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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band.

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nes damaligen Hofstaates. Warum sollten diese Herren auch nicht fröhlich
sein, sie brauchten durch keine Laudtagsreden ihre Regierungssorgen zu vermehren,
sie kannten die Noth der niederen Classen noch nicht, wie unsere Zeit sie
aufweist. Aber welcher Wein, der frohes Blut in die Adern gießt, wurde
auch auf diesem Bade ausgeschenkt! der köstlichste aller Rheinweine, der
Johannisberger, damals Eigenthum der Fuldaer Fürsten, wurde um die bil¬
ligsten Preise in Brückenan verkauft. Man wird es kaum glauben, aber
wir vermögen es urkundlich nachzuweisen, daß im Jahre 1790 die Flasche
Johannisberger 1774er um 48 Kreutzer verkauft wurde. Fand ja doch der
damalige Brunnenarzt Zwierleiu diesen Umstand so wichtig, daß er in
einer Brunnenschrift vom Jahre 1785 öffentlich ankündigt, daß in diesem
Jahre der Johannisberger 79er zum ersten Male verzapfet werde und der¬
selbe so vorzüglich an Geist, Stärke und lieblichem Geschmacke sei, daß die
Götter im Olympus ihren Nektar darum geben würden. Auch jetzt noch
sind die Weine, welche man in Brückenau zu trinken Gelegenheit hat, be¬
rühmt, weil dieselben ans dein Hvfkcller zu Würzburg bezogen werden, und
man so die besten rcingchaltensten Sorten der Frankenweine um billigen
Preis erhalten kann. Ueberhaupt lassen die Speisen und Getränke der
Knrtafel nichts zu wünschen übrig, die nahegelegenen, dichten Wälder liefern
schmackhaftes Wildpret, und die fischreichen Gewässer des Sinngrnndes
treffliche Lachsforellen, Aale, Krebse und den wohlschmeckenden Schmerl. Zu
wünschen wäre, daß die für Aufnahme der Kurgäste bestimmten Räumlich¬
keiten sich vergrößerten, weil sie die Menge der Fremden nicht mehr zu
fassen vermögen, wie es sich in diesem Jahre, wo der Zudrang außerordent¬
lich ist, wieder zeigt.

Brückenan's Heilquellen zeigen ihre Wirkungen besonders in Krankheiten
des Nervensystems, welche heutzutage so häufig sind; daher nennt schon Hof¬
rath Zwierlein, der über 30 Jahre die Stelle eines Brunnenarztes bekleidete,
Brückenan's Mineralwasser ein nervenfreundliches Wasser. Aber
auch die Krankheiten, welche aus dem Mangel an Blut entspringen, sowie
jene, deren Ursache eine Störung der Verdauungsorgane ist, werden leicht
durch den Gebrauch dieser segensreichen Quellen gehoben.

Vor Allem müssen wir aber dies Bad Geschäftsmännern und Gelehrten
empfehlen, die oft das ganze Jahr hindurch auf ihre Arbeitsstile gebannt
sind, an denen der Wechsel der Jahreszeiten unbemerkt vorüberzieht, die
von anstrengenden Geistesarbeiten körperlich zerrüttet und einem frühen Al¬
ter entgegengeführt werden. Sie sollten im Sommer ihren Arbeitstisch ver¬
lassen, und sich weder um ihre Bücher, noch, um das Steigen und Fallen


nes damaligen Hofstaates. Warum sollten diese Herren auch nicht fröhlich
sein, sie brauchten durch keine Laudtagsreden ihre Regierungssorgen zu vermehren,
sie kannten die Noth der niederen Classen noch nicht, wie unsere Zeit sie
aufweist. Aber welcher Wein, der frohes Blut in die Adern gießt, wurde
auch auf diesem Bade ausgeschenkt! der köstlichste aller Rheinweine, der
Johannisberger, damals Eigenthum der Fuldaer Fürsten, wurde um die bil¬
ligsten Preise in Brückenan verkauft. Man wird es kaum glauben, aber
wir vermögen es urkundlich nachzuweisen, daß im Jahre 1790 die Flasche
Johannisberger 1774er um 48 Kreutzer verkauft wurde. Fand ja doch der
damalige Brunnenarzt Zwierleiu diesen Umstand so wichtig, daß er in
einer Brunnenschrift vom Jahre 1785 öffentlich ankündigt, daß in diesem
Jahre der Johannisberger 79er zum ersten Male verzapfet werde und der¬
selbe so vorzüglich an Geist, Stärke und lieblichem Geschmacke sei, daß die
Götter im Olympus ihren Nektar darum geben würden. Auch jetzt noch
sind die Weine, welche man in Brückenau zu trinken Gelegenheit hat, be¬
rühmt, weil dieselben ans dein Hvfkcller zu Würzburg bezogen werden, und
man so die besten rcingchaltensten Sorten der Frankenweine um billigen
Preis erhalten kann. Ueberhaupt lassen die Speisen und Getränke der
Knrtafel nichts zu wünschen übrig, die nahegelegenen, dichten Wälder liefern
schmackhaftes Wildpret, und die fischreichen Gewässer des Sinngrnndes
treffliche Lachsforellen, Aale, Krebse und den wohlschmeckenden Schmerl. Zu
wünschen wäre, daß die für Aufnahme der Kurgäste bestimmten Räumlich¬
keiten sich vergrößerten, weil sie die Menge der Fremden nicht mehr zu
fassen vermögen, wie es sich in diesem Jahre, wo der Zudrang außerordent¬
lich ist, wieder zeigt.

