Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band.Zeit herrscht. -- Hin! Also 'ne Art politischer Flüchtling? -- Ja leider, em Bisher gab es blos Geheimräthe und Gchcimsecrctärc; bald wird es auch Benag von Fr. Ludw. Herbig. -- Redacteur- I. Kuvandn. Druck von Friedrich Andrä. Zeit herrscht. — Hin! Also 'ne Art politischer Flüchtling? — Ja leider, em Bisher gab es blos Geheimräthe und Gchcimsecrctärc; bald wird es auch Benag von Fr. Ludw. Herbig. — Redacteur- I. Kuvandn. Druck von Friedrich Andrä. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0406" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/184566"/> <p xml:id="ID_1406" prev="#ID_1405"> Zeit herrscht. — Hin! Also 'ne Art politischer Flüchtling? — Ja leider, em<lb/> Emigrant. Ach, Du glaubst nicht, wie bei uns aller Unterschied der Stände<lb/> aufhört. Hasen und Kaninchen schießt jeder bürgerliche Lump, der einen Jagd¬<lb/> schein kaufen kann. Das Heiligste wird nicht mehr geachtet, und selbst der Hoch¬<lb/> adel der Waldung ist nicht sicher vor gemeiner Berührung; das Fleisch meiner<lb/> Breite kommt auf die Tafeln der Canaille, meine zartesten Kinder mußte ich von<lb/> aufgeklärten Juden fressen sehen. Das Bancrnpack hat den Respect verloren und<lb/> treibt uns mit Stock und Schießprügel von seinen Saaten! Also klagte das ma¬<lb/> gere Schwein mit den schmutzigen Borsten. — Wehe! grunzte der deutsche Eber,<lb/> dreimal weh den Wäldern, wo solche Frevel ungeahndet bleiben. Dir aber,<lb/> Deutschland, Heil! Deine Herren sind grvstgcsinnt, sie schützen des Waldes heilig<lb/> Dunkel und das Wildschwein der Romantik, damit nicht wahre Poesie und noble<lb/> Passion verschwinden von der Erde! . . . Muth! fuhr er fort. Noch ist Gast¬<lb/> lichkeit im germanischen Hainen. Aus Euren Gauen flieht das edle Schwein,<lb/> aus uusern der bürgerliche Lump, aber das jagen wir. — Ja, wir jagen es<lb/> über die weite See uach Amerika. Noch mehr! Zwiespalt herrscht unter den<lb/> Enkeln Nimrod's, denn Dn. bist im Lande der Antithierquäler, die sich mit Macht<lb/> für uns erheben. Unsere Feinde wüthen gegeneinander und Menschenblut für<lb/> Thierblut ist die Losung. . . Sich, meinem Gemahl, der Sau, stellte ein Wild¬<lb/> schütz nach nud der Jäger des Grafen wurde darob eifersüchtig. Um keine Hof¬<lb/> dame gab es je so wilden Zweikampf, wie um mein Gemahl, die San. Vorge¬<lb/> stern wittert' ich Menschenfleisch /im. Dickicht, — da lag der Wildschütz! Sein<lb/> Antlitz in den Staub gedrückt, sei^. Leib in einer Blutpfützc, ... die Kugel<lb/> hatte ihm den Rücken zerschmettert, dem Verräther. Gestern sprangen wir über<lb/> die Stätte, ich und die Sau; und hundert Schritt davon, wo der Forst am tiefsten<lb/> dunkele, lagen zwei Jägerburschc, beide Förstcrskiuder, beide prächtig durch die<lb/> Stirn geschossen. Das Blut rauchte noch. Doppelte Rache, ha, was sagst Du?<lb/> — Und mit einem Sprunge saß das Ungethüm wie ein Alp auf der Brust des<lb/> Schläfers, die Hauer fletschend, die rotheutzündctcn Augen zum Himmel aufschla¬<lb/> gend, und grunzte: — Da erwachte der Förster.</p><lb/> <p xml:id="ID_1407"> Bisher gab es blos Geheimräthe und Gchcimsecrctärc; bald wird es auch<lb/> geheime Grafen und Gräfinnen geben. Fast sämmtliche deutsche Zeitungen be¬<lb/> richten diese Woche den Text des Dcerctcs, welches Lota Montcz in den bairi-<lb/> schen Adelöstand als Gräfin Landssclo erhebt. Nur die bairischen Zeitungen,<lb/> die uns allein offiziellen Ausschluß geben mußten, beobachten das tiefste Schwei¬<lb/> gen. Sollte Sennora „Maria von Parris und Montez" zur Gehcimgräfin er¬<lb/> nannt worden sein?</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <note type="byline"> Benag von Fr. Ludw. Herbig. — Redacteur- I. Kuvandn.<lb/> Druck von Friedrich Andrä.</note><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0406]
