Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band.Oeconom, sondern ein Waidmann werden solle. "Dort im Forste," sagte Gegen sieben Uhr kam die Frau des Nothenbnrgers, welche in Kelbra Oeconom, sondern ein Waidmann werden solle. „Dort im Forste," sagte Gegen sieben Uhr kam die Frau des Nothenbnrgers, welche in Kelbra <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0036" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/184196"/> <p xml:id="ID_87" prev="#ID_86"> Oeconom, sondern ein Waidmann werden solle. „Dort im Forste," sagte<lb/> der alte Pächter, „da tritt kein Hagelschaden und kein Viehheerden ein, und<lb/> wenn der Sturm einmal eine Eiche abbricht, oder es stirbt Dir ein Reh,<lb/> so bist Du darum noch kein geschlagener Manu. So geh' denn hin, mein<lb/> Sohn, mit der Büchse zum grünen Walde in Gottes Namen!" — Der<lb/> Förster rauchte ans einer Nehkrone, die mit einer grünen Pfeifenschnur<lb/> geschmückt war, an der einige schöngebogene Fnchszähne befestigt waren,<lb/> weiß wie Elfenbein und scharf wie Nadeln; am Pfeifenköpfe war ein Hirsch<lb/> abgebildet, und darunter stand: „Waidmanns Heil."</p><lb/> <p xml:id="ID_88" next="#ID_89"> Gegen sieben Uhr kam die Frau des Nothenbnrgers, welche in Kelbra<lb/> wohnt, herauf, rmi ihren Mann in der Bewirthung der zu erwartenden<lb/> Gäste zu unterstützen; und noch vor Mittag wurde es nun auch sehr lebhaft<lb/> bei Einsiedlers, denn die Studenten, mehr als hundert an der Zahl,<lb/> kamen, um den Schatten in den kühlen Laubengängen der Rothenburg auf-<lb/> zusuchen, welchen sie auf dem Kyffhäuser schmerzlich vermißt hatten. In<lb/> einem der Gänge wurde eine lauge Tafel zurecht gerückt. An dieser Tafel<lb/> zechend, in den Laubengängen und in der Ruine zerstreut fand sie, nach ei¬<lb/> nem prächtigen Sonnenuntergange, die Nacht. Viele hatten sich aus den<lb/> umliegenden Dörfern, die zum Theil zwei Stunden entfernt waren, das<lb/> Nachtquartier bestellt und zogen mit Gesang in Schaaren dahin ab, um am<lb/> andern Morgen abermals die Burg Kyffhausen zu besuchen; aber eine große<lb/> Anzahl konnte sich nicht von der Rothenburg trennen, und der Einsiedler<lb/> mußte für dreißig bis vierzig Personen ein Nachtlager Herrichten. In einer<lb/> sehr geräumigen, hölzernen Bilde, die er in einiger Entfernung von seiner<lb/> Klause aufgeschlagen hat, um auch einer größeren Gesellschaft Schutz gegen<lb/> Wind und Wetter bieten zu können, schüttete er Stroh auf und überließ es<lb/> einem Jeden, sich darin eine Grube zuzubereiten. Am andern Morgen gab<lb/> es gar wunderliche Dinge von diesem Nachtlager zu erzählen. Mitten in<lb/> der Nacht war man mehrmals durch ein Rascheln des Strohs geweckt, wel¬<lb/> ches daher rührte, daß Jemand einen förmlichen Raubzug durch die Bretter¬<lb/> bude austeilte, um hier und dort einem Kameraden Stroh wegzunehmen, um<lb/> dadurch seine eigene Lage zu verbessern; so sah man bei Tagesanbruch ei¬<lb/> nen zukünftigen Pfarrherrn, der sogar seine Pausbacken behaglich mit Stroh<lb/> zugedeckt hatte, um sie vor der Nachtkühle zu schützen. — Ein anderer, der<lb/> zu viel getrunken haben mochte, fragte von Stunde zu Stunde, ob denn<lb/> Niemand seinen Rock, seinen Stock, seine Mütze, seine Brieftasche, seinen<lb/> Ring und seine Börse gefunden, da er dies Alles verloren habe, und schlief,</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0036]
Oeconom, sondern ein Waidmann werden solle. „Dort im Forste," sagte
der alte Pächter, „da tritt kein Hagelschaden und kein Viehheerden ein, und
wenn der Sturm einmal eine Eiche abbricht, oder es stirbt Dir ein Reh,
so bist Du darum noch kein geschlagener Manu. So geh' denn hin, mein
Sohn, mit der Büchse zum grünen Walde in Gottes Namen!" — Der
Förster rauchte ans einer Nehkrone, die mit einer grünen Pfeifenschnur
geschmückt war, an der einige schöngebogene Fnchszähne befestigt waren,
weiß wie Elfenbein und scharf wie Nadeln; am Pfeifenköpfe war ein Hirsch
abgebildet, und darunter stand: „Waidmanns Heil."
Gegen sieben Uhr kam die Frau des Nothenbnrgers, welche in Kelbra
wohnt, herauf, rmi ihren Mann in der Bewirthung der zu erwartenden
Gäste zu unterstützen; und noch vor Mittag wurde es nun auch sehr lebhaft
bei Einsiedlers, denn die Studenten, mehr als hundert an der Zahl,
kamen, um den Schatten in den kühlen Laubengängen der Rothenburg auf-
zusuchen, welchen sie auf dem Kyffhäuser schmerzlich vermißt hatten. In
einem der Gänge wurde eine lauge Tafel zurecht gerückt. An dieser Tafel
zechend, in den Laubengängen und in der Ruine zerstreut fand sie, nach ei¬
nem prächtigen Sonnenuntergange, die Nacht. Viele hatten sich aus den
umliegenden Dörfern, die zum Theil zwei Stunden entfernt waren, das
Nachtquartier bestellt und zogen mit Gesang in Schaaren dahin ab, um am
andern Morgen abermals die Burg Kyffhausen zu besuchen; aber eine große
Anzahl konnte sich nicht von der Rothenburg trennen, und der Einsiedler
mußte für dreißig bis vierzig Personen ein Nachtlager Herrichten. In einer
sehr geräumigen, hölzernen Bilde, die er in einiger Entfernung von seiner
Klause aufgeschlagen hat, um auch einer größeren Gesellschaft Schutz gegen
Wind und Wetter bieten zu können, schüttete er Stroh auf und überließ es
einem Jeden, sich darin eine Grube zuzubereiten. Am andern Morgen gab
es gar wunderliche Dinge von diesem Nachtlager zu erzählen. Mitten in
der Nacht war man mehrmals durch ein Rascheln des Strohs geweckt, wel¬
ches daher rührte, daß Jemand einen förmlichen Raubzug durch die Bretter¬
bude austeilte, um hier und dort einem Kameraden Stroh wegzunehmen, um
dadurch seine eigene Lage zu verbessern; so sah man bei Tagesanbruch ei¬
nen zukünftigen Pfarrherrn, der sogar seine Pausbacken behaglich mit Stroh
zugedeckt hatte, um sie vor der Nachtkühle zu schützen. — Ein anderer, der
zu viel getrunken haben mochte, fragte von Stunde zu Stunde, ob denn
Niemand seinen Rock, seinen Stock, seine Mütze, seine Brieftasche, seinen
Ring und seine Börse gefunden, da er dies Alles verloren habe, und schlief,
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |