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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band.

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ganzen Welt die meisten Minister hatte; denn man zählte deren bis zu
sechszehn, und alle waren in Activität. Es gab mehrere Justizminister,
obgleich Einer genügen sollte." - "v. Savigny, Muster, v. Kamptz?" --
"Nein, Sie vergessen, daß wir von 1806 sprechen." -- "Ja so, es ist ja
wahr." -- "Es würde langweilig sein, von jedem Mitgliede dieser "Umi,-
sti-lütte" zu sprechen. Nur ein paar Worte über zwei. Der Baron v. Har-
denberg hat im Publikum viele sehr heiße Freunde, die er sicher nur des¬
wegen fand, weil sie den Mann nicht vom Minister zu unterscheiden
wissen. In erster Beziehung mag Herr von Hardenberg eben so viel Ach¬
tung als Liebe verdienen, in letzterer Beziehung hat er seinen Beruf nicht
erfüllt." -- S. 248.

So? -- Sie kennen also seine Bestimmung? -- Warten wir noch
eine Weile. Uns scheint es heute, daß es viel leichter ist, aus einem Mann
einen Minister, als ans einem Minister einen Mann zu machen. Sie als
Franzosenfreund sollten daran nicht zweifeln, denn seit 1789 war dort Manues-
art fast die einzige, sicher die erste Bedingung, um zu etwas zu kommen."

"Gibt es noch andere Männer unter dem Ministerhaufeu dort?"

"Von allen Ministern Preußens ist Herr von Stein derjenige, von dem
man am meisten hofft. Der Herr von Stein*)." -- S. 231.

"Der Herr von Stein" -- sie lächeln, lieber namenloser! Nur
zu >-- mir gefällt der Name: Ein Herr von Stein!"

"Kaum in's Ministerium eingetreten, hatte er das Verdienst, die Biu-
nenzolllinien aufzuheben." >-- S. 251.

Das ist schon etwas von dem Herrn von Stein!
"Herr von Stein ist nun seit dem letzten October erster Münster. Man
setzt die höchsten Hoffnungen in seine so viel gelobte Energie (si vantev),
und man hofft von ihm, daß er den Staat retten werde. Ich bin weit
entfernt, diese Hoffnungen herabstimmen zu wollen; ich gestehe zu, daß Herr
von Stein sehr hohe Eigenschaften hat. Aber ich möchte in aller Beschei¬
denheit fragen: hat er auch den glatten Boden, auf den ihn sein Amt als
erster Minister stellt, gehörig untersucht? Glaubt er, daß er durch sein Genie
alle Intriguen seiner eigenen Kaste zu hintertreiben im Stande sein wird?
Weiß er -- -- ---?" -- S. 253.

Genug, mein werther Herr. Ich weiß, daß Sie kein "Herr v. Stein"
sind, wie schön sie auch französisch sprechen. I es weiß, daß unter ähnlichen



D. E"
"8vignour <1v 8thir" setzt der Herr Versasser ironisch hinzu.
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ganzen Welt die meisten Minister hatte; denn man zählte deren bis zu
sechszehn, und alle waren in Activität. Es gab mehrere Justizminister,
obgleich Einer genügen sollte." - „v. Savigny, Muster, v. Kamptz?" —
„Nein, Sie vergessen, daß wir von 1806 sprechen." — „Ja so, es ist ja
wahr." — „Es würde langweilig sein, von jedem Mitgliede dieser „Umi,-
sti-lütte" zu sprechen. Nur ein paar Worte über zwei. Der Baron v. Har-
denberg hat im Publikum viele sehr heiße Freunde, die er sicher nur des¬
wegen fand, weil sie den Mann nicht vom Minister zu unterscheiden
wissen. In erster Beziehung mag Herr von Hardenberg eben so viel Ach¬
tung als Liebe verdienen, in letzterer Beziehung hat er seinen Beruf nicht
erfüllt." — S. 248.

So? — Sie kennen also seine Bestimmung? — Warten wir noch
eine Weile. Uns scheint es heute, daß es viel leichter ist, aus einem Mann
einen Minister, als ans einem Minister einen Mann zu machen. Sie als
Franzosenfreund sollten daran nicht zweifeln, denn seit 1789 war dort Manues-
art fast die einzige, sicher die erste Bedingung, um zu etwas zu kommen."

„Gibt es noch andere Männer unter dem Ministerhaufeu dort?"

„Von allen Ministern Preußens ist Herr von Stein derjenige, von dem
man am meisten hofft. Der Herr von Stein*)." — S. 231.

„Der Herr von Stein" — sie lächeln, lieber namenloser! Nur
zu >— mir gefällt der Name: Ein Herr von Stein!"

„Kaum in's Ministerium eingetreten, hatte er das Verdienst, die Biu-
nenzolllinien aufzuheben." >— S. 251.

Das ist schon etwas von dem Herrn von Stein!
„Herr von Stein ist nun seit dem letzten October erster Münster. Man
setzt die höchsten Hoffnungen in seine so viel gelobte Energie (si vantev),
und man hofft von ihm, daß er den Staat retten werde. Ich bin weit
entfernt, diese Hoffnungen herabstimmen zu wollen; ich gestehe zu, daß Herr
von Stein sehr hohe Eigenschaften hat. Aber ich möchte in aller Beschei¬
denheit fragen: hat er auch den glatten Boden, auf den ihn sein Amt als
erster Minister stellt, gehörig untersucht? Glaubt er, daß er durch sein Genie
alle Intriguen seiner eigenen Kaste zu hintertreiben im Stande sein wird?
Weiß er — — —-?" — S. 253.

Genug, mein werther Herr. Ich weiß, daß Sie kein „Herr v. Stein"
sind, wie schön sie auch französisch sprechen. I es weiß, daß unter ähnlichen



D. E»
„8vignour <1v 8thir" setzt der Herr Versasser ironisch hinzu.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_309659/155>, abgerufen am 01.09.2024.