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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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herkommen, als eine unerlaubte bezeichnen, um so mehr aber, nachdem nicht
blos von den Ständen, sondern auch von anderen Seiten her die nachthei-
ligen und verderblichen Folgen des Lottospicls Sr. Maj. geschildert und um
Abhilfe gebeten worden ist, gerade jene Anlockungen, welche von den Be¬
hörden selbst ausgehen, zu den unerlaubtesten und tadelnswerthesten zählen.

Ob und welche Maßregeln die k. k. Hofkammer wirklich ergriffen habe,
um diese Unheil bringende Spielwuth einigermaßen zu beschränken, kann ich
um so weniger beurtheilen, als dieselbe sich nicht veranlaßt fand, den Stän¬
den eine nähere Mittheilung darüber zu machen; ich muß es aber geradezu
bezweifeln, daß in dieser Beziehung wirklich Etwas überhaupt veranlaßt
worden sei, weil in einem solchen Falle eine auch nicht den Ständen, doch
den mit der Pvlizeiverwaltung auf dem Lande betrauten obrigkeitlichen Aem¬
tern Etwas hätte bekannt werden müssen, oder wenigstens der Erfolg solcher
Maßregeln auf irgend eine Art bemerkbar geworden wäre; endlich schon
darum, weil geradezu Beweise des Gegentheils vorliegen, deun es gibt
wohl keine größere und wirksamere Anlockung zum Lottospiele als die Ver¬
mehrung der Collecturen, welche leider dnrch die k. k. Behörden fort und fort
begünstigt und gefördert wird, und nun dadurch das Ziel bald erreicht ha¬
ben dürste, daß jetzt beinahe schon kein noch so kleiner Ort zu finden ist,
in.welchem nicht auch eine Lottocollectur, in größeren Ortschaften aber selbst
zwei bestehen.

Die Brunner Collecturen, welche sonst nur bei einigen Collectaneen in
der Hauptstadt Prag zu finden waren, sind nun beinahe überall auf dem
Lande schon ausgebreitet, und erst in der jüngsten Zeit ist dnrch die Auf¬
stellung der Linzer Collecturen in Prag die Anlockung zum Lottospiele auf
eine wirklich unglaubliche Weise vermehrt worden.

Durch solche Facta kann es gewiß uur gerechtfertigt erscheinen, wenn
die Stände auf die Zusicherungen der Behörden nicht vertrauen, sondern
vielmehr diese k. k. Behörden geradezu beschuldigen müssen, selbst am mei¬
sten zur Förderung dieses ans so gefährliche Weise demoralisirenden Lotto¬
spiels beizutragen und die Anlockungen herbeizuführen, was doch ganz ge¬
wiß nicht in der Absicht und dein Willen Sr. k. k. Maj. liegt.

Ueber den von der k. k. Hoskammcr ausgesprochenen Beweggrund der
Verweigerung einer Mittheilung, so wie über den von der k. k. Hofkanzlei
bei diesem Anlasse in Form eines Verweises ertheilten Bescheid, halte ich es
für überflüssig, Etwas zu bemerken, da die Stände bereits bei ähnlichen
Gelegenheiten sich schon gegen derlei Anmaßungen der Behörden und das den
Ständen zugemuthete Verhältniß einer gegen die Behörden subordinirten


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herkommen, als eine unerlaubte bezeichnen, um so mehr aber, nachdem nicht
blos von den Ständen, sondern auch von anderen Seiten her die nachthei-
ligen und verderblichen Folgen des Lottospicls Sr. Maj. geschildert und um
Abhilfe gebeten worden ist, gerade jene Anlockungen, welche von den Be¬
hörden selbst ausgehen, zu den unerlaubtesten und tadelnswerthesten zählen.

Ob und welche Maßregeln die k. k. Hofkammer wirklich ergriffen habe,
um diese Unheil bringende Spielwuth einigermaßen zu beschränken, kann ich
um so weniger beurtheilen, als dieselbe sich nicht veranlaßt fand, den Stän¬
den eine nähere Mittheilung darüber zu machen; ich muß es aber geradezu
bezweifeln, daß in dieser Beziehung wirklich Etwas überhaupt veranlaßt
worden sei, weil in einem solchen Falle eine auch nicht den Ständen, doch
den mit der Pvlizeiverwaltung auf dem Lande betrauten obrigkeitlichen Aem¬
tern Etwas hätte bekannt werden müssen, oder wenigstens der Erfolg solcher
Maßregeln auf irgend eine Art bemerkbar geworden wäre; endlich schon
darum, weil geradezu Beweise des Gegentheils vorliegen, deun es gibt
wohl keine größere und wirksamere Anlockung zum Lottospiele als die Ver¬
mehrung der Collecturen, welche leider dnrch die k. k. Behörden fort und fort
begünstigt und gefördert wird, und nun dadurch das Ziel bald erreicht ha¬
ben dürste, daß jetzt beinahe schon kein noch so kleiner Ort zu finden ist,
in.welchem nicht auch eine Lottocollectur, in größeren Ortschaften aber selbst
zwei bestehen.

