Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.rothes -- draußen ^vogte der Nebel wie ein weißes sturmgepeitschtes Meer. Unnützes Zagen und Plaudern, Harren und Zaudern! Es half nichts, singt ein Poet und er spricht wahr, die Jagd ist eine der edelsten und rothes — draußen ^vogte der Nebel wie ein weißes sturmgepeitschtes Meer. Unnützes Zagen und Plaudern, Harren und Zaudern! Es half nichts, singt ein Poet und er spricht wahr, die Jagd ist eine der edelsten und <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0203" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/272102"/> <p xml:id="ID_767" prev="#ID_766"> rothes — draußen ^vogte der Nebel wie ein weißes sturmgepeitschtes Meer.<lb/> Manchmal zerriß er an einer Stelle, es öffnete sich wie ein Abgrund und<lb/> eine starre Felsellzacke tauchte hervor. Aber ein neuer Stnrmhauch blies<lb/> Alles zusammen und im grauen Chaos mischten sich die Wolken.</p><lb/> <p xml:id="ID_768" next="#ID_769"> Unnützes Zagen und Plaudern, Harren und Zaudern! Es half nichts,<lb/> wir mußten herab, durch den klatschende», strömenden Regen, über den nas¬<lb/> sen, täuschenden Moor, durch die triefenden Tannenwälder, durch die hundert<lb/> und hundert Bächlein, die die Natur mit einem Male improvistrt hatte. Das<lb/> Herabsteigen dauerte wohl an vier Stunden; als wir endlich Se. Wolfgang<lb/> und das Schloß erreichten, waren die Mädchen ans Engeln zu Hexen ge¬<lb/> worden, wir zik Tritonen ans Söhnen des Lichts. Nachmittag leerten sich<lb/> die Hallen des Schlosses von Se. Wolfgang und ich blieb allein in der<lb/> Familie des Freundes zurück. Auch Lionel, der junge Engländer, der in Ma¬<lb/> ria's schöne Augen sterblich verliebt war, blieb; ein guter Junge, nur et¬<lb/> was zu weich und sentimental. Mit dem lustigen Reinhold zu dreien un¬<lb/> ternahmen wir um>l Tag für Tag Ausflüge in die Umgegend, oder jagten<lb/> in den prächtigen Revier umher.</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_6" type="poem"> <l/> </lg><lb/> <p xml:id="ID_769" prev="#ID_768" next="#ID_770"> singt ein Poet und er spricht wahr, die Jagd ist eine der edelsten und<lb/> männlichsten Passionen. — Wer Lenau's Gedichte kennt, erinnert sich gewiß<lb/> eines Gedichts der „schwarze See". Düster ist es und groß, eine bodenlose<lb/> Tiefe starrt uns daraus entgegen, wie mit bezaubernden Geisteraugen. Der<lb/> schwarze See, auf den dies Gedicht Bezug hat, liegt im hohen Gebirge ver¬<lb/> borgen, in der Nähe von Se. Wolfgang, und er war es, in dessen Bezirken<lb/> gewöhnlich unsre Jagd gehalten wurde. Schön war's, wenn wir am frischen<lb/> glänzenden Morgen durch die- Felsen und Wälder hiuaugekrochen kamen und<lb/> der „schwarze See" vor uus ausgebreitet lag, beim hellen Tage nicht finster,<lb/> wie ihn Lenau geschildert, aber ernst, groß, mystisch. An der Hütte am See<lb/> warteten schon die Schützen, und der alte Förster Toma mit seinem Hunde<lb/> Waldel stand gebietend in der Mitte der Treiber. Klar lag der blaue Him¬<lb/> mel über den Wäldern und Bergen, und der grüne Thalkessel jenseits des<lb/> See's, „das Moos" breitete sich wie ein lichtes Idyll aus, mit seinen ge-<lb/> schlängelten Bächen und niedern Schlehdornbüschen. Bald stehen wir in re¬<lb/> gelrechten Abständen von einander hinter den einzelnstehenden Bäumen des<lb/> Bergabhangs versteckt und spähen unverwandt nach den Buchenwäldern da</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0203]
rothes — draußen ^vogte der Nebel wie ein weißes sturmgepeitschtes Meer.
Manchmal zerriß er an einer Stelle, es öffnete sich wie ein Abgrund und
eine starre Felsellzacke tauchte hervor. Aber ein neuer Stnrmhauch blies
Alles zusammen und im grauen Chaos mischten sich die Wolken.
Unnützes Zagen und Plaudern, Harren und Zaudern! Es half nichts,
wir mußten herab, durch den klatschende», strömenden Regen, über den nas¬
sen, täuschenden Moor, durch die triefenden Tannenwälder, durch die hundert
und hundert Bächlein, die die Natur mit einem Male improvistrt hatte. Das
Herabsteigen dauerte wohl an vier Stunden; als wir endlich Se. Wolfgang
und das Schloß erreichten, waren die Mädchen ans Engeln zu Hexen ge¬
worden, wir zik Tritonen ans Söhnen des Lichts. Nachmittag leerten sich
die Hallen des Schlosses von Se. Wolfgang und ich blieb allein in der
Familie des Freundes zurück. Auch Lionel, der junge Engländer, der in Ma¬
ria's schöne Augen sterblich verliebt war, blieb; ein guter Junge, nur et¬
was zu weich und sentimental. Mit dem lustigen Reinhold zu dreien un¬
ternahmen wir um>l Tag für Tag Ausflüge in die Umgegend, oder jagten
in den prächtigen Revier umher.
singt ein Poet und er spricht wahr, die Jagd ist eine der edelsten und
männlichsten Passionen. — Wer Lenau's Gedichte kennt, erinnert sich gewiß
eines Gedichts der „schwarze See". Düster ist es und groß, eine bodenlose
Tiefe starrt uns daraus entgegen, wie mit bezaubernden Geisteraugen. Der
schwarze See, auf den dies Gedicht Bezug hat, liegt im hohen Gebirge ver¬
borgen, in der Nähe von Se. Wolfgang, und er war es, in dessen Bezirken
gewöhnlich unsre Jagd gehalten wurde. Schön war's, wenn wir am frischen
glänzenden Morgen durch die- Felsen und Wälder hiuaugekrochen kamen und
der „schwarze See" vor uus ausgebreitet lag, beim hellen Tage nicht finster,
wie ihn Lenau geschildert, aber ernst, groß, mystisch. An der Hütte am See
warteten schon die Schützen, und der alte Förster Toma mit seinem Hunde
Waldel stand gebietend in der Mitte der Treiber. Klar lag der blaue Him¬
mel über den Wäldern und Bergen, und der grüne Thalkessel jenseits des
See's, „das Moos" breitete sich wie ein lichtes Idyll aus, mit seinen ge-
schlängelten Bächen und niedern Schlehdornbüschen. Bald stehen wir in re¬
gelrechten Abständen von einander hinter den einzelnstehenden Bäumen des
Bergabhangs versteckt und spähen unverwandt nach den Buchenwäldern da
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |