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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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immer nur vereinzelt da und hat wohl großen Werth für die nächste
Umgebung, aber nur sehr geringen für das gesammte Deutschland. Es fehlt
unserem Postwesen die Einheit, und so lange diese mangelt, helfen alle ande¬
ren Verbesserungen nur sehr wenig. Darum ist das Postwesen Frankreichs,
Englands, Oesterreichs, ja selbst Rußlands in der Hauptsache besser und
den Bedürfnissen des Publikums viel entsprechender, als das unserer ein¬
zelnen deutschen Staaten. Besonders je kleiner diese sind, desto weniger wer¬
den alle einzelnen Verbesserungen fruchten, denn sie werden immer für sich
isolirt dastehen und nach wenigen Meilen schon aufhören; und darum grade
ist diesen vor allem Andern ein gemeinsanier PostVerein ein so dringendes
Bedürfniß. Wir leben in einer Zeit, wo sich das Bedürfniß nach immer
größerer Vereinigung aller verschiedenen deutschen Staaten stets dringender
herausstellt. Vieles haben wir in den letzten 15 Jahren schon hierin gelei¬
stet; dies wollen wir dankbar anerkennen, aber uns dabei auch uicht verhelf
im, daß uoch unendlich viel hierin zu thun übrig bleibt, und große früher
geschehene Versäumnisse noch nachzuholen siud. Wir haben jetzt eine so ziem¬
lich gemeinsame Militärverfassung in ganz Deutschland, und wie unser Wehr¬
system dadurch an innerer Stärke gewonnen hat, ist allgemein erkannt; ein
gemeinsamer Zollverein umfaßt einen sehr bedeutenden Theil unserer deutschen
Brüder, und Alle, welche von demselben umschlungen sind, fühlen sich trotz
mancherlei kleiner Inconvenienzen und verschiedener Ansichten in Nebendingen
doch dadurch befriedigt und halten denselben für einen der größten Fort¬
schritte, die Deutschland noch in unserm Jahrhundert gemacht; wir arbeiten
ans einen allgemeinen Münz-, Maaß- und Gewichtverein, und werden densel¬
ben hoffentlich auch in uicht zu fernen Zeiten erhalten. Gemeinsame Versamm¬
lungen deutscher Land- und Forstwirthe, Aerzte, Sprachforscher, Naturforscher
u. f. w. sehen wir alljährlich in den verschiedensten Gegenden des deutschen
Vaterlandes sich versammeln; gemeinsame Sängerfeste lassen ihre Chöre fast
an allen deutschen Strömen oder Bergen erschallen, überall dieser Drang nach
Gemeinschaftlichreit, dies Bemühen, die früheren Lücken hierin auszufüllen,
nud unser Postwesen sollten wir hierbei übersehen, hier sollte sich nicht das
allseitige Begehren nach dessen Vereinigung regen? Grade dies ist von allen
Zweigen der Staatsverwaltung auf die größte Vereinigung angewiesen.
Sein Wirken bleibt nicht innerhalb der Grenzen des eigenen Landes, sondern
dehnt sich über alle civilisirten Gegenden der Erde aus, deren Verbindung
ja mit sein Hauptzweck ist. Der Brief, der an einem Orte der Post über¬
geben, geht oft durch 20 verschiedene Staaten, bevor, er sein Ziel erreicht;
der Reisende im Postwagen berührt oft an einem einzigen Tage mehrere


immer nur vereinzelt da und hat wohl großen Werth für die nächste
Umgebung, aber nur sehr geringen für das gesammte Deutschland. Es fehlt
unserem Postwesen die Einheit, und so lange diese mangelt, helfen alle ande¬
ren Verbesserungen nur sehr wenig. Darum ist das Postwesen Frankreichs,
Englands, Oesterreichs, ja selbst Rußlands in der Hauptsache besser und
den Bedürfnissen des Publikums viel entsprechender, als das unserer ein¬
zelnen deutschen Staaten. Besonders je kleiner diese sind, desto weniger wer¬
den alle einzelnen Verbesserungen fruchten, denn sie werden immer für sich
isolirt dastehen und nach wenigen Meilen schon aufhören; und darum grade
ist diesen vor allem Andern ein gemeinsanier PostVerein ein so dringendes
Bedürfniß. Wir leben in einer Zeit, wo sich das Bedürfniß nach immer
größerer Vereinigung aller verschiedenen deutschen Staaten stets dringender
herausstellt. Vieles haben wir in den letzten 15 Jahren schon hierin gelei¬
stet; dies wollen wir dankbar anerkennen, aber uns dabei auch uicht verhelf
im, daß uoch unendlich viel hierin zu thun übrig bleibt, und große früher
geschehene Versäumnisse noch nachzuholen siud. Wir haben jetzt eine so ziem¬
lich gemeinsame Militärverfassung in ganz Deutschland, und wie unser Wehr¬
system dadurch an innerer Stärke gewonnen hat, ist allgemein erkannt; ein
gemeinsamer Zollverein umfaßt einen sehr bedeutenden Theil unserer deutschen
Brüder, und Alle, welche von demselben umschlungen sind, fühlen sich trotz
mancherlei kleiner Inconvenienzen und verschiedener Ansichten in Nebendingen
doch dadurch befriedigt und halten denselben für einen der größten Fort¬
schritte, die Deutschland noch in unserm Jahrhundert gemacht; wir arbeiten
ans einen allgemeinen Münz-, Maaß- und Gewichtverein, und werden densel¬
ben hoffentlich auch in uicht zu fernen Zeiten erhalten. Gemeinsame Versamm¬
lungen deutscher Land- und Forstwirthe, Aerzte, Sprachforscher, Naturforscher
u. f. w. sehen wir alljährlich in den verschiedensten Gegenden des deutschen
Vaterlandes sich versammeln; gemeinsame Sängerfeste lassen ihre Chöre fast
an allen deutschen Strömen oder Bergen erschallen, überall dieser Drang nach
Gemeinschaftlichreit, dies Bemühen, die früheren Lücken hierin auszufüllen,
nud unser Postwesen sollten wir hierbei übersehen, hier sollte sich nicht das
allseitige Begehren nach dessen Vereinigung regen? Grade dies ist von allen
Zweigen der Staatsverwaltung auf die größte Vereinigung angewiesen.
Sein Wirken bleibt nicht innerhalb der Grenzen des eigenen Landes, sondern
dehnt sich über alle civilisirten Gegenden der Erde aus, deren Verbindung
ja mit sein Hauptzweck ist. Der Brief, der an einem Orte der Post über¬
geben, geht oft durch 20 verschiedene Staaten, bevor, er sein Ziel erreicht;
der Reisende im Postwagen berührt oft an einem einzigen Tage mehrere


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/242>, abgerufen am 22.07.2024.