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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band.

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Theile der Monarchie eine größere Jateressengleichheit und mehr Vertrauen zusam¬
menhalten. Bei Bewahrung unserer besondern Nationalitäten würden wir uns Alle
einander auf dem verbrüdernden Grunde des constitutionellen Gefühls in der
Freundschaft der Civilisation und des gemeinschaftlichen Wohles entgegenkommend,
der gemeinschaftlichen Beruhigung erfreuen, daß die Verwandtschaft, ja Identität
unserer Interessen die unerschütterliche Grundlage zur wachsenden Kraft und Glorie
des Thrones bildet. Ich bin dies zu glauben um so mehr berechtigt, als mein
Volk von jeher das Gefühl beseelte, welches ich, und ich glaube auch die löblichen
Stände uoch gegenwärtig als das unsrige anerkennen, daß wir nämlich unsrer¬
seits stets bereit sind zur Ausgleichung unserer Svuderinteresscn freundschaftliche
Hand zu bieten, wenn wir nur der Erhaltung unserer nationalen Selbstständigkeit
und Verfassung versichert sind. Allein diese aufzuopfern, das wäre ein Preis, wel¬
cher weder von deu Völkern der Monarchie gestellt wird, uoch aus der Natur
unseres Verbandes hervorgeht, sondern nur aus der divergirenden Tendenz jenes
Regierungssystems fließt." (Anhaltender Beifall.)

Der Abgeordnete vom Komorn-Comitat, Pi.zmändy, spricht sich über die
österreichische Regierung unter andern folgendermaßen aus:

"Die österreichische Regierung hat gar wenig für eine achtunggebietende Stel¬
lung der Völker der Monarchie gethan....

So zahlen die österreichischen Schiffe in deu fremden Häfen einen höhern
Zoll, als die Schiffe anderer Nationen. In deu letzten Jahren wurde von Seite
der französischen Negierung mit einem ungarische,: Kaufmanne die Lieferung eines
gewissen Quantums Tabak contrahirt, und dieser war gezwungen zum Transporte
derselben französische Schiffe zu miethen, weil der hohe Zoll der österreichischen
Schisse ihm Verlust bei dem Geschäfte zugezogen hätte. Die französischen Schisse
wußten leer in den Hafen von Finne einlaufen, und da die französischen Schiffer
die Bedingungen der österreichischen kannten, stellten sie einen so hohen Transport¬
preis, daß jener Kaufmann nnr so wenig Gewinn hatte, daß er das Geschäft
nicht zum zweiten Male eingehen konnte. Wir keimen die Verbindungen, welche
Frankreich seit 1830 mit den andern Staaten Europa's eingegangen war. Warum
benutzte Oesterreich nicht jene günstigen Conjunctureu zur Wahrung und Hebung
seiner Interessen?

Mit den Donaumündungen ist es uns auch uicht besser gegangen. Dieser
Schlüssel des Flusses, welcher die Hauptader des österreichischen Verkehrs bildet,
ist in russischen Händen. So beraulte uns der Russe alles Einflusses auf die
untern Donauländer und wir schweigen. Unsere Politik begnügt sich damit, dieser
Macht im Geheim allerlei Schwierigkeiten zu verschaffen, öffentlich aber macheu
wir Complimente. Die Regierung läßt sich als Mittel gebrauchen, weil sie in
Rußland eine Stütze ihrer absoluten Tendenzen sieht.

Meiner Ansicht nach besteht die Staatsweisheit uicht darin, daß man, nach-


Theile der Monarchie eine größere Jateressengleichheit und mehr Vertrauen zusam¬
menhalten. Bei Bewahrung unserer besondern Nationalitäten würden wir uns Alle
einander auf dem verbrüdernden Grunde des constitutionellen Gefühls in der
Freundschaft der Civilisation und des gemeinschaftlichen Wohles entgegenkommend,
der gemeinschaftlichen Beruhigung erfreuen, daß die Verwandtschaft, ja Identität
unserer Interessen die unerschütterliche Grundlage zur wachsenden Kraft und Glorie
des Thrones bildet. Ich bin dies zu glauben um so mehr berechtigt, als mein
Volk von jeher das Gefühl beseelte, welches ich, und ich glaube auch die löblichen
Stände uoch gegenwärtig als das unsrige anerkennen, daß wir nämlich unsrer¬
seits stets bereit sind zur Ausgleichung unserer Svuderinteresscn freundschaftliche
Hand zu bieten, wenn wir nur der Erhaltung unserer nationalen Selbstständigkeit
und Verfassung versichert sind. Allein diese aufzuopfern, das wäre ein Preis, wel¬
cher weder von deu Völkern der Monarchie gestellt wird, uoch aus der Natur
unseres Verbandes hervorgeht, sondern nur aus der divergirenden Tendenz jenes
Regierungssystems fließt." (Anhaltender Beifall.)

Der Abgeordnete vom Komorn-Comitat, Pi.zmändy, spricht sich über die
österreichische Regierung unter andern folgendermaßen aus:

„Die österreichische Regierung hat gar wenig für eine achtunggebietende Stel¬
lung der Völker der Monarchie gethan....

