Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Ansinnen eines Darlehens lehnten die Stände ab, wogegen sie eine Abgabe von
200,000 Fi. in Geld und 50,000 Fi. in Getreide aus ihrem Säckel verwilligten.

Durch den Decennalrezeß vom 30. Juli 1748 wurde zwar die von weiland
Kaiserin Maria Theresia postulirte Summe von jährlichen 5,270,488 Fi. verwilliget,
jedoch i-Lcllitvl- durch 21 Klauseln wesentlich abgemindert, wovon ich nur anführen
will, daß 1) denen Ständen hievon 393,000 Fi. zur Bezahlung der Landesschul¬
den in Händen belassen blieben, und außerdem 2) die Naturalstellung der Rekru¬
ten und Remouten aufhöre, die Tranksteuer, das kleine Umgeld, das Kamerale
Ulm-um, der Tanzimpost und 107,000 von der Judensteuer den Ständen zur
Disposition überlassen werde, wie uicht minder, 3) daß von den Landesschulden
2,220,500 Fi. von Se. Majestät zur Zahlung übernommen werden, endlich 4) daß
240,000 Centner Salz den Ständen zu einem billigeren Preis, als sie es ver¬
kaufen, überlassen und gestattet werde, durch eine Vermögenssteuer, die Stemp-
lnng des Papiers und der Karten, daun die Sparkrentzer der Prager Städte
und die Weintax gegen Verrechnung einen lmiänm zur Aufbringung des Postulats
hervorzusuchen.

Um endlich auch ein Beispiel nach den, wenn auch fälschlich sogenannten Nor¬
maljahren von 1704 anzuführen, will ich annoch das mittelst Landtagsschluß vom
Jahre 1776 zu Stande gekommenen Decennalrezesses Erwähnung thun. Auch hier
wurde nur erst durch gewisse Steueruachlässe und insonderheit dnrch die Bestim¬
mung, daß vou dem SuperPlus der neuen Tranksteuer zur Crleichteruug des
Landes und nur ^. dem Aerarium verbleiben solle, das königliche Ansinnen nicht
unbedingt und vollständig, sondern nur theilweise angenommen, und fürchtete ich
nicht, Sie, meine Herren mit solchen Anführungen zu ermüden, so könnte ich noch
mehrere ähnliche Data liefern, obschon leider der größte Theil der Laudtagsacten
gänzlich abhanden gekommen ist.

Uebrigens genügt ja das bereits Gesagte vollkommen, um die Thatsache klar
zu stellen, daß die Stände ihre unabhängige Ueberzeugung in deu Landtagsver¬
handlungen zu vertreten berufen und berechtigt waren, und es meines unvorgreif-
lichen Erachtens noch sein müssen, wenn ihre Stellung gegenüber der Krone und
des Landes von irgend einem Nutzen sein soll.

Der vollgültige Rechtsbestand unserer ehrwürdigen Landesverfassung bis zum
heutigen Tag ist außerdem in der jüngsthin von einer eigenen ständischen Com¬
mission ausgearbeiteten Deduction, welche Se. Majestät in einer eigenen Diätalschrift
ihrem wesentlichen Inhalt nach unterbreitet wurde, so erschöpfend dargestellt wor¬
den, daß hierüber sich weiter zu verbreiten völlig unangemessen und überflüssig
wäre. Dagegen scheint es nöthig aus den stattgehabten Landtagsverhandlungeu
den Nachweis zu liefern, daß erstens, jedesmal die Regulirung der Stcuermodali-
täten oder die "Mo-stio -- ijiwmolZo -- einen wesentlichen Theil der Laudtags-
verhandlungen gebildet hat, und zweitens, daß die verschiedenartigsten Landesiu-


V1 *

Ansinnen eines Darlehens lehnten die Stände ab, wogegen sie eine Abgabe von
200,000 Fi. in Geld und 50,000 Fi. in Getreide aus ihrem Säckel verwilligten.

