Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band.einfache, sparsame Lebensweise den verfeinerten Klassen einen Spiegel vorhalten, Ein eben so großer Unterschied, wie zwischen den bezeichneten Proletariern Man wende mir nicht ein, daß die Kaufleute und Fabrikenunternehmer in einfache, sparsame Lebensweise den verfeinerten Klassen einen Spiegel vorhalten, Ein eben so großer Unterschied, wie zwischen den bezeichneten Proletariern Man wende mir nicht ein, daß die Kaufleute und Fabrikenunternehmer in <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0388" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/277144"/> <p xml:id="ID_1152" prev="#ID_1151"> einfache, sparsame Lebensweise den verfeinerten Klassen einen Spiegel vorhalten,<lb/> aus welchem sie ersehen können, wie man mit einem geringen Verdienst ein zu¬<lb/> friedenes und glückliches Leben fuhren könne? Während die Berliner Tauge¬<lb/> nichtse bei den Arbeiten auf den Nehbcrgen und bei dem Kanal faullenzten und<lb/> nach dem Geheiß der Demokraten sich an einzelnen Tagen auf den Plätzen der<lb/> Stadt versammelten, haben die ordentlichen Arbeiter dieser volkreichen Stadt nie<lb/> aufgehört, ihrem Berufe nachzugehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1153"> Ein eben so großer Unterschied, wie zwischen den bezeichneten Proletariern<lb/> und den braven Arbeitern besteht, findet auch statt zwischen verständigen Kapi-<lb/> talsverschwendern. Denn alle diejenigen, welche ihr Vermögen zur Schaustellung<lb/> verwenden und sich damit brüsten, es auch wohl hier und da zur Unterdrückung<lb/> der Unbemittelten gebrauchen, sind auf dem Wege, es zu verlieren. Sie dürfen<lb/> nicht mit den vorsichtigen Männern verwechselt werden, welche ihre Kapitalien<lb/> nur in Unternehmungen anlegen, in welchen mit hoher Wahrscheinlichkeit auf<lb/> eine gute Verzinsung zu rechnen ist. Letztere sind wahre Wohlthäter ihres Ge¬<lb/> schlechts. Sie sind die Vermittler des Kapitals mit der Arbeit und die Pfleger<lb/> der Intelligenz. Sie wissen, daß diese zur richtigen Verwendung der Arbeit, sei<lb/> es zur Nohproduction, sei es zur Verfeinerung und Veredelung der rohen Er¬<lb/> zeugnisse, unerläßlich ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_1154"> Man wende mir nicht ein, daß die Kaufleute und Fabrikenunternehmer in<lb/> gewissen Gegenden durch ihr Vermögen die arbeitende Bevölkerung unterjochen<lb/> und im Drucke erhalten. Das kann nicht bestritten werden und muß eintreten,<lb/> so lange die Arbeiter in beschränkter Kurzsichtigkeit dabei verharren, nicht nur<lb/> selbst sich für eine Fertigkeit auszubilden, sondern anch ihre Kinder so einseitig<lb/> zu erziehen. So lange die schlesischen Spinner und Weber dabei verharren, ist<lb/> keine Aussicht, daß wenigstens ihre Nachkommen aus der gedrückten Lage kommen,<lb/> in welcher sie jetzt ein unwürdiges Dasein führen. Wenn ein Geschäft seinen<lb/> Mann nicht mehr genügend ernährt, so muß er es aufgeben und ein anderes<lb/> suchen. Ich weiß sehr wohl, daß die Ausführung dieses Rathes für eine arme,<lb/> aller Mittel beraubten Bevölkerung große Schwierigkeiten hat. Aber es gibt<lb/> doch kein anderes Mittel, einem solchen Zustande ein Ziel zu setzen. „Hilf dir<lb/> selbst, so wird dir Gott helfen!" wird immer die Regel bleiben. Der Staat<lb/> oder die Gemeinde sind niemals vermögend genug, ein unvortheilhaftcs Gewerbe,<lb/> was seine Genossen nicht mehr ernährt, dauernd im Betriebe zu erhalten. Noch<lb/> weniger sind einzelne Gewerbsunternchmer und Kapitalsbesitzer, beispielsweise die<lb/> schlesischen Leinwandkaufleute, vermögend genug, um den Spinnern und Webern<lb/> einen so viel höhern Lohn zu bewilligen, daß diese in eine bessere Lage gesetzt<lb/> werden. Wollten jene sich dazu bequemen, die Leinewand theurer einzukaufen,<lb/> als sie solche wieder verkaufen können, so würden sie selbst verarmen, ohne den<lb/> Spinnern und Webern geholfen zu haben.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0388]
einfache, sparsame Lebensweise den verfeinerten Klassen einen Spiegel vorhalten,
aus welchem sie ersehen können, wie man mit einem geringen Verdienst ein zu¬
friedenes und glückliches Leben fuhren könne? Während die Berliner Tauge¬
nichtse bei den Arbeiten auf den Nehbcrgen und bei dem Kanal faullenzten und
nach dem Geheiß der Demokraten sich an einzelnen Tagen auf den Plätzen der
Stadt versammelten, haben die ordentlichen Arbeiter dieser volkreichen Stadt nie
aufgehört, ihrem Berufe nachzugehen.
