Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Binnenländer Deutschlands sind aber gewöhnlich auch die am stärksten bevölker¬
ten, bekommen also so schon weit größere Einnahmen ans der Vereinskasse,
wie die schwachbevölkerten. Diese haben aber wieder dieselben Ausgaben für
die Beförderung, da dieselben ja sehr viel von der Weite des Weges, welche
die Postwagen täglich durchlaufen müssen, bedingt werden. Daher werden
bei sonst gleichen Verhältnissen, wie sie der Verein herbeiführt, die schwach-
bevölkerteu Länder so schou immer verhältnißmäßig geringeren Reinertrag
aus ihren Posteinkünften ziehen, wie die starkbevölkerten, und es ist daher
nicht mehr als billig, daß hierdurch eine kleine Ausgleichung geschieht.
Jetzt ist daher auch in den schwachbevölkerten norddeutschen Staaten das
Brief- und Personenporto höher wie in den süddeutschen, da man auf diese
Weise einen höheren Reinertrag zu erhalten glaubt. Uebrigens wird der
Transitverkehr des Vereins selbst wohl fast in allen Ländern desselben
gleich bleiben, da selbst die Küstenstaaten, in Folge der sich von Jahr zu
Jahr mehrenden Seeverbinduugen nach überseeischen Staaten, immer größere
Transitosendnugen ans ganz Deutschland empfangen werden. Sollte übri-
gens erweislich ein oder der andere Staat zu große" Nachtheil oder Vor¬
theil von einer solchen Vertheilnng haben, so brauchte deshalb das ganze
Prinzip derselben doch nicht gleich verworfen zu werden, sondern es könnte
ja leicht eine Ausgleichung auf ein oder die andere Weise stattfinden. Sol¬
ches geschieht ja auch bei der Vertheilung der Einnahme beim Zollverein,
wo z. B. Frankfurt, in Folge seiner besonderen Verhältnisse, eine weit
höhere Einnahmsqnote bezieht als es sonst der Kopfzahl nach der Fall
sein würde.

Nach dieser allgemeinen Vereinbarung über die Ausdehnung des Ver¬
eines selbst, wäre eine Hauptaufgabe des Congresses, das Portosystem mit
allen seinen Taxen und Progressionen zu entwerfen, und auch hier gäbe es
wohl anfänglich gar manche Differenzen, und viele Schwierigkeiten würden
zu besiegen sein, bevor man das Rechte getroffen hätte. Das unser Porto,
besonders für Gelder und kleine Packete, fast überall in ganz Deutschland,
Oesterreich ausgenommen, viel zu hoch ist und eiuer bedeutenden Ermäßi¬
gung bedarf, wenn nicht das ganze öffentliche Leben in allen seinen Ver¬
hältnissen ganz unberechenbare" Schaden darunter leiden soll, ist anerkannt,
und auch selbst unsere meisten Regierungen sind mit einer Herabsetzung des¬
selben einverstanden. Es fragt sich also nur hier, wie weit dieselbe gehen
soll. Das englische Pennysystem, wie Manche wollen, schon jetzt durch¬
gängig anzunehmen, halten wir nicht für ganz zweckmäßig, da wir glauben,
daß Deutschland in seinen meisten Theilen noch nicht genugsam bevölkert,


40*

Binnenländer Deutschlands sind aber gewöhnlich auch die am stärksten bevölker¬
ten, bekommen also so schon weit größere Einnahmen ans der Vereinskasse,
wie die schwachbevölkerten. Diese haben aber wieder dieselben Ausgaben für
die Beförderung, da dieselben ja sehr viel von der Weite des Weges, welche
die Postwagen täglich durchlaufen müssen, bedingt werden. Daher werden
bei sonst gleichen Verhältnissen, wie sie der Verein herbeiführt, die schwach-
bevölkerteu Länder so schou immer verhältnißmäßig geringeren Reinertrag
aus ihren Posteinkünften ziehen, wie die starkbevölkerten, und es ist daher
nicht mehr als billig, daß hierdurch eine kleine Ausgleichung geschieht.
Jetzt ist daher auch in den schwachbevölkerten norddeutschen Staaten das
Brief- und Personenporto höher wie in den süddeutschen, da man auf diese
Weise einen höheren Reinertrag zu erhalten glaubt. Uebrigens wird der
Transitverkehr des Vereins selbst wohl fast in allen Ländern desselben
gleich bleiben, da selbst die Küstenstaaten, in Folge der sich von Jahr zu
Jahr mehrenden Seeverbinduugen nach überseeischen Staaten, immer größere
Transitosendnugen ans ganz Deutschland empfangen werden. Sollte übri-
gens erweislich ein oder der andere Staat zu große» Nachtheil oder Vor¬
theil von einer solchen Vertheilnng haben, so brauchte deshalb das ganze
Prinzip derselben doch nicht gleich verworfen zu werden, sondern es könnte
ja leicht eine Ausgleichung auf ein oder die andere Weise stattfinden. Sol¬
ches geschieht ja auch bei der Vertheilung der Einnahme beim Zollverein,
wo z. B. Frankfurt, in Folge seiner besonderen Verhältnisse, eine weit
höhere Einnahmsqnote bezieht als es sonst der Kopfzahl nach der Fall
sein würde.