Durch den Decennalrezeß vom 30. Juli 1748 wurde zwar die von weiland
Kaiserin Maria Theresia postulirte Summe von jährlichen 5,270,488 Fi. verwilliget,
jedoch i-Lcllitvl- durch 21 Klauseln wesentlich abgemindert, wovon ich nur anführen
will, daß 1) denen Ständen hievon 393,000 Fi. zur Bezahlung der Landesschul¬
den in Händen belassen blieben, und außerdem 2) die Naturalstellung der Rekru¬
ten und Remouten aufhöre, die Tranksteuer, das kleine Umgeld, das Kamerale
Ulm-um, der Tanzimpost und 107,000 von der Judensteuer den Ständen zur
Disposition überlassen werde, wie uicht minder, 3) daß von den Landesschulden
2,220,500 Fi. von Se. Majestät zur Zahlung übernommen werden, endlich 4) daß
240,000 Centner Salz den Ständen zu einem billigeren Preis, als sie es ver¬
kaufen, überlassen und gestattet werde, durch eine Vermögenssteuer, die Stemp-
lnng des Papiers und der Karten, daun die Sparkrentzer der Prager Städte
und die Weintax gegen Verrechnung einen lmiänm zur Aufbringung des Postulats
hervorzusuchen.

Um endlich auch ein Beispiel nach den, wenn auch fälschlich sogenannten Nor¬
maljahren von 1704 anzuführen, will ich annoch das mittelst Landtagsschluß vom
Jahre 1776 zu Stande gekommenen Decennalrezesses Erwähnung thun. Auch hier
wurde nur erst durch gewisse Steueruachlässe und insonderheit dnrch die Bestim¬
mung, daß vou dem SuperPlus der neuen Tranksteuer zur Crleichteruug des
Landes und nur ^. dem Aerarium verbleiben solle, das königliche Ansinnen nicht
unbedingt und vollständig, sondern nur theilweise angenommen, und fürchtete ich
nicht, Sie, meine Herren mit solchen Anführungen zu ermüden, so könnte ich noch
mehrere ähnliche Data liefern, obschon leider der größte Theil der Laudtagsacten
gänzlich abhanden gekommen ist.

Uebrigens genügt ja das bereits Gesagte vollkommen, um die Thatsache klar
zu stellen, daß die Stände ihre unabhängige Ueberzeugung in deu Landtagsver¬
handlungen zu vertreten berufen und berechtigt waren, und es meines unvorgreif-
lichen Erachtens noch sein müssen, wenn ihre Stellung gegenüber der Krone und
des Landes von irgend einem Nutzen sein soll.

Der vollgültige Rechtsbestand unserer ehrwürdigen Landesverfassung bis zum
heutigen Tag ist außerdem in der jüngsthin von einer eigenen ständischen Com¬
mission ausgearbeiteten Deduction, welche Se. Majestät in einer eigenen Diätalschrift
ihrem wesentlichen Inhalt nach unterbreitet wurde, so erschöpfend dargestellt wor¬
den, daß hierüber sich weiter zu verbreiten völlig unangemessen und überflüssig
wäre. Dagegen scheint es nöthig aus den stattgehabten Landtagsverhandlungeu
den Nachweis zu liefern, daß erstens, jedesmal die Regulirung der Stcuermodali-
täten oder die «Mo-stio — ijiwmolZo — einen wesentlichen Theil der Laudtags-
verhandlungen gebildet hat, und zweitens, daß die verschiedenartigsten Landesiu-


