Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band.nennen, ueber die Aufnahme meines Buches in Dänemark hat er sich dagegen mehr¬ "Nachdem aber dieses ausgesprochen ist, reiche ich gern Herrn Boas die Hand; Ich weiß nicht, ob Herr Andersen von Dänemarks Dichtern ermächtigt war, mir "Sein Urtheil würde auch anders gelautet haben, wenn er ein Jahr später nach Nein, mit Herrn Andersen läßt sich nicht kämpfen! Nachdem er mich zuvor ver¬ nennen, ueber die Aufnahme meines Buches in Dänemark hat er sich dagegen mehr¬ „Nachdem aber dieses ausgesprochen ist, reiche ich gern Herrn Boas die Hand; Ich weiß nicht, ob Herr Andersen von Dänemarks Dichtern ermächtigt war, mir „Sein Urtheil würde auch anders gelautet haben, wenn er ein Jahr später nach Nein, mit Herrn Andersen läßt sich nicht kämpfen! Nachdem er mich zuvor ver¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0103" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/184867"/> <p xml:id="ID_347" prev="#ID_346"> nennen, ueber die Aufnahme meines Buches in Dänemark hat er sich dagegen mehr¬<lb/> mals ausgelassen: es hat dort Aufmerksamkeit erregt und Furcht verbreitet. Nun, das<lb/> ist mehr, als ich erwartete, und damit könnte selbst Einer zufrieden sein, der so eitel<lb/> wäre wie Herr Andersen.</p><lb/> <p xml:id="ID_348"> „Nachdem aber dieses ausgesprochen ist, reiche ich gern Herrn Boas die Hand;<lb/> und wenn kein anderer Dichter ihn bei seinem nächsten Besuch in Dänemark bei sich<lb/> ausnehmen wollte, so werde ich zu seinen Diensten stehn; ich weiß, daß er mich nicht<lb/> härter wird beurtheilen können, wenn wir uns kennen, als da er mich nicht kannte."</p><lb/> <p xml:id="ID_349"> Ich weiß nicht, ob Herr Andersen von Dänemarks Dichtern ermächtigt war, mir<lb/> in ihrem Namen das Gastrecht aufzukündigen, aber jedenfalls lehne ich sein Anerbieten<lb/> dankend ab. Bei meinem vorigen Aufenthalt in Kopenhagen wohnte ich in einem Hütel,<lb/> und habe mich dort recht gut befunden. Uebrigens nimmt sich, nach allem Vorhergegangenen,<lb/> Herrn Andersen's Scntimcntalwcrdcn — dieser gemüthliche Klex — höchst komisch ans.<lb/> Was will er damit? Will er, nachdem er voll Bitterkeit gegen mich losgezogen, feurige<lb/> Kohlen aus meinem Hanpte sammeln? El, er mag sich zu dem beabsichtigten Rührspiel<lb/> einen andern Genossen suchen; ich gebe mich dazu nicht her. Mir erscheint sein Edel¬<lb/> mut!) kindisch, denn ich meine: ein Schriftsteller muß vor allen Dingen sarbchaltig sein<lb/> und den Mantel nicht nach jeder Seite tragen.</p><lb/> <p xml:id="ID_350"> „Sein Urtheil würde auch anders gelautet haben, wenn er ein Jahr später nach<lb/> Dänemark gekommen wäre; in einem Jahr verändert sich viel. Da stieg meine Wage,<lb/> da gab ich meine neuen Mährchen heraus, die eine bis zu diesem Augenblick feste, ehren¬<lb/> volle Meinung in meinem Vaterlande über mich verbreiteten; mit der Ausgabe der Mähr-<lb/> chensammlung zu Weihnachten 1^43 begann alle Anerkennung und Gunst für mich,<lb/> und von jener Zeit an habe ich keinen Grund z» klagen; ich habe erhalten und erhalte<lb/> in meiner Heimath, was ich verdiene, ja vielleicht weit mehr."</p><lb/> <p xml:id="ID_351" next="#ID_352"> Nein, mit Herrn Andersen läßt sich nicht kämpfen! Nachdem er mich zuvor ver¬<lb/> ketzert und verdammt hat, bringt er in den letzten Zeilen selbst die Belege bei, daß<lb/> ich sehr richtig über ihn geurtheilt habe. Erst ein Jahr nach meinem Besuch in Däne¬<lb/> mark stieg Andersen's Wage und es verbreitete sich eine „ehrenvolle Meinung" über ihn.<lb/> Wodurch wurde aber diese ehrenvolle Meinung hervorgebracht? Nicht durch seine Ro¬<lb/> mane, sondern dnrch die Mährchen, welche ich laut gepriesen, zu deren Fortsetzung ich<lb/> ihn lebhaft angeregt hatte. Wahrlich, ich glaube, noch in keiner Antikritik sind der<lb/> Kritik so ^vollkommene Zugeständnisse gemacht worden. Herr Andersen möge dagegen<lb/> versichert sein, daß ich seine Leistungen und Erfolge mit weit ansrichtigercr Theilnahme,<lb/> als seine Lobhudler, beobachtet habe. Ich war erfreut über die frischen, holden Mähr-<lb/> chcnschöpfungen, und bin gewiß, sein Talent wird sich urkräftig entfalten, wenn er<lb/> nur die traurige Eitelkeit auszugeben vermag. Denn diese beherrscht ihn fortdauernd —<lb/> ja, sie hat ihr Pfauenhaupt noch viel höher emporgereckt.. Als ein demüthiger Sa¬<lb/> tellit folgt Andersen jetzt den Bahnen erlauchter Planeten, und kann nicht leben ohne<lb/> den Sonnenschein der Gnade. Ein huldreiches Wort, ein Vrillantring versetzt ihn in Ent¬<lb/> zücken. Wenn er nur wüßte, wie übel ihn das kleidet, wie, es sein Herz der Nation<lb/> immer mehr entfremdet. Fürstcngunst ist wandelbar, aber echter Dichtcrrnhm danert<lb/> ewig. Andersen, der harmlose Mährchcnpoct, Andersen, der ehrliche Schuhmachersohu,<lb/> ist uns eine wohlthuende Erscheinung, jedoch Herr Andersen, der Hofcavalier jurr vx-<lb/> cvUoii.:«-, kommt uns recht spaßhaft vor. Darum wiederhole ich heute, ohne irgend<lb/> einen Groll, aus inniger Ueberzeugung die Worte, welche ich vor drei Jahren zu ihm</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0103]
nennen, ueber die Aufnahme meines Buches in Dänemark hat er sich dagegen mehr¬
mals ausgelassen: es hat dort Aufmerksamkeit erregt und Furcht verbreitet. Nun, das
ist mehr, als ich erwartete, und damit könnte selbst Einer zufrieden sein, der so eitel
wäre wie Herr Andersen.
