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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band.

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germanische Genie! Wahrhaftig lieber Sachse, Preuße oder Baier, als solch ein
souveräner Heringskopf in diesem germanischen Salate. Dieser gesinnungsvolle
Particularismus ist nichts Neues, es ist die alte Politik des armen Teufels.


Er kumm im Großen nichts verrichten,
Und fängt es nur im Kleinen an.

Anfangs überbot man sich in polternden Reden. Man sprach von sehr blu¬
tigen Revolutionen, die man noch schassen müsse, doch bedauerte mau im Voraus
jeden Tropfen Blutes. Die starke Instrumentirung dieser Reden griff meine Ner¬
ven an, ich sah schon meinen armen Kops in dem Korbe einer Guillotine liegen.
Später verwarf man jedoch alle Gewaltmaßregeln und erklärte sich für eine legale
Propaganda, denn die Zeit sei noch nicht reif für die Idee der Demokratie. Hin¬
ter dieser Phrase liegt ein Gedanke, den schwerlich Jemand ahnt, der sich uicht
in ein Coulissengespräch mit den Herren Demokraten eingelassen. Man hat viele
Gründe angegeben, warum die Berliner jetzt mir einem Male Sammtpfvtchen ge¬
ben und gegen das System der Putsche Protestiren. Daß man nach Wien sieht,
oder den Belagerungszustand vermeiden will, können Ursachen sein. Die wahren
Demokraten fürchten aber etwas Andres, sie fürchten die sogenannte honette Re¬
publik. Das ist die Langmuth gegen den Hof, das nennen sie die Unreife der
Zeit. Jetzt würde das aufstehende Proletariat doch nur kämpfen, um die Schicht
der Gesellschaft zu heben, welche Intelligenz und Wohlstand besitzt und dann wä¬
ren sie leider! in der traurigen Lage eine noch, blutigere Revolution hervorzuru¬
fen und das vermeiden sie aus -- Menschlichkeit. So vernichtet sie das eigne
Mißtrauen, es ist die alte Fabel vom Jason, der einen Fettstein unter die Dra¬
chensaat warf und die Streiter erschlugen sich untereinander. Ans diesem Grunde
haben sie Herrn Held jetzt in der öffentlichen Meinung guillotinirt. Es gibt viel
Ueberzeugte und Brave uuter den Demokraten, darum freut es mich, daß sie die¬
ser Talgfleck an der republikanischen Flagge geärgert. An Unverschämtheit freilich
übertrifft er Alle. Ich s"h, während der Kongreß tobte, zischte, höhnte und
ironisch applaudirte, Herrn Held, dem dies Alles galt, ruhig mit gekreuzten Ar¬
men dem Tumulte gegenüber und hörte aus seinem Munde ein so lautes und fre¬
ches Gelächter, daß ich ihm zugestand, er habe das Recht die erste Stimme in
diesem Concert zu singen. Held besitzt die Gabe der größten Pöbelhcrreu, er hat
den couriiAv <Jo lib Iioiite!

Lamoricier"! sagte jüngst den Deputirten bei der Frage über die Auswande¬
rung nach Algier: "Einige der Kolonisten wollen die Association, Andere nicht.
Wissen Sie, welche Leute darunter sie wollen? Diejenigen, welche die Associa¬
tion zu leiten gedenken. Sie möchten gern einen runden Hut und den schwarzen Frack
tragen, und so eine Aristokratie, einen Generalstab des Ackerbaues bilden." Das
paßt vortrefflich auch auf unsre Demokraten, die Alle solchen Beruf in sich spüren,
aber etwas Anderes paßt noch besser. Wir haben eilt Sprichwort, des Herrn Auge


30 *

germanische Genie! Wahrhaftig lieber Sachse, Preuße oder Baier, als solch ein
souveräner Heringskopf in diesem germanischen Salate. Dieser gesinnungsvolle
Particularismus ist nichts Neues, es ist die alte Politik des armen Teufels.


Er kumm im Großen nichts verrichten,
Und fängt es nur im Kleinen an.

Anfangs überbot man sich in polternden Reden. Man sprach von sehr blu¬
tigen Revolutionen, die man noch schassen müsse, doch bedauerte mau im Voraus
jeden Tropfen Blutes. Die starke Instrumentirung dieser Reden griff meine Ner¬
ven an, ich sah schon meinen armen Kops in dem Korbe einer Guillotine liegen.
Später verwarf man jedoch alle Gewaltmaßregeln und erklärte sich für eine legale
Propaganda, denn die Zeit sei noch nicht reif für die Idee der Demokratie. Hin¬
ter dieser Phrase liegt ein Gedanke, den schwerlich Jemand ahnt, der sich uicht
in ein Coulissengespräch mit den Herren Demokraten eingelassen. Man hat viele
Gründe angegeben, warum die Berliner jetzt mir einem Male Sammtpfvtchen ge¬
ben und gegen das System der Putsche Protestiren. Daß man nach Wien sieht,
oder den Belagerungszustand vermeiden will, können Ursachen sein. Die wahren
Demokraten fürchten aber etwas Andres, sie fürchten die sogenannte honette Re¬
publik. Das ist die Langmuth gegen den Hof, das nennen sie die Unreife der
Zeit. Jetzt würde das aufstehende Proletariat doch nur kämpfen, um die Schicht
der Gesellschaft zu heben, welche Intelligenz und Wohlstand besitzt und dann wä¬
ren sie leider! in der traurigen Lage eine noch, blutigere Revolution hervorzuru¬
fen und das vermeiden sie aus — Menschlichkeit. So vernichtet sie das eigne
Mißtrauen, es ist die alte Fabel vom Jason, der einen Fettstein unter die Dra¬
chensaat warf und die Streiter erschlugen sich untereinander. Ans diesem Grunde
haben sie Herrn Held jetzt in der öffentlichen Meinung guillotinirt. Es gibt viel
Ueberzeugte und Brave uuter den Demokraten, darum freut es mich, daß sie die¬
ser Talgfleck an der republikanischen Flagge geärgert. An Unverschämtheit freilich
übertrifft er Alle. Ich s"h, während der Kongreß tobte, zischte, höhnte und
ironisch applaudirte, Herrn Held, dem dies Alles galt, ruhig mit gekreuzten Ar¬
men dem Tumulte gegenüber und hörte aus seinem Munde ein so lautes und fre¬
ches Gelächter, daß ich ihm zugestand, er habe das Recht die erste Stimme in
diesem Concert zu singen. Held besitzt die Gabe der größten Pöbelhcrreu, er hat
den couriiAv <Jo lib Iioiite!

Lamoricier«! sagte jüngst den Deputirten bei der Frage über die Auswande¬
rung nach Algier: „Einige der Kolonisten wollen die Association, Andere nicht.
Wissen Sie, welche Leute darunter sie wollen? Diejenigen, welche die Associa¬
tion zu leiten gedenken. Sie möchten gern einen runden Hut und den schwarzen Frack
tragen, und so eine Aristokratie, einen Generalstab des Ackerbaues bilden." Das
paßt vortrefflich auch auf unsre Demokraten, die Alle solchen Beruf in sich spüren,
aber etwas Anderes paßt noch besser. Wir haben eilt Sprichwort, des Herrn Auge


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276755/243>, abgerufen am 25.12.2024.