V1 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0469" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/184629"/>
            <p xml:id="ID_1662" prev="#ID_1661"> Ansinnen eines Darlehens lehnten die Stände ab, wogegen sie eine Abgabe von<lb/>
200,000 Fi. in Geld und 50,000 Fi. in Getreide aus ihrem Säckel verwilligten.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1663"> Durch den Decennalrezeß vom 30. Juli 1748 wurde zwar die von weiland<lb/>
Kaiserin Maria Theresia postulirte Summe von jährlichen 5,270,488 Fi. verwilliget,<lb/>
jedoch i-Lcllitvl- durch 21 Klauseln wesentlich abgemindert, wovon ich nur anführen<lb/>
will, daß 1) denen Ständen hievon 393,000 Fi. zur Bezahlung der Landesschul¬<lb/>
den in Händen belassen blieben, und außerdem 2) die Naturalstellung der Rekru¬<lb/>
ten und Remouten aufhöre, die Tranksteuer, das kleine Umgeld, das Kamerale<lb/>
Ulm-um, der Tanzimpost und 107,000 von der Judensteuer den Ständen zur<lb/>
Disposition überlassen werde, wie uicht minder, 3) daß von den Landesschulden<lb/>
2,220,500 Fi. von Se. Majestät zur Zahlung übernommen werden, endlich 4) daß<lb/>
240,000 Centner Salz den Ständen zu einem billigeren Preis, als sie es ver¬<lb/>
kaufen, überlassen und gestattet werde, durch eine Vermögenssteuer, die Stemp-<lb/>
lnng des Papiers und der Karten, daun die Sparkrentzer der Prager Städte<lb/>
und die Weintax gegen Verrechnung einen lmiänm zur Aufbringung des Postulats<lb/>
hervorzusuchen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1664"> Um endlich auch ein Beispiel nach den, wenn auch fälschlich sogenannten Nor¬<lb/>
maljahren von 1704 anzuführen, will ich annoch das mittelst Landtagsschluß vom<lb/>
Jahre 1776 zu Stande gekommenen Decennalrezesses Erwähnung thun. Auch hier<lb/>
wurde nur erst durch gewisse Steueruachlässe und insonderheit dnrch die Bestim¬<lb/>
mung, daß vou dem SuperPlus der neuen Tranksteuer zur Crleichteruug des<lb/>
Landes und nur ^. dem Aerarium verbleiben solle, das königliche Ansinnen nicht<lb/>
unbedingt und vollständig, sondern nur theilweise angenommen, und fürchtete ich<lb/>
nicht, Sie, meine Herren mit solchen Anführungen zu ermüden, so könnte ich noch<lb/>
mehrere ähnliche Data liefern, obschon leider der größte Theil der Laudtagsacten<lb/>
gänzlich abhanden gekommen ist.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1665"> Uebrigens genügt ja das bereits Gesagte vollkommen, um die Thatsache klar<lb/>
zu stellen, daß die Stände ihre unabhängige Ueberzeugung in deu Landtagsver¬<lb/>
handlungen zu vertreten berufen und berechtigt waren, und es meines unvorgreif-<lb/>
lichen Erachtens noch sein müssen, wenn ihre Stellung gegenüber der Krone und<lb/>
des Landes von irgend einem Nutzen sein soll.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1666" next="#ID_1667"> Der vollgültige Rechtsbestand unserer ehrwürdigen Landesverfassung bis zum<lb/>
heutigen Tag ist außerdem in der jüngsthin von einer eigenen ständischen Com¬<lb/>
mission ausgearbeiteten Deduction, welche Se. Majestät in einer eigenen Diätalschrift<lb/>
ihrem wesentlichen Inhalt nach unterbreitet wurde, so erschöpfend dargestellt wor¬<lb/>
den, daß hierüber sich weiter zu verbreiten völlig unangemessen und überflüssig<lb/>
wäre. Dagegen scheint es nöthig aus den stattgehabten Landtagsverhandlungeu<lb/>
den Nachweis zu liefern, daß erstens, jedesmal die Regulirung der Stcuermodali-<lb/>