Zeit herrscht. — Hin! Also 'ne Art politischer Flüchtling? — Ja leider, em
Emigrant. Ach, Du glaubst nicht, wie bei uns aller Unterschied der Stände
aufhört. Hasen und Kaninchen schießt jeder bürgerliche Lump, der einen Jagd¬
schein kaufen kann. Das Heiligste wird nicht mehr geachtet, und selbst der Hoch¬
adel der Waldung ist nicht sicher vor gemeiner Berührung; das Fleisch meiner
Breite kommt auf die Tafeln der Canaille, meine zartesten Kinder mußte ich von
aufgeklärten Juden fressen sehen. Das Bancrnpack hat den Respect verloren und
treibt uns mit Stock und Schießprügel von seinen Saaten! Also klagte das ma¬
gere Schwein mit den schmutzigen Borsten. — Wehe! grunzte der deutsche Eber,
dreimal weh den Wäldern, wo solche Frevel ungeahndet bleiben. Dir aber,
Deutschland, Heil! Deine Herren sind grvstgcsinnt, sie schützen des Waldes heilig
Dunkel und das Wildschwein der Romantik, damit nicht wahre Poesie und noble
Passion verschwinden von der Erde! . . . Muth! fuhr er fort. Noch ist Gast¬
lichkeit im germanischen Hainen. Aus Euren Gauen flieht das edle Schwein,
aus uusern der bürgerliche Lump, aber das jagen wir. — Ja, wir jagen es
über die weite See uach Amerika. Noch mehr! Zwiespalt herrscht unter den
Enkeln Nimrod's, denn Dn. bist im Lande der Antithierquäler, die sich mit Macht
für uns erheben. Unsere Feinde wüthen gegeneinander und Menschenblut für
Thierblut ist die Losung. . . Sich, meinem Gemahl, der Sau, stellte ein Wild¬
schütz nach nud der Jäger des Grafen wurde darob eifersüchtig. Um keine Hof¬
dame gab es je so wilden Zweikampf, wie um mein Gemahl, die San. Vorge¬
stern wittert' ich Menschenfleisch /im. Dickicht, — da lag der Wildschütz! Sein
Antlitz in den Staub gedrückt, sei^. Leib in einer Blutpfützc, ... die Kugel
hatte ihm den Rücken zerschmettert, dem Verräther. Gestern sprangen wir über
die Stätte, ich und die Sau; und hundert Schritt davon, wo der Forst am tiefsten
dunkele, lagen zwei Jägerburschc, beide Förstcrskiuder, beide prächtig durch die
Stirn geschossen. Das Blut rauchte noch. Doppelte Rache, ha, was sagst Du?
— Und mit einem Sprunge saß das Ungethüm wie ein Alp auf der Brust des
Schläfers, die Hauer fletschend, die rotheutzündctcn Augen zum Himmel aufschla¬
gend, und grunzte: — Da erwachte der Förster.
Bisher gab es blos Geheimräthe und Gchcimsecrctärc; bald wird es auch
geheime Grafen und Gräfinnen geben. Fast sämmtliche deutsche Zeitungen be¬
richten diese Woche den Text des Dcerctcs, welches Lota Montcz in den bairi-
schen Adelöstand als Gräfin Landssclo erhebt. Nur die bairischen Zeitungen,
die uns allein offiziellen Ausschluß geben mußten, beobachten das tiefste Schwei¬
gen. Sollte Sennora „Maria von Parris und Montez" zur Gehcimgräfin er¬
nannt worden sein?
Benag von Fr. Ludw. Herbig. — Redacteur- I. Kuvandn.
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Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
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