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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.

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Wie die weißen Machtgestalten
halbverrückt vorüberfliegen,
Scheinen sie wie Heidengötter
vom Olymp herabgestiegen.
Doch der Lärm der Korybanten,
wie er vom Olymp erscholl,
Wie sie selber sich entmannten,
Raste nicht so wild, so toll!
Du, der wie ein alter Satyr
grinzend springt mit wildem Satze,
Warst dereinst ein ron'scher Pfaffe,
dich verräth am Haupt die Glatze.
Du, die dir die Brust zerklatschest
und die Glieder reckst im Tanz,
Warst einst Nonne! Das verkündet
noch am Hals der Rosenkranz!
Ferne tönt's wie dumpfer Donner,
wilder stets die Tanzer jagen:
Nacktes Liebchen! horch! im Himmel
wie die Engel Pauken schlagen.
Nein, das ist nicht Donnerrollen,
nah und naher dröhnt's herbei;
Donner ist's von Kriegeswagen,
Waffenlosen, Feldgeschrei!
Ziska ist's! Er kommt zu richten!
was die Sage ihm gekündet
Von der Schwärmer Greu'l -- die Seele
hat's ihm fürchterlich entzündet.
Freiheit, ruft er, heil'ge Freiheit,
die ich nur mit Zagen nenne.
Laß vom Unrath solcher" Toll Saat
Rein mich fegen deine Tenne!
An den Waffen, nacktes Kriegsvolk!
vor den Männern zieh'n die Weiber,
Zeigen auf dem Wall dem Feinde
schamlos ihre bloßen Leiber;
Und sie singen: Taboriten,
euren Waffen Hohn und Spott!
Uns vermögt ihr nicht zu schaden,
wir sind Götter, wir sind Gott.

Wie die weißen Machtgestalten
halbverrückt vorüberfliegen,
Scheinen sie wie Heidengötter
vom Olymp herabgestiegen.
Doch der Lärm der Korybanten,
wie er vom Olymp erscholl,
Wie sie selber sich entmannten,
Raste nicht so wild, so toll!
Du, der wie ein alter Satyr
grinzend springt mit wildem Satze,
Warst dereinst ein ron'scher Pfaffe,
dich verräth am Haupt die Glatze.
Du, die dir die Brust zerklatschest
und die Glieder reckst im Tanz,
Warst einst Nonne! Das verkündet
noch am Hals der Rosenkranz!
Ferne tönt's wie dumpfer Donner,
wilder stets die Tanzer jagen:
Nacktes Liebchen! horch! im Himmel
wie die Engel Pauken schlagen.
Nein, das ist nicht Donnerrollen,
nah und naher dröhnt's herbei;
Donner ist's von Kriegeswagen,
Waffenlosen, Feldgeschrei!
Ziska ist's! Er kommt zu richten!
was die Sage ihm gekündet
Von der Schwärmer Greu'l — die Seele
hat's ihm fürchterlich entzündet.
Freiheit, ruft er, heil'ge Freiheit,
die ich nur mit Zagen nenne.
Laß vom Unrath solcher" Toll Saat
Rein mich fegen deine Tenne!
An den Waffen, nacktes Kriegsvolk!
vor den Männern zieh'n die Weiber,
Zeigen auf dem Wall dem Feinde
schamlos ihre bloßen Leiber;
Und sie singen: Taboriten,
euren Waffen Hohn und Spott!
Uns vermögt ihr nicht zu schaden,
wir sind Götter, wir sind Gott.

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[0070] Wie die weißen Machtgestalten halbverrückt vorüberfliegen, Scheinen sie wie Heidengötter vom Olymp herabgestiegen. Doch der Lärm der Korybanten, wie er vom Olymp erscholl, Wie sie selber sich entmannten, Raste nicht so wild, so toll! Du, der wie ein alter Satyr grinzend springt mit wildem Satze, Warst dereinst ein ron'scher Pfaffe, dich verräth am Haupt die Glatze. Du, die dir die Brust zerklatschest und die Glieder reckst im Tanz, Warst einst Nonne! Das verkündet noch am Hals der Rosenkranz! Ferne tönt's wie dumpfer Donner, wilder stets die Tanzer jagen: Nacktes Liebchen! horch! im Himmel wie die Engel Pauken schlagen. Nein, das ist nicht Donnerrollen, nah und naher dröhnt's herbei; Donner ist's von Kriegeswagen, Waffenlosen, Feldgeschrei! Ziska ist's! Er kommt zu richten! was die Sage ihm gekündet Von der Schwärmer Greu'l — die Seele hat's ihm fürchterlich entzündet. Freiheit, ruft er, heil'ge Freiheit, die ich nur mit Zagen nenne. Laß vom Unrath solcher" Toll Saat Rein mich fegen deine Tenne! An den Waffen, nacktes Kriegsvolk! vor den Männern zieh'n die Weiber, Zeigen auf dem Wall dem Feinde schamlos ihre bloßen Leiber; Und sie singen: Taboriten, euren Waffen Hohn und Spott! Uns vermögt ihr nicht zu schaden, wir sind Götter, wir sind Gott.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123/70>, abgerufen am 26.08.2024.