täten oder die «Mo-stio &#x2014; ijiwmolZo &#x2014; einen wesentlichen Theil der Laudtags-<lb/>
verhandlungen gebildet hat, und zweitens, daß die verschiedenartigsten Landesiu-</p><lb/>
            <fw type="sig" place="bottom"> V1 *</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0469] Ansinnen eines Darlehens lehnten die Stände ab, wogegen sie eine Abgabe von 200,000 Fi. in Geld und 50,000 Fi. in Getreide aus ihrem Säckel verwilligten. Durch den Decennalrezeß vom 30. Juli 1748 wurde zwar die von weiland Kaiserin Maria Theresia postulirte Summe von jährlichen 5,270,488 Fi. verwilliget, jedoch i-Lcllitvl- durch 21 Klauseln wesentlich abgemindert, wovon ich nur anführen will, daß 1) denen Ständen hievon 393,000 Fi. zur Bezahlung der Landesschul¬ den in Händen belassen blieben, und außerdem 2) die Naturalstellung der Rekru¬ ten und Remouten aufhöre, die Tranksteuer, das kleine Umgeld, das Kamerale Ulm-um, der Tanzimpost und 107,000 von der Judensteuer den Ständen zur Disposition überlassen werde, wie uicht minder, 3) daß von den Landesschulden 2,220,500 Fi. von Se. Majestät zur Zahlung übernommen werden, endlich 4) daß 240,000 Centner Salz den Ständen zu einem billigeren Preis, als sie es ver¬ kaufen, überlassen und gestattet werde, durch eine Vermögenssteuer, die Stemp- lnng des Papiers und der Karten, daun die Sparkrentzer der Prager Städte und die Weintax gegen Verrechnung einen lmiänm zur Aufbringung des Postulats hervorzusuchen. Um endlich auch ein Beispiel nach den, wenn auch fälschlich sogenannten Nor¬ maljahren von 1704 anzuführen, will ich annoch das mittelst Landtagsschluß vom Jahre 1776 zu Stande gekommenen Decennalrezesses Erwähnung thun. Auch hier wurde nur erst durch gewisse Steueruachlässe und insonderheit dnrch die Bestim¬ mung, daß vou dem SuperPlus der neuen Tranksteuer zur Crleichteruug des Landes und nur ^. dem Aerarium verbleiben solle, das königliche Ansinnen nicht unbedingt und vollständig, sondern nur theilweise angenommen, und fürchtete ich nicht, Sie, meine Herren mit solchen Anführungen zu ermüden, so könnte ich noch mehrere ähnliche Data liefern, obschon leider der größte Theil der Laudtagsacten gänzlich abhanden gekommen ist. Uebrigens genügt ja das bereits Gesagte vollkommen, um die Thatsache klar zu stellen, daß die Stände ihre unabhängige Ueberzeugung in deu Landtagsver¬ handlungen zu vertreten berufen und berechtigt waren, und es meines unvorgreif- lichen Erachtens noch sein müssen, wenn ihre Stellung gegenüber der Krone und des Landes von irgend einem Nutzen sein soll. Der vollgültige Rechtsbestand unserer ehrwürdigen Landesverfassung bis zum heutigen Tag ist außerdem in der jüngsthin von einer eigenen ständischen Com¬ mission ausgearbeiteten Deduction, welche Se. Majestät in einer eigenen Diätalschrift ihrem wesentlichen Inhalt nach unterbreitet wurde, so erschöpfend dargestellt wor¬ den, daß hierüber sich weiter zu verbreiten völlig unangemessen und überflüssig wäre. Dagegen scheint es nöthig aus den stattgehabten Landtagsverhandlungeu den Nachweis zu liefern, daß erstens, jedesmal die Regulirung der Stcuermodali- täten oder die «Mo-stio — ijiwmolZo — einen wesentlichen Theil der Laudtags- verhandlungen gebildet hat, und zweitens, daß die verschiedenartigsten Landesiu- V1 *

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_309659
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_309659/469
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_309659/469>, abgerufen am 28.07.2024.