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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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Um diese Zeit wurden grade noch einige neue Collecturen in der Um¬
gegend errichtet, welche von einem großen Theile Hohenelber Unterthanen
weiterhin statt der ihnen entfernter gelegenen Hohenelber Collecrur benützt
wurden; demungeachtet aber wurde im Verlaufe des Jahres 1843 doch noch
aus der Hohenelber Collectur die ungeheuere und im Vergleiche zu der
Grundsteuer gewiß auffallende Summe von 26,863 Fi. 7 Kr. C. M. an
Lottogeldern aus der Hohenelber Collectur durch den obrigkeitlichen Steuer¬
einnehmer an die Kreiskasse abgeführt, nebstbei aber anch auf einige Beträge
von dem Collectaneen selbst direct durch die Post an die Kreiskasse befördert,
über deren Ziffer ich aber nicht Kenntniß erhielt.

Wenn man weiß, wie schwierig es ist, die directen Steuern einzutreiben,
wie viele Executionen siedet stattfinden, und wie viele Steuerreste dennoch
verbleiben, so muß man nicht nur staunen, man muß erschrecken über die
diesen indirecten Steuern geopferten Summen, die ans rechtlichem Wege
herbeizuschaffen nicht möglich wären, und in der That auch nur auf dem
Wege des Betruges und Verbrechens herbeigeschafft werden.

Ich habe mir damals auch erlaubt, die hiesige Gebirgs-Coon auf die
vielen nachgewiesenen Fälle von Betrug, Diebstahl, Einbruch, Raub und
Selbstmord aufmerksam zu machen, welche einzig aus der grenzenlosen Wuth
zum Lottospiele und der trügerischen Hoffnung eines Gewinnes hervorgegan¬
gen sind.

Eine andere ebenfalls sehr ernste und wichtige Frage drängt sich mir
unwillkürlich siedet noch auf; aus den ziffermäßigen Erhebungen, welche ich
so eben die Ehre hatte, hier mitzutheilen, und welchen zufolge von einer
Bevölkerung von beiläufig 2/2 in Meilen in einem Jahre 26,863 Fi. 7 Kr.
C.-M., also das sechsfache der Nusticalsteuer zu dem Lottoerträgnisse beigesteuert
worden ist, muß doch ganz folgerecht angenommen werden, daß das Erträg-
niß der Lotterie der Staatskasse eine weit größere Einnahme abwerfen sollte,
als das der directen Geldsteuer selbst. Und doch ist dies nicht der Fall,
denn es ist allgemein bekannt, daß an Lottoerträgniß nicht mehr als drei
bis vier Millionen in die Staatskasse einfließen, welche Ziffer übrigens mir
von einer Autorität im Finanzministerio, welche ich nöthigenfalls auch nen-
nen könnte, persönlich bestätigt wurde.

Es frägt sich daher, wo kommeu diese ungeheueren dem Lande entlock¬
ten Summen hin, da sie doch nicht in die Staatskasse einfließen; -- und
wenn auch -- diese sehr bedenkliche Frage jetzt nicht näher und genauer
erörtert werden kann, so ist sie doch ganz geeignet, das größte Mißtrauen
zu wecken, und die Stände noch mehr in ihrer Ueberzeugung zu bestärken,


Um diese Zeit wurden grade noch einige neue Collecturen in der Um¬
gegend errichtet, welche von einem großen Theile Hohenelber Unterthanen
weiterhin statt der ihnen entfernter gelegenen Hohenelber Collecrur benützt
wurden; demungeachtet aber wurde im Verlaufe des Jahres 1843 doch noch
aus der Hohenelber Collectur die ungeheuere und im Vergleiche zu der
Grundsteuer gewiß auffallende Summe von 26,863 Fi. 7 Kr. C. M. an
Lottogeldern aus der Hohenelber Collectur durch den obrigkeitlichen Steuer¬
einnehmer an die Kreiskasse abgeführt, nebstbei aber anch auf einige Beträge
von dem Collectaneen selbst direct durch die Post an die Kreiskasse befördert,
über deren Ziffer ich aber nicht Kenntniß erhielt.

Wenn man weiß, wie schwierig es ist, die directen Steuern einzutreiben,
wie viele Executionen siedet stattfinden, und wie viele Steuerreste dennoch
verbleiben, so muß man nicht nur staunen, man muß erschrecken über die
diesen indirecten Steuern geopferten Summen, die ans rechtlichem Wege
herbeizuschaffen nicht möglich wären, und in der That auch nur auf dem
Wege des Betruges und Verbrechens herbeigeschafft werden.

Ich habe mir damals auch erlaubt, die hiesige Gebirgs-Coon auf die
vielen nachgewiesenen Fälle von Betrug, Diebstahl, Einbruch, Raub und
Selbstmord aufmerksam zu machen, welche einzig aus der grenzenlosen Wuth
zum Lottospiele und der trügerischen Hoffnung eines Gewinnes hervorgegan¬
gen sind.

