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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band.

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der Aufforderung, das Haus zu versammeln, weigerte er sich, diesem Ansuchen zu ent¬
sprechen, und da er aus verschiedenen drohenden Anzeichen entnahm, daß sein Leben in
Wien gefährdet sei, flüchtete er sich nach Prag -- und in kürzester Frist fand sich die
versprengte, flüchtige Phalanx der czechischen Reichsdeputativn, 36 Mann stark, daselbst
ein. Die Linke ist sich der Volksthümlichkeit bewußt, die sie bei dem Wiener Volke ge¬
nießt, -- sie läßt sich sicher tragen von den Wogen der Bewegung, und tritt nun, im
Gefühl ihrer numerischen Macht, da ja ihre Gegner freiwillig die Plätze geräumt haben,
offen heraus mit ihrer Politik. Gleich am 6. Oktober stellte Lohner den Antrag, die
Adresse des Inhaltes an den Kaiser abzuschicken, daß er ein neues volksthümliches
Ministerium mit Beibehaltung'von Hornbostl, Dobblhos und Kraus bilde, Jellaczicz seiner
Gouverneurstelle in -Ungarn entsetze, und das letzte kaiserliche Manifest an die ungar.
Nation zurücknehme. Der Antrag wird angenommen, eine Deputation an den Kaiser
abgeschickt, von diesem aber vorläufig nur das Versprechen eines volkstümlichen Ministerimus
ertheilt. Die czechischen Deputirten dagegen, deren Politik in ver ungarischen Ange¬
legenheit dem politischen und nationalen Bewußtsein des Wiener Volkes gerade zuwider
lief, griffen zu dem verzweifelten Präventivmittcl der Flucht, und wählen dazu einen
Ort, wo sie zwar populär sind und die Majorität des Volkes hinter sich haben, wo
aber kein Reichstag verhandelt -- nämlich Prag. Hier finden sie eine ruhige, gesahr-
lose Stelle zum Protestiren. Nach wiederholter Berathung haben sie am 1!!. Oktober
ein Manifest erlassen, in welchem sie gegen die Wiener Bewegung, welcher nach ihrer
Ansicht magyarische Umtriebe zu Gründe liegen, offen aussprechen, gegen alle Beschlüsse
des Reichstages vom 6. Oktober anzusaugen, wie gegen die Uebernahme der Exccutiv-
gewalt vom Reichstage feierlich Protestiren, und nicht eher ihre Sitze daselbst einnehmen
zu wollen erklären, als bis die gesetzliche Ordnung wieder hergestellt, und allen Mit¬
gliedern der Reichsversammlung die hinreichenden Garantien der persönlichen Sicherheit
geboten sind. Zugleich fordern sie alle ihre parlamentarischen Meinungsgenossen aus,
sich zur Besprechung der nöthigen Maaßregeln sür die parlamentarische Berhandlungs-
freiheit am 20. Oktober in Brünn einzufinden. Ich zweifle keinen Augenblick, daß die
czechischen Deputaten ihre Stellung in Wien wirklich als eine gefahrvolle erkannten;
aber merkwürdig ist es doch, wie sie ihre Flucht auszubeuten, welche politische Vortheile
sie aus ihrem Rückzüge zu schöpfen suchen. Freilich bleibt ihr Protest dem Reichstag
gegenüber ein wirkungsloser; an den ehernen Paragraphen der Geschäftsordnung,
gegen die ehemals die Linke nichts vermochte, als sie die Vvrlassung der ungarischen
Deputation verlangte, prallt jetzt auch der Protest der Rechten wirkungslos ab, da dem
Reichstage trotz ihrem Austritt die beschlußfähige Zahl der Mitglieder nicht mangelt.
Sie haben durch ihre Entfernung den Reichstag zu einem Exponenten der Wiener
Stimmung gemacht, statt ihn durch ihren Einfluß daselbst über dieselbe kräftig empor¬
zuheben, damit er auch mitten in der Bewegung als Willensausdruck des östreichischen
Gesammtvolkes gellen könne. Der Reichstag in seiner jetzigen Gestalt, macht, wenn
auch uur auf kurze Zeit, Wien gleich Oestreich. Er faßt in seiner jetzigen Zusammen¬
setzung giltige'Beschlüsse für die Gcsammtmonarchie, obgleich die Deputirten des czechi¬
schen Böhmens aus ihren Sitzen fehlen, und einen guten Theil ihres Vaterlandes ohne
Vertretung lassen. -- Aber von dieser Seite allein darf jener Protest der czechischen
Deputirten nicht aufgefaßt werden. Erscheint er dem Reichstage gegenüber als wirkungs¬
los, so wird er nach einer andern Seite hin seine Wirkung nicht verfehlen. Er ist
nämlich einerseits ein offener Protest gegen den Reichstag, aber anderseits eine ver¬
steckte Loyalitätsadrcsse an die Dynastie. Wenn man übrigens die Erklärung der
czechischen Deputirten mit dem Manifest des Kaisers (Herzogenburg ". Oktober) ver--


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der Aufforderung, das Haus zu versammeln, weigerte er sich, diesem Ansuchen zu ent¬
sprechen, und da er aus verschiedenen drohenden Anzeichen entnahm, daß sein Leben in
Wien gefährdet sei, flüchtete er sich nach Prag — und in kürzester Frist fand sich die
versprengte, flüchtige Phalanx der czechischen Reichsdeputativn, 36 Mann stark, daselbst
ein. Die Linke ist sich der Volksthümlichkeit bewußt, die sie bei dem Wiener Volke ge¬
nießt, — sie läßt sich sicher tragen von den Wogen der Bewegung, und tritt nun, im
Gefühl ihrer numerischen Macht, da ja ihre Gegner freiwillig die Plätze geräumt haben,
offen heraus mit ihrer Politik. Gleich am 6. Oktober stellte Lohner den Antrag, die
Adresse des Inhaltes an den Kaiser abzuschicken, daß er ein neues volksthümliches
Ministerium mit Beibehaltung'von Hornbostl, Dobblhos und Kraus bilde, Jellaczicz seiner
Gouverneurstelle in -Ungarn entsetze, und das letzte kaiserliche Manifest an die ungar.