Die Brunner Collecturen, welche sonst nur bei einigen Collectaneen in
der Hauptstadt Prag zu finden waren, sind nun beinahe überall auf dem
Lande schon ausgebreitet, und erst in der jüngsten Zeit ist dnrch die Auf¬
stellung der Linzer Collecturen in Prag die Anlockung zum Lottospiele auf
eine wirklich unglaubliche Weise vermehrt worden.

Durch solche Facta kann es gewiß uur gerechtfertigt erscheinen, wenn
die Stände auf die Zusicherungen der Behörden nicht vertrauen, sondern
vielmehr diese k. k. Behörden geradezu beschuldigen müssen, selbst am mei¬
sten zur Förderung dieses ans so gefährliche Weise demoralisirenden Lotto¬
spiels beizutragen und die Anlockungen herbeizuführen, was doch ganz ge¬
wiß nicht in der Absicht und dein Willen Sr. k. k. Maj. liegt.

Ueber den von der k. k. Hoskammcr ausgesprochenen Beweggrund der
Verweigerung einer Mittheilung, so wie über den von der k. k. Hofkanzlei
bei diesem Anlasse in Form eines Verweises ertheilten Bescheid, halte ich es
für überflüssig, Etwas zu bemerken, da die Stände bereits bei ähnlichen
Gelegenheiten sich schon gegen derlei Anmaßungen der Behörden und das den
Ständen zugemuthete Verhältniß einer gegen die Behörden subordinirten


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[0527] herkommen, als eine unerlaubte bezeichnen, um so mehr aber, nachdem nicht blos von den Ständen, sondern auch von anderen Seiten her die nachthei- ligen und verderblichen Folgen des Lottospicls Sr. Maj. geschildert und um Abhilfe gebeten worden ist, gerade jene Anlockungen, welche von den Be¬ hörden selbst ausgehen, zu den unerlaubtesten und tadelnswerthesten zählen. Ob und welche Maßregeln die k. k. Hofkammer wirklich ergriffen habe, um diese Unheil bringende Spielwuth einigermaßen zu beschränken, kann ich um so weniger beurtheilen, als dieselbe sich nicht veranlaßt fand, den Stän¬ den eine nähere Mittheilung darüber zu machen; ich muß es aber geradezu bezweifeln, daß in dieser Beziehung wirklich Etwas überhaupt veranlaßt worden sei, weil in einem solchen Falle eine auch nicht den Ständen, doch den mit der Pvlizeiverwaltung auf dem Lande betrauten obrigkeitlichen Aem¬ tern Etwas hätte bekannt werden müssen, oder wenigstens der Erfolg solcher Maßregeln auf irgend eine Art bemerkbar geworden wäre; endlich schon darum, weil geradezu Beweise des Gegentheils vorliegen, deun es gibt wohl keine größere und wirksamere Anlockung zum Lottospiele als die Ver¬ mehrung der Collecturen, welche leider dnrch die k. k. Behörden fort und fort begünstigt und gefördert wird, und nun dadurch das Ziel bald erreicht ha¬ ben dürste, daß jetzt beinahe schon kein noch so kleiner Ort zu finden ist, in.welchem nicht auch eine Lottocollectur, in größeren Ortschaften aber selbst zwei bestehen. Die Brunner Collecturen, welche sonst nur bei einigen Collectaneen in der Hauptstadt Prag zu finden waren, sind nun beinahe überall auf dem Lande schon ausgebreitet, und erst in der jüngsten Zeit ist dnrch die Auf¬ stellung der Linzer Collecturen in Prag die Anlockung zum Lottospiele auf eine wirklich unglaubliche Weise vermehrt worden. Durch solche Facta kann es gewiß uur gerechtfertigt erscheinen, wenn die Stände auf die Zusicherungen der Behörden nicht vertrauen, sondern vielmehr diese k. k. Behörden geradezu beschuldigen müssen, selbst am mei¬ sten zur Förderung dieses ans so gefährliche Weise demoralisirenden Lotto¬ spiels beizutragen und die Anlockungen herbeizuführen, was doch ganz ge¬ wiß nicht in der Absicht und dein Willen Sr. k. k. Maj. liegt. Ueber den von der k. k. Hoskammcr ausgesprochenen Beweggrund der Verweigerung einer Mittheilung, so wie über den von der k. k. Hofkanzlei bei diesem Anlasse in Form eines Verweises ertheilten Bescheid, halte ich es für überflüssig, Etwas zu bemerken, da die Stände bereits bei ähnlichen Gelegenheiten sich schon gegen derlei Anmaßungen der Behörden und das den Ständen zugemuthete Verhältniß einer gegen die Behörden subordinirten 68"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/527>, abgerufen am 01.07.2024.