Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.ein neues, entsprechenderes Denkmal zu errichten, und diese Feierlichkeit soll in Durch den Hintritt der Hosschauspiclerin Wcissenthurn hat das Hofburg- Ueber das lächerlich unvollständige Fremdenverzeichniß, das die Wiener Hof- , Zum Beschluß noch die Neuigkeit, daß der "deutsche Paul de Kock, der Kir- ein neues, entsprechenderes Denkmal zu errichten, und diese Feierlichkeit soll in Durch den Hintritt der Hosschauspiclerin Wcissenthurn hat das Hofburg- Ueber das lächerlich unvollständige Fremdenverzeichniß, das die Wiener Hof- , Zum Beschluß noch die Neuigkeit, daß der „deutsche Paul de Kock, der Kir- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0456" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/272355"/> <p xml:id="ID_1501" prev="#ID_1500"> ein neues, entsprechenderes Denkmal zu errichten, und diese Feierlichkeit soll in<lb/> den nächsten Tagen stattfinden, wobei das gedachte Bürgerregiment paradiren und<lb/> die noch lebenden Tochter des Gefeierten erscheinen werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1502"> Durch den Hintritt der Hosschauspiclerin Wcissenthurn hat das Hofburg-<lb/> thcater eines seiner ältesten Mitglieder verloren, denn dieselbe kam noch unter<lb/> der Regierung des unvergeßlichen Kaisers Joseph II. zu diesem Kunstinstitut, und<lb/> ihr erstes Auftreten daselbst 1789 ist dadurch nicht ohne Interesse, daß an die¬<lb/> sem Abend, wo man Spieß's: „drei Töchter" gab, der edle Monarch das letzte<lb/> Mal im Theater war, das er selbst geschaffen. Im Jahre 1809 spielte Frau<lb/> v. Weissenthurn im Schlvßtheater von Schönbrunn vor Napoleon die „Phädra"<lb/> im Drama gleiches Namens, von Racine, und der Eroberer, der bekanntlich ein<lb/> Freund Talma's und Kenner der Schauspielkunst war, schien von der Leistung<lb/> so befriedigt zu sein, daß er am nächsten Tage der Künstlerin eine Gratifikation<lb/> von IZlM) Franks übersenden ließ. Das älteste lebende Mitglied des Hofburg¬<lb/> theaters ist die Verstorbene indeß keineswegs gewesen, denn noch lebt der k. k.<lb/> pensionirte Hofschauspieler Sanaras, ein Greis von 8ö Jahren, der gleich nach<lb/> der Verbannung des Hanswurstes und nach der Gründung des Burgtheaters<lb/> durch Kaiser Joseph an der neuen Kunstanstalt wirkte, wo Brokmann, Jünger<lb/> u. A. seine Genossen und Freunde waren. Sanaras hat auch eine Reihe von<lb/> Bühnenstücken geschrieben,, worunter die „Königin Johanna von Neapel," ein<lb/> Drama von poetischem Werth und bühnlichcr Wirksamkeit ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_1503"> Ueber das lächerlich unvollständige Fremdenverzeichniß, das die Wiener Hof-<lb/> zeitung täglich zu bringen pflegt, ist schon vielfach geklagt und gespottet worden,<lb/> ohne daß es darum anders geworden wäre. Tag für Tag lesen wir da die An¬<lb/> kunft jedes unbedeutenden Krautjunkers, jedes jungen Lieutenants, der an den<lb/> Hals der Mama fliegt; aber umsonst suchen wir Namen der Kunst und Wissen¬<lb/> schaft, Männer des Handels und der Industrie, an deren Aufenthalt sich tausend¬<lb/> fache Interessen von Belang ketten, und es machte nur einen komischen Eindruck,<lb/> daß in Bezug auf Jenny Lind, die als k. schwedische Hvssängerin in der Liste<lb/> prangte, eine huldreiche Ausnahme stattfand. Wie groß das Bedürfniß einer<lb/> vollständigen Frcmdcnliste, mit Angabe des Absteigequartiers, bei der täglich zu¬<lb/> strömenden Masse der. Fremden in unserer Stadt sei, bedarf keiner Auseinander¬<lb/> setzung, und es kann die nunmehr ertheilte Concession zur Herausgabe einer sol¬<lb/> chen Fremdcnliste für den Besitzer leicht eine Goldgrube werden. Vielleicht ist<lb/> es eine seltsame Fügung des Zufalls, daß der Bruder des genialen Heine in<lb/> Paris, Herr Gustav Heine — Redacteur des hiesigen Fremdenblattcs ist. Der<lb/> Name Heine als verantwortlicher Herausgeber der Wiener Frcmdcnliste, fürwahr<lb/> eS liegt eine furchtbare Ironie darin! G. Heine war früher österreichischer Dra-<lb/> goncrosfizicr und hat ein paar kleine Lustspiele geschrieben, die indeß nicht so<lb/> witzig sein sollen, als manche Zeile in den Reisebildern seines berühmten Bruders.<lb/> "</p><lb/> <p xml:id="ID_1504" next="#ID_1505"> , Zum Beschluß noch die Neuigkeit, daß der „deutsche Paul de Kock, der Kir-<lb/> chenrcsormatvr von Ma, der den ehrlichen Schwaben eine so häßliche Nase drehte,<lb/> der Doppelapostat Julian Chownitz unter seinem wahren Namen Chowanetz ge¬<lb/> genwärtig als — Diurnist in dem Bureau der k. k. Gencrnldircction der StaatS-<lb/> ciscnbahncn in der Herrcngasse ganz harmlos die Rechnungen der Bauingenieurs</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0456]
ein neues, entsprechenderes Denkmal zu errichten, und diese Feierlichkeit soll in
den nächsten Tagen stattfinden, wobei das gedachte Bürgerregiment paradiren und
die noch lebenden Tochter des Gefeierten erscheinen werden.