„Nachdem aber dieses ausgesprochen ist, reiche ich gern Herrn Boas die Hand;
und wenn kein anderer Dichter ihn bei seinem nächsten Besuch in Dänemark bei sich
ausnehmen wollte, so werde ich zu seinen Diensten stehn; ich weiß, daß er mich nicht
härter wird beurtheilen können, wenn wir uns kennen, als da er mich nicht kannte."
Ich weiß nicht, ob Herr Andersen von Dänemarks Dichtern ermächtigt war, mir
in ihrem Namen das Gastrecht aufzukündigen, aber jedenfalls lehne ich sein Anerbieten
dankend ab. Bei meinem vorigen Aufenthalt in Kopenhagen wohnte ich in einem Hütel,
und habe mich dort recht gut befunden. Uebrigens nimmt sich, nach allem Vorhergegangenen,
Herrn Andersen's Scntimcntalwcrdcn — dieser gemüthliche Klex — höchst komisch ans.
Was will er damit? Will er, nachdem er voll Bitterkeit gegen mich losgezogen, feurige
Kohlen aus meinem Hanpte sammeln? El, er mag sich zu dem beabsichtigten Rührspiel
einen andern Genossen suchen; ich gebe mich dazu nicht her. Mir erscheint sein Edel¬
mut!) kindisch, denn ich meine: ein Schriftsteller muß vor allen Dingen sarbchaltig sein
und den Mantel nicht nach jeder Seite tragen.
„Sein Urtheil würde auch anders gelautet haben, wenn er ein Jahr später nach
Dänemark gekommen wäre; in einem Jahr verändert sich viel. Da stieg meine Wage,
da gab ich meine neuen Mährchen heraus, die eine bis zu diesem Augenblick feste, ehren¬
volle Meinung in meinem Vaterlande über mich verbreiteten; mit der Ausgabe der Mähr-
chensammlung zu Weihnachten 1^43 begann alle Anerkennung und Gunst für mich,
und von jener Zeit an habe ich keinen Grund z» klagen; ich habe erhalten und erhalte
in meiner Heimath, was ich verdiene, ja vielleicht weit mehr."
Nein, mit Herrn Andersen läßt sich nicht kämpfen! Nachdem er mich zuvor ver¬
ketzert und verdammt hat, bringt er in den letzten Zeilen selbst die Belege bei, daß
ich sehr richtig über ihn geurtheilt habe. Erst ein Jahr nach meinem Besuch in Däne¬
mark stieg Andersen's Wage und es verbreitete sich eine „ehrenvolle Meinung" über ihn.
Wodurch wurde aber diese ehrenvolle Meinung hervorgebracht? Nicht durch seine Ro¬
mane, sondern dnrch die Mährchen, welche ich laut gepriesen, zu deren Fortsetzung ich
ihn lebhaft angeregt hatte. Wahrlich, ich glaube, noch in keiner Antikritik sind der
Kritik so ^vollkommene Zugeständnisse gemacht worden. Herr Andersen möge dagegen
versichert sein, daß ich seine Leistungen und Erfolge mit weit ansrichtigercr Theilnahme,
als seine Lobhudler, beobachtet habe. Ich war erfreut über die frischen, holden Mähr-
chcnschöpfungen, und bin gewiß, sein Talent wird sich urkräftig entfalten, wenn er
nur die traurige Eitelkeit auszugeben vermag. Denn diese beherrscht ihn fortdauernd —
ja, sie hat ihr Pfauenhaupt noch viel höher emporgereckt.. Als ein demüthiger Sa¬
tellit folgt Andersen jetzt den Bahnen erlauchter Planeten, und kann nicht leben ohne
den Sonnenschein der Gnade. Ein huldreiches Wort, ein Vrillantring versetzt ihn in Ent¬
zücken. Wenn er nur wüßte, wie übel ihn das kleidet, wie, es sein Herz der Nation
immer mehr entfremdet. Fürstcngunst ist wandelbar, aber echter Dichtcrrnhm danert
ewig. Andersen, der harmlose Mährchcnpoct, Andersen, der ehrliche Schuhmachersohu,
ist uns eine wohlthuende Erscheinung, jedoch Herr Andersen, der Hofcavalier jurr vx-
cvUoii.:«-, kommt uns recht spaßhaft vor. Darum wiederhole ich heute, ohne irgend
einen Groll, aus inniger Ueberzeugung die Worte, welche ich vor drei Jahren zu ihm
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