Nach dieser allgemeinen Vereinbarung über die Ausdehnung des Ver¬
eines selbst, wäre eine Hauptaufgabe des Congresses, das Portosystem mit
allen seinen Taxen und Progressionen zu entwerfen, und auch hier gäbe es
wohl anfänglich gar manche Differenzen, und viele Schwierigkeiten würden
zu besiegen sein, bevor man das Rechte getroffen hätte. Das unser Porto,
besonders für Gelder und kleine Packete, fast überall in ganz Deutschland,
Oesterreich ausgenommen, viel zu hoch ist und eiuer bedeutenden Ermäßi¬
gung bedarf, wenn nicht das ganze öffentliche Leben in allen seinen Ver¬
hältnissen ganz unberechenbare» Schaden darunter leiden soll, ist anerkannt,
und auch selbst unsere meisten Regierungen sind mit einer Herabsetzung des¬
selben einverstanden. Es fragt sich also nur hier, wie weit dieselbe gehen
soll. Das englische Pennysystem, wie Manche wollen, schon jetzt durch¬
gängig anzunehmen, halten wir nicht für ganz zweckmäßig, da wir glauben,
daß Deutschland in seinen meisten Theilen noch nicht genugsam bevölkert,


40*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0311" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/272210"/>
            <p xml:id="ID_1091" prev="#ID_1090"> Binnenländer Deutschlands sind aber gewöhnlich auch die am stärksten bevölker¬<lb/>
ten, bekommen also so schon weit größere Einnahmen ans der Vereinskasse,<lb/>
wie die schwachbevölkerten. Diese haben aber wieder dieselben Ausgaben für<lb/>
die Beförderung, da dieselben ja sehr viel von der Weite des Weges, welche<lb/>
die Postwagen täglich durchlaufen müssen, bedingt werden. Daher werden<lb/>
bei sonst gleichen Verhältnissen, wie sie der Verein herbeiführt, die schwach-<lb/>
bevölkerteu Länder so schou immer verhältnißmäßig geringeren Reinertrag<lb/>
aus ihren Posteinkünften ziehen, wie die starkbevölkerten, und es ist daher<lb/>
nicht mehr als billig, daß hierdurch eine kleine Ausgleichung geschieht.<lb/>
Jetzt ist daher auch in den schwachbevölkerten norddeutschen Staaten das<lb/>
Brief- und Personenporto höher wie in den süddeutschen, da man auf diese<lb/>
Weise einen höheren Reinertrag zu erhalten glaubt. Uebrigens wird der<lb/>
Transitverkehr des Vereins selbst wohl fast in allen Ländern desselben<lb/>
gleich bleiben, da selbst die Küstenstaaten, in Folge der sich von Jahr zu<lb/>
Jahr mehrenden Seeverbinduugen nach überseeischen Staaten, immer größere<lb/>
Transitosendnugen ans ganz Deutschland empfangen werden. Sollte übri-<lb/>
gens erweislich ein oder der andere Staat zu große» Nachtheil oder Vor¬<lb/>
theil von einer solchen Vertheilnng haben, so brauchte deshalb das ganze<lb/>
Prinzip derselben doch nicht gleich verworfen zu werden, sondern es könnte<lb/>
ja leicht eine Ausgleichung auf ein oder die andere Weise stattfinden. Sol¬<lb/>
ches geschieht ja auch bei der Vertheilung der Einnahme beim Zollverein,<lb/>
wo z. B. Frankfurt, in Folge seiner besonderen Verhältnisse, eine weit<lb/>
höhere Einnahmsqnote bezieht als es sonst der Kopfzahl nach der Fall<lb/>
sein würde.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1092" next="#ID_1093"> Nach dieser allgemeinen Vereinbarung über die Ausdehnung des Ver¬<lb/>
eines selbst, wäre eine Hauptaufgabe des Congresses, das Portosystem mit<lb/>
allen seinen Taxen und Progressionen zu entwerfen, und auch hier gäbe es<lb/>
wohl anfänglich gar manche Differenzen, und viele Schwierigkeiten würden<lb/>
zu besiegen sein, bevor man das Rechte getroffen hätte. Das unser Porto,<lb/>
besonders für Gelder und kleine Packete, fast überall in ganz Deutschland,<lb/>
