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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band.

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das Symbol der Freiheit; weniger das Interesse für die Einheit Deutschlands,
als die chimärische Hoffnung auf eine deutsche Republik lenkte ihre Blicke nach
Frankfurt hin. Wenn daher bei den Wienern schon wegen der Initiative der
Revolution, die sie vor den andern Völkern Oestreichs ergriffen hatten, das
politische Interesse prävaliren mußte, so trat bei den Czechen gleich von Hans
aus die rein-nationale Färbung heraus. Aus nationalen Beweggründen hatten
sie mit der Anerkennung des 15. Mai so lange gezögert, bis sie sich der Gunst
der Dynastie versichert hatten; erst nachdem sie sich in dem Gnadenschein des
Monarchen gesonnt, griffen sie mit beiden Händen nach den demokratischen Er¬
rungenschaften Wiens. Ihr nationales Widerstreben gegen den Anschluß an
Deutschland suchten sie durch politische Grüude zu rechtfertigen. Darum wurden
sie durch den Radikalismus Wiens auf die Rechte gedrängt -- und die Plätze,
die sie daselbst einnahmen, waren eben nur die natürliche Consequenz der frühern
Proteste, Loyalitätsadressen, überhaupt der ganzen Politik des Nationalcomitvs.
Sowie die Wiener die deutsche Fahne als das Banner der Demokratie aufpflanz¬
ten, so verbanden wieder die Czechen das verhaßte schwarzgelb mit ihren Landes¬
farben , um die Augen der Dynastie von Wien ab auf Prag zu lenken nud sie
auf die Wichtigkeit des Slaventhums für die Aufrechthaltung des monarchischen
Princips aufmerksam zu machen. Sie trugen die Farben von Oestreich, die man
damals mit Füßen trat, ans rein nationalen Beweggründen; die Wiener legten
das schwazrothgvldne Band, die Nationalfarben von Deutschland, im Interesse der
Freiheit an. Während nun die Politik der Czechen lediglich auf einem Gefühl
beruhte, so wurde sie doch mit viel Klugheit und Ueberlegung geltend gemacht;
während die Politik der Linken, die wegen ihrem mehr demokratischen als natio¬
nalen Charakter Sache der Reflexion hätte sein sollen, durch die Unreife des
Wiener Radikalismus in die Sphäre des Gemüthes, der Declamation und Phrase
herabgezogen wurde. Die Rechte glich bisher einem stehenden Heere, an dessen
Spitze Palacky stand, der mit dem bekannten Sendschreiben an Soiron den Ru-
bieon überschritten hatte; die Linke läßt sich dagegen nur mit einer Freischaar ver¬
gleichen, die ohne bestimmte Führung und Organisation von den Bänken der
Reitschule, wie von Barrikaden herab, für die Freiheit kämpfte. Die Confusion
des Wiener Radikalismus war es aber, welche die Polen zum Anschluß an diese
parlamentarische Freischaar bestimmte. Ist doch eine jede Confusion Wasser für
ihre Mühle; sie würden sich einen Weltbrand herbeiwünschen, wenn sie nur aus
den Flammen ihre Adler zu den Wolken emporfliegen lassen könnten. Durch ihre
specifische, antiöstreichische Politik wurden sie zugleich in einen unnatürlichen Gegen¬
satz zu ihren übrigen slavischen Stammgenossen gedrängt, welche im Interesse ihrer
Nationalität ein starkes Oestreich wünschen mußten; und ebenso gingen die weni¬
gen Italiener, die in dem Reichstage saßen', ein unnatürliches Bündniß mit den


das Symbol der Freiheit; weniger das Interesse für die Einheit Deutschlands,
als die chimärische Hoffnung auf eine deutsche Republik lenkte ihre Blicke nach
Frankfurt hin. Wenn daher bei den Wienern schon wegen der Initiative der
Revolution, die sie vor den andern Völkern Oestreichs ergriffen hatten, das
politische Interesse prävaliren mußte, so trat bei den Czechen gleich von Hans
aus die rein-nationale Färbung heraus. Aus nationalen Beweggründen hatten
sie mit der Anerkennung des 15. Mai so lange gezögert, bis sie sich der Gunst
der Dynastie versichert hatten; erst nachdem sie sich in dem Gnadenschein des
Monarchen gesonnt, griffen sie mit beiden Händen nach den demokratischen Er¬
rungenschaften Wiens. Ihr nationales Widerstreben gegen den Anschluß an
Deutschland suchten sie durch politische Grüude zu rechtfertigen. Darum wurden
sie durch den Radikalismus Wiens auf die Rechte gedrängt — und die Plätze,
die sie daselbst einnahmen, waren eben nur die natürliche Consequenz der frühern
Proteste, Loyalitätsadressen, überhaupt der ganzen Politik des Nationalcomitvs.
Sowie die Wiener die deutsche Fahne als das Banner der Demokratie aufpflanz¬
ten, so verbanden wieder die Czechen das verhaßte schwarzgelb mit ihren Landes¬
farben , um die Augen der Dynastie von Wien ab auf Prag zu lenken nud sie
auf die Wichtigkeit des Slaventhums für die Aufrechthaltung des monarchischen
Princips aufmerksam zu machen. Sie trugen die Farben von Oestreich, die man
damals mit Füßen trat, ans rein nationalen Beweggründen; die Wiener legten
das schwazrothgvldne Band, die Nationalfarben von Deutschland, im Interesse der
Freiheit an. Während nun die Politik der Czechen lediglich auf einem Gefühl
beruhte, so wurde sie doch mit viel Klugheit und Ueberlegung geltend gemacht;
während die Politik der Linken, die wegen ihrem mehr demokratischen als natio¬
nalen Charakter Sache der Reflexion hätte sein sollen, durch die Unreife des
Wiener Radikalismus in die Sphäre des Gemüthes, der Declamation und Phrase
herabgezogen wurde. Die Rechte glich bisher einem stehenden Heere, an dessen
Spitze Palacky stand, der mit dem bekannten Sendschreiben an Soiron den Ru-
bieon überschritten hatte; die Linke läßt sich dagegen nur mit einer Freischaar ver¬
gleichen, die ohne bestimmte Führung und Organisation von den Bänken der
Reitschule, wie von Barrikaden herab, für die Freiheit kämpfte. Die Confusion
des Wiener Radikalismus war es aber, welche die Polen zum Anschluß an diese
parlamentarische Freischaar bestimmte. Ist doch eine jede Confusion Wasser für
ihre Mühle; sie würden sich einen Weltbrand herbeiwünschen, wenn sie nur aus
den Flammen ihre Adler zu den Wolken emporfliegen lassen könnten. Durch ihre
specifische, antiöstreichische Politik wurden sie zugleich in einen unnatürlichen Gegen¬
satz zu ihren übrigen slavischen Stammgenossen gedrängt, welche im Interesse ihrer
Nationalität ein starkes Oestreich wünschen mußten; und ebenso gingen die weni¬
gen Italiener, die in dem Reichstage saßen', ein unnatürliches Bündniß mit den


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276755/320>, abgerufen am 25.12.2024.