Nation zurücknehme. Der Antrag wird angenommen, eine Deputation an den Kaiser
abgeschickt, von diesem aber vorläufig nur das Versprechen eines volkstümlichen Ministerimus
ertheilt. Die czechischen Deputirten dagegen, deren Politik in ver ungarischen Ange¬
legenheit dem politischen und nationalen Bewußtsein des Wiener Volkes gerade zuwider
lief, griffen zu dem verzweifelten Präventivmittcl der Flucht, und wählen dazu einen
Ort, wo sie zwar populär sind und die Majorität des Volkes hinter sich haben, wo
aber kein Reichstag verhandelt — nämlich Prag. Hier finden sie eine ruhige, gesahr-
lose Stelle zum Protestiren. Nach wiederholter Berathung haben sie am 1!!. Oktober
ein Manifest erlassen, in welchem sie gegen die Wiener Bewegung, welcher nach ihrer
Ansicht magyarische Umtriebe zu Gründe liegen, offen aussprechen, gegen alle Beschlüsse
des Reichstages vom 6. Oktober anzusaugen, wie gegen die Uebernahme der Exccutiv-
gewalt vom Reichstage feierlich Protestiren, und nicht eher ihre Sitze daselbst einnehmen
zu wollen erklären, als bis die gesetzliche Ordnung wieder hergestellt, und allen Mit¬
gliedern der Reichsversammlung die hinreichenden Garantien der persönlichen Sicherheit
geboten sind. Zugleich fordern sie alle ihre parlamentarischen Meinungsgenossen aus,
sich zur Besprechung der nöthigen Maaßregeln sür die parlamentarische Berhandlungs-
freiheit am 20. Oktober in Brünn einzufinden. Ich zweifle keinen Augenblick, daß die
czechischen Deputaten ihre Stellung in Wien wirklich als eine gefahrvolle erkannten;
aber merkwürdig ist es doch, wie sie ihre Flucht auszubeuten, welche politische Vortheile
sie aus ihrem Rückzüge zu schöpfen suchen. Freilich bleibt ihr Protest dem Reichstag
gegenüber ein wirkungsloser; an den ehernen Paragraphen der Geschäftsordnung,
gegen die ehemals die Linke nichts vermochte, als sie die Vvrlassung der ungarischen
Deputation verlangte, prallt jetzt auch der Protest der Rechten wirkungslos ab, da dem
Reichstage trotz ihrem Austritt die beschlußfähige Zahl der Mitglieder nicht mangelt.