Brückenan's Heilquellen zeigen ihre Wirkungen besonders in Krankheiten
des Nervensystems, welche heutzutage so häufig sind; daher nennt schon Hof¬
rath Zwierlein, der über 30 Jahre die Stelle eines Brunnenarztes bekleidete,
Brückenan's Mineralwasser ein nervenfreundliches Wasser. Aber
auch die Krankheiten, welche aus dem Mangel an Blut entspringen, sowie
jene, deren Ursache eine Störung der Verdauungsorgane ist, werden leicht
durch den Gebrauch dieser segensreichen Quellen gehoben.

Vor Allem müssen wir aber dies Bad Geschäftsmännern und Gelehrten
empfehlen, die oft das ganze Jahr hindurch auf ihre Arbeitsstile gebannt
sind, an denen der Wechsel der Jahreszeiten unbemerkt vorüberzieht, die
von anstrengenden Geistesarbeiten körperlich zerrüttet und einem frühen Al¬
ter entgegengeführt werden. Sie sollten im Sommer ihren Arbeitstisch ver¬
lassen, und sich weder um ihre Bücher, noch, um das Steigen und Fallen


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[0236] nes damaligen Hofstaates. Warum sollten diese Herren auch nicht fröhlich sein, sie brauchten durch keine Laudtagsreden ihre Regierungssorgen zu vermehren, sie kannten die Noth der niederen Classen noch nicht, wie unsere Zeit sie aufweist. Aber welcher Wein, der frohes Blut in die Adern gießt, wurde auch auf diesem Bade ausgeschenkt! der köstlichste aller Rheinweine, der Johannisberger, damals Eigenthum der Fuldaer Fürsten, wurde um die bil¬ ligsten Preise in Brückenan verkauft. Man wird es kaum glauben, aber wir vermögen es urkundlich nachzuweisen, daß im Jahre 1790 die Flasche Johannisberger 1774er um 48 Kreutzer verkauft wurde. Fand ja doch der damalige Brunnenarzt Zwierleiu diesen Umstand so wichtig, daß er in einer Brunnenschrift vom Jahre 1785 öffentlich ankündigt, daß in diesem Jahre der Johannisberger 79er zum ersten Male verzapfet werde und der¬ selbe so vorzüglich an Geist, Stärke und lieblichem Geschmacke sei, daß die Götter im Olympus ihren Nektar darum geben würden. Auch jetzt noch sind die Weine, welche man in Brückenau zu trinken Gelegenheit hat, be¬ rühmt, weil dieselben ans dein Hvfkcller zu Würzburg bezogen werden, und man so die besten rcingchaltensten Sorten der Frankenweine um billigen Preis erhalten kann. Ueberhaupt lassen die Speisen und Getränke der Knrtafel nichts zu wünschen übrig, die nahegelegenen, dichten Wälder liefern schmackhaftes Wildpret, und die fischreichen Gewässer des Sinngrnndes treffliche Lachsforellen, Aale, Krebse und den wohlschmeckenden Schmerl. Zu wünschen wäre, daß die für Aufnahme der Kurgäste bestimmten Räumlich¬ keiten sich vergrößerten, weil sie die Menge der Fremden nicht mehr zu fassen vermögen, wie es sich in diesem Jahre, wo der Zudrang außerordent¬ lich ist, wieder zeigt. Brückenan's Heilquellen zeigen ihre Wirkungen besonders in Krankheiten des Nervensystems, welche heutzutage so häufig sind; daher nennt schon Hof¬ rath Zwierlein, der über 30 Jahre die Stelle eines Brunnenarztes bekleidete, Brückenan's Mineralwasser ein nervenfreundliches Wasser. Aber auch die Krankheiten, welche aus dem Mangel an Blut entspringen, sowie jene, deren Ursache eine Störung der Verdauungsorgane ist, werden leicht durch den Gebrauch dieser segensreichen Quellen gehoben. Vor Allem müssen wir aber dies Bad Geschäftsmännern und Gelehrten empfehlen, die oft das ganze Jahr hindurch auf ihre Arbeitsstile gebannt sind, an denen der Wechsel der Jahreszeiten unbemerkt vorüberzieht, die von anstrengenden Geistesarbeiten körperlich zerrüttet und einem frühen Al¬ ter entgegengeführt werden. Sie sollten im Sommer ihren Arbeitstisch ver¬ lassen, und sich weder um ihre Bücher, noch, um das Steigen und Fallen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_309659/236>, abgerufen am 01.09.2024.