Eine andere ebenfalls sehr ernste und wichtige Frage drängt sich mir
unwillkürlich siedet noch auf; aus den ziffermäßigen Erhebungen, welche ich
so eben die Ehre hatte, hier mitzutheilen, und welchen zufolge von einer
Bevölkerung von beiläufig 2/2 in Meilen in einem Jahre 26,863 Fi. 7 Kr.
C.-M., also das sechsfache der Nusticalsteuer zu dem Lottoerträgnisse beigesteuert
worden ist, muß doch ganz folgerecht angenommen werden, daß das Erträg-
niß der Lotterie der Staatskasse eine weit größere Einnahme abwerfen sollte,
als das der directen Geldsteuer selbst. Und doch ist dies nicht der Fall,
denn es ist allgemein bekannt, daß an Lottoerträgniß nicht mehr als drei
bis vier Millionen in die Staatskasse einfließen, welche Ziffer übrigens mir
von einer Autorität im Finanzministerio, welche ich nöthigenfalls auch nen-
nen könnte, persönlich bestätigt wurde.

Es frägt sich daher, wo kommeu diese ungeheueren dem Lande entlock¬
ten Summen hin, da sie doch nicht in die Staatskasse einfließen; — und
wenn auch — diese sehr bedenkliche Frage jetzt nicht näher und genauer
erörtert werden kann, so ist sie doch ganz geeignet, das größte Mißtrauen
zu wecken, und die Stände noch mehr in ihrer Ueberzeugung zu bestärken,


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[0529] Um diese Zeit wurden grade noch einige neue Collecturen in der Um¬ gegend errichtet, welche von einem großen Theile Hohenelber Unterthanen weiterhin statt der ihnen entfernter gelegenen Hohenelber Collecrur benützt wurden; demungeachtet aber wurde im Verlaufe des Jahres 1843 doch noch aus der Hohenelber Collectur die ungeheuere und im Vergleiche zu der Grundsteuer gewiß auffallende Summe von 26,863 Fi. 7 Kr. C. M. an Lottogeldern aus der Hohenelber Collectur durch den obrigkeitlichen Steuer¬ einnehmer an die Kreiskasse abgeführt, nebstbei aber anch auf einige Beträge von dem Collectaneen selbst direct durch die Post an die Kreiskasse befördert, über deren Ziffer ich aber nicht Kenntniß erhielt. Wenn man weiß, wie schwierig es ist, die directen Steuern einzutreiben, wie viele Executionen siedet stattfinden, und wie viele Steuerreste dennoch verbleiben, so muß man nicht nur staunen, man muß erschrecken über die diesen indirecten Steuern geopferten Summen, die ans rechtlichem Wege herbeizuschaffen nicht möglich wären, und in der That auch nur auf dem Wege des Betruges und Verbrechens herbeigeschafft werden. Ich habe mir damals auch erlaubt, die hiesige Gebirgs-Coon auf die vielen nachgewiesenen Fälle von Betrug, Diebstahl, Einbruch, Raub und Selbstmord aufmerksam zu machen, welche einzig aus der grenzenlosen Wuth zum Lottospiele und der trügerischen Hoffnung eines Gewinnes hervorgegan¬ gen sind. Eine andere ebenfalls sehr ernste und wichtige Frage drängt sich mir unwillkürlich siedet noch auf; aus den ziffermäßigen Erhebungen, welche ich so eben die Ehre hatte, hier mitzutheilen, und welchen zufolge von einer Bevölkerung von beiläufig 2/2 in Meilen in einem Jahre 26,863 Fi. 7 Kr. C.-M., also das sechsfache der Nusticalsteuer zu dem Lottoerträgnisse beigesteuert worden ist, muß doch ganz folgerecht angenommen werden, daß das Erträg- niß der Lotterie der Staatskasse eine weit größere Einnahme abwerfen sollte, als das der directen Geldsteuer selbst. Und doch ist dies nicht der Fall, denn es ist allgemein bekannt, daß an Lottoerträgniß nicht mehr als drei bis vier Millionen in die Staatskasse einfließen, welche Ziffer übrigens mir von einer Autorität im Finanzministerio, welche ich nöthigenfalls auch nen- nen könnte, persönlich bestätigt wurde. Es frägt sich daher, wo kommeu diese ungeheueren dem Lande entlock¬ ten Summen hin, da sie doch nicht in die Staatskasse einfließen; — und wenn auch — diese sehr bedenkliche Frage jetzt nicht näher und genauer erörtert werden kann, so ist sie doch ganz geeignet, das größte Mißtrauen zu wecken, und die Stände noch mehr in ihrer Ueberzeugung zu bestärken,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/529>, abgerufen am 22.07.2024.