Durch den Hintritt der Hosschauspiclerin Wcissenthurn hat das Hofburg-
thcater eines seiner ältesten Mitglieder verloren, denn dieselbe kam noch unter
der Regierung des unvergeßlichen Kaisers Joseph II. zu diesem Kunstinstitut, und
ihr erstes Auftreten daselbst 1789 ist dadurch nicht ohne Interesse, daß an die¬
sem Abend, wo man Spieß's: „drei Töchter" gab, der edle Monarch das letzte
Mal im Theater war, das er selbst geschaffen. Im Jahre 1809 spielte Frau
v. Weissenthurn im Schlvßtheater von Schönbrunn vor Napoleon die „Phädra"
im Drama gleiches Namens, von Racine, und der Eroberer, der bekanntlich ein
Freund Talma's und Kenner der Schauspielkunst war, schien von der Leistung
so befriedigt zu sein, daß er am nächsten Tage der Künstlerin eine Gratifikation
von IZlM) Franks übersenden ließ. Das älteste lebende Mitglied des Hofburg¬
theaters ist die Verstorbene indeß keineswegs gewesen, denn noch lebt der k. k.
pensionirte Hofschauspieler Sanaras, ein Greis von 8ö Jahren, der gleich nach
der Verbannung des Hanswurstes und nach der Gründung des Burgtheaters
durch Kaiser Joseph an der neuen Kunstanstalt wirkte, wo Brokmann, Jünger
u. A. seine Genossen und Freunde waren. Sanaras hat auch eine Reihe von
Bühnenstücken geschrieben,, worunter die „Königin Johanna von Neapel," ein
Drama von poetischem Werth und bühnlichcr Wirksamkeit ist.
Ueber das lächerlich unvollständige Fremdenverzeichniß, das die Wiener Hof-
zeitung täglich zu bringen pflegt, ist schon vielfach geklagt und gespottet worden,
ohne daß es darum anders geworden wäre. Tag für Tag lesen wir da die An¬
kunft jedes unbedeutenden Krautjunkers, jedes jungen Lieutenants, der an den
Hals der Mama fliegt; aber umsonst suchen wir Namen der Kunst und Wissen¬
schaft, Männer des Handels und der Industrie, an deren Aufenthalt sich tausend¬
fache Interessen von Belang ketten, und es machte nur einen komischen Eindruck,
daß in Bezug auf Jenny Lind, die als k. schwedische Hvssängerin in der Liste
prangte, eine huldreiche Ausnahme stattfand. Wie groß das Bedürfniß einer
vollständigen Frcmdcnliste, mit Angabe des Absteigequartiers, bei der täglich zu¬
strömenden Masse der. Fremden in unserer Stadt sei, bedarf keiner Auseinander¬
setzung, und es kann die nunmehr ertheilte Concession zur Herausgabe einer sol¬
chen Fremdcnliste für den Besitzer leicht eine Goldgrube werden. Vielleicht ist
es eine seltsame Fügung des Zufalls, daß der Bruder des genialen Heine in
Paris, Herr Gustav Heine — Redacteur des hiesigen Fremdenblattcs ist. Der
Name Heine als verantwortlicher Herausgeber der Wiener Frcmdcnliste, fürwahr
eS liegt eine furchtbare Ironie darin! G. Heine war früher österreichischer Dra-
goncrosfizicr und hat ein paar kleine Lustspiele geschrieben, die indeß nicht so
witzig sein sollen, als manche Zeile in den Reisebildern seines berühmten Bruders.
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, Zum Beschluß noch die Neuigkeit, daß der „deutsche Paul de Kock, der Kir-
chenrcsormatvr von Ma, der den ehrlichen Schwaben eine so häßliche Nase drehte,
der Doppelapostat Julian Chownitz unter seinem wahren Namen Chowanetz ge¬
genwärtig als — Diurnist in dem Bureau der k. k. Gencrnldircction der StaatS-
ciscnbahncn in der Herrcngasse ganz harmlos die Rechnungen der Bauingenieurs
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