Oesterreich ausgenommen, viel zu hoch ist und eiuer bedeutenden Ermäßi¬<lb/>
gung bedarf, wenn nicht das ganze öffentliche Leben in allen seinen Ver¬<lb/>
hältnissen ganz unberechenbare» Schaden darunter leiden soll, ist anerkannt,<lb/>
und auch selbst unsere meisten Regierungen sind mit einer Herabsetzung des¬<lb/>
selben einverstanden. Es fragt sich also nur hier, wie weit dieselbe gehen<lb/>
soll. Das englische Pennysystem, wie Manche wollen, schon jetzt durch¬<lb/>
gängig anzunehmen, halten wir nicht für ganz zweckmäßig, da wir glauben,<lb/>
daß Deutschland in seinen meisten Theilen noch nicht genugsam bevölkert,</p><lb/>
            <fw type="sig" place="bottom"> 40*</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0311] Binnenländer Deutschlands sind aber gewöhnlich auch die am stärksten bevölker¬ ten, bekommen also so schon weit größere Einnahmen ans der Vereinskasse, wie die schwachbevölkerten. Diese haben aber wieder dieselben Ausgaben für die Beförderung, da dieselben ja sehr viel von der Weite des Weges, welche die Postwagen täglich durchlaufen müssen, bedingt werden. Daher werden bei sonst gleichen Verhältnissen, wie sie der Verein herbeiführt, die schwach- bevölkerteu Länder so schou immer verhältnißmäßig geringeren Reinertrag aus ihren Posteinkünften ziehen, wie die starkbevölkerten, und es ist daher nicht mehr als billig, daß hierdurch eine kleine Ausgleichung geschieht. Jetzt ist daher auch in den schwachbevölkerten norddeutschen Staaten das Brief- und Personenporto höher wie in den süddeutschen, da man auf diese Weise einen höheren Reinertrag zu erhalten glaubt. Uebrigens wird der Transitverkehr des Vereins selbst wohl fast in allen Ländern desselben gleich bleiben, da selbst die Küstenstaaten, in Folge der sich von Jahr zu Jahr mehrenden Seeverbinduugen nach überseeischen Staaten, immer größere Transitosendnugen ans ganz Deutschland empfangen werden. Sollte übri- gens erweislich ein oder der andere Staat zu große» Nachtheil oder Vor¬ theil von einer solchen Vertheilnng haben, so brauchte deshalb das ganze Prinzip derselben doch nicht gleich verworfen zu werden, sondern es könnte ja leicht eine Ausgleichung auf ein oder die andere Weise stattfinden. Sol¬ ches geschieht ja auch bei der Vertheilung der Einnahme beim Zollverein, wo z. B. Frankfurt, in Folge seiner besonderen Verhältnisse, eine weit höhere Einnahmsqnote bezieht als es sonst der Kopfzahl nach der Fall sein würde. Nach dieser allgemeinen Vereinbarung über die Ausdehnung des Ver¬ eines selbst, wäre eine Hauptaufgabe des Congresses, das Portosystem mit allen seinen Taxen und Progressionen zu entwerfen, und auch hier gäbe es wohl anfänglich gar manche Differenzen, und viele Schwierigkeiten würden zu besiegen sein, bevor man das Rechte getroffen hätte. Das unser Porto, besonders für Gelder und kleine Packete, fast überall in ganz Deutschland, Oesterreich ausgenommen, viel zu hoch ist und eiuer bedeutenden Ermäßi¬ gung bedarf, wenn nicht das ganze öffentliche Leben in allen seinen Ver¬ hältnissen ganz unberechenbare» Schaden darunter leiden soll, ist anerkannt, und auch selbst unsere meisten Regierungen sind mit einer Herabsetzung des¬ selben einverstanden. Es fragt sich also nur hier, wie weit dieselbe gehen soll. Das englische Pennysystem, wie Manche wollen, schon jetzt durch¬ gängig anzunehmen, halten wir nicht für ganz zweckmäßig, da wir glauben, daß Deutschland in seinen meisten Theilen noch nicht genugsam bevölkert, 40*

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/311
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/311>, abgerufen am 22.07.2024.