerem
schriftgemäßem Formenkram verdummt und abgestumpft, hoffährtig, ein echter Pha¬
risäer, hielten Sie sich entfernt von Ihren Brüdern, gleisnerische Worte vom Himmel¬
reich im Munde, aber kein Herz in der Brust. Nun sind Sie plötzlich umgewan¬
delt, erleuchtet von der politischen Sonne. Sie lebten nur unter dem Druck des
Eonsistorii, sonst hätten Sie längst gesprochen. Aber nun soll Sie auch dafür nichts
abhalten, das Volk durch Ihre Reden zu verwirre", Sie thun es ja um Christo
Jesu willen, der den Armen das Himmelreich versprochen hat. Wie wär's mit
einer Bischofsmütze -- Pfaffe? nicht wahr, in solchem Kopfputz käme man dem
Himmel näher, bliebe man unberührt von den alltäglichen kläglichen Sorgen des
Lebens, die man alsdann -- den Brüdern überlassen könnte. --

Ich gehe in die Hauptstadt, die Stadt der Intelligenz, in der die eigentliche
Revolution ihren Sitz und Ausdruck hat. Der mir zuerst begegnet, ist ein Bür¬
ger dieser Stadt, ein breites, großmäuliges Gesicht, -- er gehört zur Bürger¬
wehr. Willst du die Freiheit für Alle? sprich offen heraus, Bürger! oder willst
du nur dem Stück Herrschaft mit nach Hause bringen, und dich dann noch mehr,
noch widerlicher und beleidigender aufblähn, als sonst? Du hassest die Gardeof-
fiziere in ihren schönen Umforme", du hassest den Adel in seinen stolzen sanftrol¬
lenden Karossen, du hassest die Staatsbeamten, -- du könntest eben so gut Ge-


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dich zu befassen, du nimmst jetzt den Mund voll und faselst von Freiheit und
Brüderlichkeit? Mache dich erst innerlich frei, wirf sie von dir, deine Vorurtheile,
deine Aufgeblasenheit, —^ sonst ruf' ich mir den Mann hier in dem liederlichen
Kittel, der betrunken die Straße herabtaumelt; ich versichere dich, er ist im Stande,
dir Thür und Fenster einznschmeißen; glaube mir, es bedarf gar nicht vieler guter
Worte, und er haut dir das Leder aus und nimmt dir deine Geldkatze weg. —
Oho! — du Lump, laufe mich nicht um, verschlafe erst den Rausch. Ein wider¬
wärtiger Geselle! er hielt ein Selbstgespräch, er streckt die geballte Faust gen
Himmel und stößt die schmutzigsten Schimpfworte hervor, er steht still und stampft
mit dem Fuß auf den Boden, daß ihm der Schmutz um die Ohren fliegt. Schlafe
dich nur erst aus, glaub's schon, du wirst morgen dann wieder arbeiten und erst
am Abend dir einen Rausch trinken, — das kam heute etwas früher als gewöhn¬
lich und wird dir am Ende noch Zank und Prügelei eintragen. Schadet nichts,
der Mann gehört zum souveränen Volk, — Donnerwetter noch einmal! wer hat
was dawider? wir schlagen ihn kreuzlahm, den Reaktionär! das kann uns kein
Gesetz und keine Polizei verbieten.

El wie? Herr Prediger, auch Sie? Ich gebe es zu, Ihre Pfarre ist schlecht
dotirt, aber berechtigt Sie das, die sociale Republik zu predigen? Sie haben auf
der Universität zu den Demagogen gehört, damals schwärmten Sie für die Tilgend
und das deutsche Reich, und noch bewahren Sie liebevoll, als das selige Andenken
an jene Tage, den bunten Pfeifenkopf, darauf ein Eichenbaum und eine unter¬
gehende Sonne verzeichnet stehen. Nachher haben sie ihre Gemeinde mit leerem
schriftgemäßem Formenkram verdummt und abgestumpft, hoffährtig, ein echter Pha¬
risäer, hielten Sie sich entfernt von Ihren Brüdern, gleisnerische Worte vom Himmel¬
reich im Munde, aber kein Herz in der Brust. Nun sind Sie plötzlich umgewan¬
delt, erleuchtet von der politischen Sonne. Sie lebten nur unter dem Druck des
Eonsistorii, sonst hätten Sie längst gesprochen. Aber nun soll Sie auch dafür nichts
abhalten, das Volk durch Ihre Reden zu verwirre», Sie thun es ja um Christo
Jesu willen, der den Armen das Himmelreich versprochen hat. Wie wär's mit
einer Bischofsmütze — Pfaffe? nicht wahr, in solchem Kopfputz käme man dem
Himmel näher, bliebe man unberührt von den alltäglichen kläglichen Sorgen des
Lebens, die man alsdann — den Brüdern überlassen könnte. —

Ich gehe in die Hauptstadt, die Stadt der Intelligenz, in der die eigentliche
Revolution ihren Sitz und Ausdruck hat. Der mir zuerst begegnet, ist ein Bür¬
ger dieser Stadt, ein breites, großmäuliges Gesicht, — er gehört zur Bürger¬
wehr. Willst du die Freiheit für Alle? sprich offen heraus, Bürger! oder willst
du nur dem Stück Herrschaft mit nach Hause bringen, und dich dann noch mehr,
noch widerlicher und beleidigender aufblähn, als sonst? Du hassest die Gardeof-
fiziere in ihren schönen Umforme», du hassest den Adel in seinen stolzen sanftrol¬
lenden Karossen, du hassest die Staatsbeamten, — du könntest eben so gut Ge-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276755/415>, abgerufen am 25.12.2024.