Sie haben durch ihre Entfernung den Reichstag zu einem Exponenten der Wiener
Stimmung gemacht, statt ihn durch ihren Einfluß daselbst über dieselbe kräftig empor¬
zuheben, damit er auch mitten in der Bewegung als Willensausdruck des östreichischen
Gesammtvolkes gellen könne. Der Reichstag in seiner jetzigen Gestalt, macht, wenn
auch uur auf kurze Zeit, Wien gleich Oestreich. Er faßt in seiner jetzigen Zusammen¬
setzung giltige'Beschlüsse für die Gcsammtmonarchie, obgleich die Deputirten des czechi¬
schen Böhmens aus ihren Sitzen fehlen, und einen guten Theil ihres Vaterlandes ohne
Vertretung lassen. — Aber von dieser Seite allein darf jener Protest der czechischen
Deputirten nicht aufgefaßt werden. Erscheint er dem Reichstage gegenüber als wirkungs¬
los, so wird er nach einer andern Seite hin seine Wirkung nicht verfehlen. Er ist
nämlich einerseits ein offener Protest gegen den Reichstag, aber anderseits eine ver¬
steckte Loyalitätsadrcsse an die Dynastie. Wenn man übrigens die Erklärung der
czechischen Deputirten mit dem Manifest des Kaisers (Herzogenburg «. Oktober) ver--


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[0131] der Aufforderung, das Haus zu versammeln, weigerte er sich, diesem Ansuchen zu ent¬ sprechen, und da er aus verschiedenen drohenden Anzeichen entnahm, daß sein Leben in Wien gefährdet sei, flüchtete er sich nach Prag — und in kürzester Frist fand sich die versprengte, flüchtige Phalanx der czechischen Reichsdeputativn, 36 Mann stark, daselbst ein. Die Linke ist sich der Volksthümlichkeit bewußt, die sie bei dem Wiener Volke ge¬ nießt, — sie läßt sich sicher tragen von den Wogen der Bewegung, und tritt nun, im Gefühl ihrer numerischen Macht, da ja ihre Gegner freiwillig die Plätze geräumt haben, offen heraus mit ihrer Politik. Gleich am 6. Oktober stellte Lohner den Antrag, die Adresse des Inhaltes an den Kaiser abzuschicken, daß er ein neues volksthümliches Ministerium mit Beibehaltung'von Hornbostl, Dobblhos und Kraus bilde, Jellaczicz seiner Gouverneurstelle in -Ungarn entsetze, und das letzte kaiserliche Manifest an die ungar. Nation zurücknehme. Der Antrag wird angenommen, eine Deputation an den Kaiser abgeschickt, von diesem aber vorläufig nur das Versprechen eines volkstümlichen Ministerimus ertheilt. Die czechischen Deputirten dagegen, deren Politik in ver ungarischen Ange¬ legenheit dem politischen und nationalen Bewußtsein des Wiener Volkes gerade zuwider lief, griffen zu dem verzweifelten Präventivmittcl der Flucht, und wählen dazu einen Ort, wo sie zwar populär sind und die Majorität des Volkes hinter sich haben, wo aber kein Reichstag verhandelt — nämlich Prag. Hier finden sie eine ruhige, gesahr- lose Stelle zum Protestiren. Nach wiederholter Berathung haben sie am 1!!. Oktober ein Manifest erlassen, in welchem sie gegen die Wiener Bewegung, welcher nach ihrer Ansicht magyarische Umtriebe zu Gründe liegen, offen aussprechen, gegen alle Beschlüsse des Reichstages vom 6. Oktober anzusaugen, wie gegen die Uebernahme der Exccutiv- gewalt vom Reichstage feierlich Protestiren, und nicht eher ihre Sitze daselbst einnehmen zu wollen erklären, als bis die gesetzliche Ordnung wieder hergestellt, und allen Mit¬ gliedern der Reichsversammlung die hinreichenden Garantien der persönlichen Sicherheit geboten sind. Zugleich fordern sie alle ihre parlamentarischen Meinungsgenossen aus, sich zur Besprechung der nöthigen Maaßregeln sür die parlamentarische Berhandlungs- freiheit am 20. Oktober in Brünn einzufinden. Ich zweifle keinen Augenblick, daß die czechischen Deputaten ihre Stellung in Wien wirklich als eine gefahrvolle erkannten; aber merkwürdig ist es doch, wie sie ihre Flucht auszubeuten, welche politische Vortheile sie aus ihrem Rückzüge zu schöpfen suchen. Freilich bleibt ihr Protest dem Reichstag gegenüber ein wirkungsloser; an den ehernen Paragraphen der Geschäftsordnung, gegen die ehemals die Linke nichts vermochte, als sie die Vvrlassung der ungarischen Deputation verlangte, prallt jetzt auch der Protest der Rechten wirkungslos ab, da dem Reichstage trotz ihrem Austritt die beschlußfähige Zahl der Mitglieder nicht mangelt. Sie haben durch ihre Entfernung den Reichstag zu einem Exponenten der Wiener Stimmung gemacht, statt ihn durch ihren Einfluß daselbst über dieselbe kräftig empor¬ zuheben, damit er auch mitten in der Bewegung als Willensausdruck des östreichischen Gesammtvolkes gellen könne. Der Reichstag in seiner jetzigen Gestalt, macht, wenn auch uur auf kurze Zeit, Wien gleich Oestreich. Er faßt in seiner jetzigen Zusammen¬ setzung giltige'Beschlüsse für die Gcsammtmonarchie, obgleich die Deputirten des czechi¬ schen Böhmens aus ihren Sitzen fehlen, und einen guten Theil ihres Vaterlandes ohne Vertretung lassen. — Aber von dieser Seite allein darf jener Protest der czechischen Deputirten nicht aufgefaßt werden. Erscheint er dem Reichstage gegenüber als wirkungs¬ los, so wird er nach einer andern Seite hin seine Wirkung nicht verfehlen. Er ist nämlich einerseits ein offener Protest gegen den Reichstag, aber anderseits eine ver¬ steckte Loyalitätsadrcsse an die Dynastie. Wenn man übrigens die Erklärung der czechischen Deputirten mit dem Manifest des Kaisers (Herzogenburg «. Oktober) ver-- 16"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276755/131>, abgerufen am 01.07.2024.