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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band.

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vereinigt waren, und nachdem in Folge dessen der Preis' des Korns überall
derselbe war, sah man die Vorrathsspcicher, die nnter Friedrich II. den
Nero der Monarchie bildeten, verschwinden. -- -- Die Theurung drückte die
Industrie des Landes und vernichtete die Fabriken der Städte; das Heer
hatte keine gesicherte Grundlage mehr; eine Masse Beamten erhielt in ge¬
wisser Beziehung den Auftrag, sich bestechen zu lassen, und so fand Preußen
nur noch in seinen Handelsverbindungen mit England eine schwache Stütze."
-- S. 202, 204.

Es ist wunderbar. Auch das wiederholt sich halbwegs uach 7V Jahren
noch einmal. Den ersten Fehler des Grafen v, Schulenburg haben freilich
die Minister Preußens von 1840 zu vermeiden gewußt; diesmal überließ
mau Rußland selbst die Initiative. Aber der preußische Handel in ganz
Schlesien erhielt den Gnadenstoß durch die Krakauer Ereignisse und ihre
Folgen. Wollen sehen, welche Frucht aus diesem Saamen hervorgehen wird.
Aber man ahndet ans dem Obigen, von welcher Bedeutung die Theilung
Polens in den Ereignissen von 1806 war.


3.

Mein Führer wußte noch allerlei Scandalgeschichten von dem edlen Gra¬
fen v. Schulenburg. Auch Actienspeculatioucn, wie etwa heute in Frankreich,
scheinen damals in Preußen an der Tagesordnung gewesen zu sein. Es
ist nicht nöthig davon zu sprechen, denn das Beispiel konnte wirken, die
Versuchung ist ohnedies groß genug. -- --

-- "Die beiden Herren dort neben dem Kamin sind der Herr Cabi-
netsminister, Gras v. Haugwitz und der Geheimrath Ephraim." Im October
1805 wurde der ze. Graf nach Paris geschickt, um Napoleon Friedensvor¬
schläge zu überbringen. Der Kaiser gab ihm erst nach der Schlacht von
Austerlitz eine Audienz. Bei der Nachricht über diese Schlacht, deren Aus-
gang seiner Sendung gewiß nichts weniger als vortheilhaft war, rief er in
Gegenwart des Minister Talleyrand: "Gott sei Dank, wir haben ge¬
siegt." -- S. 232.

,,^L"kx! sprechen Sie mir vou dieser Art Gesindel nicht mehr. Gehen
wir weiter." -- "Einen Augenblick -- wollen Sie nicht wissen, wer der
Geheimrath Ephraim ist?"

"Der Jude Ephraim erhielt seinen Titel unter der Herrschaft Fried¬
rich Wilhelm II. für unbekannte Dienste in Holland. Man sagt, daß er
zweimal bankbrüchig geworden; wie dem aber auch sei, die Regierung nahm
daran keinen Anstoß. Der Herzog von Braunschweig bediente sich dieses


vereinigt waren, und nachdem in Folge dessen der Preis' des Korns überall
derselbe war, sah man die Vorrathsspcicher, die nnter Friedrich II. den
Nero der Monarchie bildeten, verschwinden. — — Die Theurung drückte die
Industrie des Landes und vernichtete die Fabriken der Städte; das Heer
hatte keine gesicherte Grundlage mehr; eine Masse Beamten erhielt in ge¬
wisser Beziehung den Auftrag, sich bestechen zu lassen, und so fand Preußen
nur noch in seinen Handelsverbindungen mit England eine schwache Stütze."
— S. 202, 204.

Es ist wunderbar. Auch das wiederholt sich halbwegs uach 7V Jahren
noch einmal. Den ersten Fehler des Grafen v, Schulenburg haben freilich
die Minister Preußens von 1840 zu vermeiden gewußt; diesmal überließ
mau Rußland selbst die Initiative. Aber der preußische Handel in ganz
Schlesien erhielt den Gnadenstoß durch die Krakauer Ereignisse und ihre
Folgen. Wollen sehen, welche Frucht aus diesem Saamen hervorgehen wird.
Aber man ahndet ans dem Obigen, von welcher Bedeutung die Theilung
Polens in den Ereignissen von 1806 war.


3.

Mein Führer wußte noch allerlei Scandalgeschichten von dem edlen Gra¬
fen v. Schulenburg. Auch Actienspeculatioucn, wie etwa heute in Frankreich,
scheinen damals in Preußen an der Tagesordnung gewesen zu sein. Es
ist nicht nöthig davon zu sprechen, denn das Beispiel konnte wirken, die
Versuchung ist ohnedies groß genug. — —

— „Die beiden Herren dort neben dem Kamin sind der Herr Cabi-
netsminister, Gras v. Haugwitz und der Geheimrath Ephraim." Im October
1805 wurde der ze. Graf nach Paris geschickt, um Napoleon Friedensvor¬
schläge zu überbringen. Der Kaiser gab ihm erst nach der Schlacht von
Austerlitz eine Audienz. Bei der Nachricht über diese Schlacht, deren Aus-
gang seiner Sendung gewiß nichts weniger als vortheilhaft war, rief er in
Gegenwart des Minister Talleyrand: „Gott sei Dank, wir haben ge¬
siegt." — S. 232.

,,^L«kx! sprechen Sie mir vou dieser Art Gesindel nicht mehr. Gehen
wir weiter." — „Einen Augenblick — wollen Sie nicht wissen, wer der
Geheimrath Ephraim ist?"

„Der Jude Ephraim erhielt seinen Titel unter der Herrschaft Fried¬
rich Wilhelm II. für unbekannte Dienste in Holland. Man sagt, daß er
zweimal bankbrüchig geworden; wie dem aber auch sei, die Regierung nahm
daran keinen Anstoß. Der Herzog von Braunschweig bediente sich dieses


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_309659/153>, abgerufen am 27.07.2024.