Ein eben so großer Unterschied, wie zwischen den bezeichneten Proletariern
und den braven Arbeitern besteht, findet auch statt zwischen verständigen Kapi-
talsverschwendern. Denn alle diejenigen, welche ihr Vermögen zur Schaustellung
verwenden und sich damit brüsten, es auch wohl hier und da zur Unterdrückung
der Unbemittelten gebrauchen, sind auf dem Wege, es zu verlieren. Sie dürfen
nicht mit den vorsichtigen Männern verwechselt werden, welche ihre Kapitalien
nur in Unternehmungen anlegen, in welchen mit hoher Wahrscheinlichkeit auf
eine gute Verzinsung zu rechnen ist. Letztere sind wahre Wohlthäter ihres Ge¬
schlechts. Sie sind die Vermittler des Kapitals mit der Arbeit und die Pfleger
der Intelligenz. Sie wissen, daß diese zur richtigen Verwendung der Arbeit, sei
es zur Nohproduction, sei es zur Verfeinerung und Veredelung der rohen Er¬
zeugnisse, unerläßlich ist.
Man wende mir nicht ein, daß die Kaufleute und Fabrikenunternehmer in
gewissen Gegenden durch ihr Vermögen die arbeitende Bevölkerung unterjochen
und im Drucke erhalten. Das kann nicht bestritten werden und muß eintreten,
so lange die Arbeiter in beschränkter Kurzsichtigkeit dabei verharren, nicht nur
selbst sich für eine Fertigkeit auszubilden, sondern anch ihre Kinder so einseitig
zu erziehen. So lange die schlesischen Spinner und Weber dabei verharren, ist
keine Aussicht, daß wenigstens ihre Nachkommen aus der gedrückten Lage kommen,
in welcher sie jetzt ein unwürdiges Dasein führen. Wenn ein Geschäft seinen
Mann nicht mehr genügend ernährt, so muß er es aufgeben und ein anderes
suchen. Ich weiß sehr wohl, daß die Ausführung dieses Rathes für eine arme,
aller Mittel beraubten Bevölkerung große Schwierigkeiten hat. Aber es gibt
doch kein anderes Mittel, einem solchen Zustande ein Ziel zu setzen. „Hilf dir
selbst, so wird dir Gott helfen!" wird immer die Regel bleiben. Der Staat
oder die Gemeinde sind niemals vermögend genug, ein unvortheilhaftcs Gewerbe,
was seine Genossen nicht mehr ernährt, dauernd im Betriebe zu erhalten. Noch
weniger sind einzelne Gewerbsunternchmer und Kapitalsbesitzer, beispielsweise die
schlesischen Leinwandkaufleute, vermögend genug, um den Spinnern und Webern
einen so viel höhern Lohn zu bewilligen, daß diese in eine bessere Lage gesetzt
werden. Wollten jene sich dazu bequemen, die Leinewand theurer einzukaufen,
als sie solche wieder verkaufen können, so würden sie selbst verarmen, ohne den
Spinnern und Webern geholfen zu haben.
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