So zahlen die österreichischen Schiffe in deu fremden Häfen einen höhern
Zoll, als die Schiffe anderer Nationen. In deu letzten Jahren wurde von Seite
der französischen Negierung mit einem ungarische,: Kaufmanne die Lieferung eines
gewissen Quantums Tabak contrahirt, und dieser war gezwungen zum Transporte
derselben französische Schiffe zu miethen, weil der hohe Zoll der österreichischen
Schisse ihm Verlust bei dem Geschäfte zugezogen hätte. Die französischen Schisse
wußten leer in den Hafen von Finne einlaufen, und da die französischen Schiffer
die Bedingungen der österreichischen kannten, stellten sie einen so hohen Transport¬
preis, daß jener Kaufmann nnr so wenig Gewinn hatte, daß er das Geschäft
nicht zum zweiten Male eingehen konnte. Wir keimen die Verbindungen, welche
Frankreich seit 1830 mit den andern Staaten Europa's eingegangen war. Warum
benutzte Oesterreich nicht jene günstigen Conjunctureu zur Wahrung und Hebung
seiner Interessen?

Mit den Donaumündungen ist es uns auch uicht besser gegangen. Dieser
Schlüssel des Flusses, welcher die Hauptader des österreichischen Verkehrs bildet,
ist in russischen Händen. So beraulte uns der Russe alles Einflusses auf die
untern Donauländer und wir schweigen. Unsere Politik begnügt sich damit, dieser
Macht im Geheim allerlei Schwierigkeiten zu verschaffen, öffentlich aber macheu
wir Complimente. Die Regierung läßt sich als Mittel gebrauchen, weil sie in
Rußland eine Stütze ihrer absoluten Tendenzen sieht.

Meiner Ansicht nach besteht die Staatsweisheit uicht darin, daß man, nach-


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[0431] Theile der Monarchie eine größere Jateressengleichheit und mehr Vertrauen zusam¬ menhalten. Bei Bewahrung unserer besondern Nationalitäten würden wir uns Alle einander auf dem verbrüdernden Grunde des constitutionellen Gefühls in der Freundschaft der Civilisation und des gemeinschaftlichen Wohles entgegenkommend, der gemeinschaftlichen Beruhigung erfreuen, daß die Verwandtschaft, ja Identität unserer Interessen die unerschütterliche Grundlage zur wachsenden Kraft und Glorie des Thrones bildet. Ich bin dies zu glauben um so mehr berechtigt, als mein Volk von jeher das Gefühl beseelte, welches ich, und ich glaube auch die löblichen Stände uoch gegenwärtig als das unsrige anerkennen, daß wir nämlich unsrer¬ seits stets bereit sind zur Ausgleichung unserer Svuderinteresscn freundschaftliche Hand zu bieten, wenn wir nur der Erhaltung unserer nationalen Selbstständigkeit und Verfassung versichert sind. Allein diese aufzuopfern, das wäre ein Preis, wel¬ cher weder von deu Völkern der Monarchie gestellt wird, uoch aus der Natur unseres Verbandes hervorgeht, sondern nur aus der divergirenden Tendenz jenes Regierungssystems fließt." (Anhaltender Beifall.) Der Abgeordnete vom Komorn-Comitat, Pi.zmändy, spricht sich über die österreichische Regierung unter andern folgendermaßen aus: „Die österreichische Regierung hat gar wenig für eine achtunggebietende Stel¬ lung der Völker der Monarchie gethan.... So zahlen die österreichischen Schiffe in deu fremden Häfen einen höhern Zoll, als die Schiffe anderer Nationen. In deu letzten Jahren wurde von Seite der französischen Negierung mit einem ungarische,: Kaufmanne die Lieferung eines gewissen Quantums Tabak contrahirt, und dieser war gezwungen zum Transporte derselben französische Schiffe zu miethen, weil der hohe Zoll der österreichischen Schisse ihm Verlust bei dem Geschäfte zugezogen hätte. Die französischen Schisse wußten leer in den Hafen von Finne einlaufen, und da die französischen Schiffer die Bedingungen der österreichischen kannten, stellten sie einen so hohen Transport¬ preis, daß jener Kaufmann nnr so wenig Gewinn hatte, daß er das Geschäft nicht zum zweiten Male eingehen konnte. Wir keimen die Verbindungen, welche Frankreich seit 1830 mit den andern Staaten Europa's eingegangen war. Warum benutzte Oesterreich nicht jene günstigen Conjunctureu zur Wahrung und Hebung seiner Interessen? Mit den Donaumündungen ist es uns auch uicht besser gegangen. Dieser Schlüssel des Flusses, welcher die Hauptader des österreichischen Verkehrs bildet, ist in russischen Händen. So beraulte uns der Russe alles Einflusses auf die untern Donauländer und wir schweigen. Unsere Politik begnügt sich damit, dieser Macht im Geheim allerlei Schwierigkeiten zu verschaffen, öffentlich aber macheu wir Complimente. Die Regierung läßt sich als Mittel gebrauchen, weil sie in Rußland eine Stütze ihrer absoluten Tendenzen sieht. Meiner Ansicht nach besteht die Staatsweisheit uicht darin, daß man, nach-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_184763/431>, abgerufen am 24.08.2024.