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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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land vorrücken, sich aber immer ans der Höhe des linken Flügels der Rhein-
armee halten sollte. Das Centrum und der rechte Flügel dieses zweiten
Corps sollte in Schwaben vordringen bis zu den Tyroler Alpen, um sich
von da ans mit der italienischen Armee zu vereinigen, und so dem Kaiser
in seiner eigenen Hauptstadt den Frieden zu dictiren.

Oesterreich sah die Gefahr und rüstete sich; während Wurmser mit Ver¬
stärkungen nach Italien geschickt wurde, erhielt der junge Erzherzog das Ge-
ueralcommando der deutschen Armee.

Wer die Operationen dieses schönen Nheinscldzuges genauer keimen ler¬
nen will, findet die Details in einem Werk des Erzherzogs selbst, in den
Memoiren von Iomini, und in Thiers; ich begnüge mich hier mit einer Skizze.
Die beiden Heere waren ziemlich gleich stark, auf jeder Seite etwa 150,000
Maun. Die Franzosen hatten zwei ausgezeichnete Generale, aber sie agirten
abgesondert und in einer großen Entfernung von einander. Jourdan drang
über Düsseldorf in Deutschland ein, Moreau über Haßberg, die beiden öster¬
reichischen Armeen wichen anfänglich. Nach einer langen Reihe von Käm¬
pfen drang Moreau über die Donau in Baiern ein. Der Zweck des Erz¬
herzogs, indem er sich auf die Donan lehnte, war sich zu concentriren, um
auf jede einzelne der beiden Armeen mit überlegener Masse einwirken zu
können. Indeß bemühte sich Jourdan, Wartensleben nach Böhmen zu drängen;
dieser war aus dem Punkt, diese falsche Bewegung zu machen, als plötzlich
der Erzherzog, nachdem er Moreau die mörderische Schlacht bei Neresheim
geliefert und General Latour mit 30,000 Mann zu seiner Beobachtung zu¬
rückgelassen hatte, sich schnell mit 25,000 Mann dem Wartensleben'schen
Corps näherte, sich mit ihm vereinigte, und gemeinschaftlich auf Jourdan
eindrang. Dieser suchte zu entkommen, aber er wurde (24. August) ereilt,
auf verschiedenen Punkten zugleich angegriffen und völlig geschlagen. Bei
Würzburg suchte er seine zerstreuten Truppen zu sammeln, aber der Erzher¬
zog folgte ihm auf dem Fuße, und griff ihn (3. September) von Neuem an.
Der linke Flügel der Oesterreicher wurde anfangs zurückgeschlagen, aber der
Erzherzog schickt Wartensleben über den Main, um den Franzosen von da in
den Rücken zu fallen. Vier und zwanzig Escadronen österreichischer Küras¬
siere durchschwammen den Main, und unterstützt von acht Grenadier¬
bataillonen, zwangen sie die Franzosen zu wilder Flucht. So wurde Jourdan,
nachdem er während eines Vierteljahres Wartensleben bis an die böhmische
Grenze gedrängt hatte, seinerseits durch die kühne Wendung des Erzherzogs,
in 25 Tagen von der böhmischen Grenze bis unter die Mauern von Düssel¬
dorf zurückgetrieben.


land vorrücken, sich aber immer ans der Höhe des linken Flügels der Rhein-
armee halten sollte. Das Centrum und der rechte Flügel dieses zweiten
Corps sollte in Schwaben vordringen bis zu den Tyroler Alpen, um sich
von da ans mit der italienischen Armee zu vereinigen, und so dem Kaiser
in seiner eigenen Hauptstadt den Frieden zu dictiren.

Oesterreich sah die Gefahr und rüstete sich; während Wurmser mit Ver¬
stärkungen nach Italien geschickt wurde, erhielt der junge Erzherzog das Ge-
ueralcommando der deutschen Armee.

Wer die Operationen dieses schönen Nheinscldzuges genauer keimen ler¬
nen will, findet die Details in einem Werk des Erzherzogs selbst, in den
Memoiren von Iomini, und in Thiers; ich begnüge mich hier mit einer Skizze.
Die beiden Heere waren ziemlich gleich stark, auf jeder Seite etwa 150,000
Maun. Die Franzosen hatten zwei ausgezeichnete Generale, aber sie agirten
abgesondert und in einer großen Entfernung von einander. Jourdan drang
über Düsseldorf in Deutschland ein, Moreau über Haßberg, die beiden öster¬
reichischen Armeen wichen anfänglich. Nach einer langen Reihe von Käm¬
pfen drang Moreau über die Donau in Baiern ein. Der Zweck des Erz¬
herzogs, indem er sich auf die Donan lehnte, war sich zu concentriren, um
auf jede einzelne der beiden Armeen mit überlegener Masse einwirken zu
können. Indeß bemühte sich Jourdan, Wartensleben nach Böhmen zu drängen;
dieser war aus dem Punkt, diese falsche Bewegung zu machen, als plötzlich
der Erzherzog, nachdem er Moreau die mörderische Schlacht bei Neresheim
geliefert und General Latour mit 30,000 Mann zu seiner Beobachtung zu¬
rückgelassen hatte, sich schnell mit 25,000 Mann dem Wartensleben'schen
Corps näherte, sich mit ihm vereinigte, und gemeinschaftlich auf Jourdan
eindrang. Dieser suchte zu entkommen, aber er wurde (24. August) ereilt,
auf verschiedenen Punkten zugleich angegriffen und völlig geschlagen. Bei
Würzburg suchte er seine zerstreuten Truppen zu sammeln, aber der Erzher¬
zog folgte ihm auf dem Fuße, und griff ihn (3. September) von Neuem an.
Der linke Flügel der Oesterreicher wurde anfangs zurückgeschlagen, aber der
Erzherzog schickt Wartensleben über den Main, um den Franzosen von da in
den Rücken zu fallen. Vier und zwanzig Escadronen österreichischer Küras¬
siere durchschwammen den Main, und unterstützt von acht Grenadier¬
bataillonen, zwangen sie die Franzosen zu wilder Flucht. So wurde Jourdan,
nachdem er während eines Vierteljahres Wartensleben bis an die böhmische
Grenze gedrängt hatte, seinerseits durch die kühne Wendung des Erzherzogs,
in 25 Tagen von der böhmischen Grenze bis unter die Mauern von Düssel¬
dorf zurückgetrieben.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/250>, abgerufen am 22.07.2024.