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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.

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Ist'S recht, für uns allein die Kette?
Für Euch die Lust, für uns die Noth?
Für Euch die Ruh auf seid'nem Bette,
Für uns das Stroh zur Sterbestätte
Und kaum noch schwarzes, hartes Brod.
O stolzes Volk, du Volk der Reichen,
Sieh um dich her, erbebst du nicht.
Den Harten naht in Flammenzeichen
Erbarmungslos ein Strafgericht.
Die Zeit der Herrn, sie ist gewesen,
Der Zorn der Unterdrückten lobt,
Und sind des Menschenrechtes Thesen
Dereinst in Feuerschrift zu lesen,
So nimmt man mehr, als schwarzes Brod.
Der ist ein Sclave wohl,
der in dem Frühlingsgarten
Der Erde keine Frucht
darf hoffen und erwarten.
Der nichts sein eigen nennt
an seinem kalten Herde
Und ein Enterbter steht
auf dieser reichen Erde.
Der ist ein Sclave wohl,
der selbst im Schlaf vergebens
Die Feierstunde sucht
des krankgefrohnten Lebens,
Der in dem Kind, das ihm
sein blasses Weib gebäret.
Die Bürde hassen muß,
die seine Sorge mehret.
Der ist ein Sclave auch,
der unter Sölonerschaaren
Gezwungen wird, ein Recht,
das er nicht kennt, zu wahren.
Der, wenn das Volk sich hebt,
zu piaster, die es kränken,
Auf seine Brüder muß
die Todeskugel lenken.

27*
Ist'S recht, für uns allein die Kette?
Für Euch die Lust, für uns die Noth?
Für Euch die Ruh auf seid'nem Bette,
Für uns das Stroh zur Sterbestätte
Und kaum noch schwarzes, hartes Brod.
O stolzes Volk, du Volk der Reichen,
Sieh um dich her, erbebst du nicht.
Den Harten naht in Flammenzeichen
Erbarmungslos ein Strafgericht.
Die Zeit der Herrn, sie ist gewesen,
Der Zorn der Unterdrückten lobt,
Und sind des Menschenrechtes Thesen
Dereinst in Feuerschrift zu lesen,
So nimmt man mehr, als schwarzes Brod.
Der ist ein Sclave wohl,
der in dem Frühlingsgarten
Der Erde keine Frucht
darf hoffen und erwarten.
Der nichts sein eigen nennt
an seinem kalten Herde
Und ein Enterbter steht
auf dieser reichen Erde.
Der ist ein Sclave wohl,
der selbst im Schlaf vergebens
Die Feierstunde sucht
des krankgefrohnten Lebens,
Der in dem Kind, das ihm
sein blasses Weib gebäret.
Die Bürde hassen muß,
die seine Sorge mehret.
Der ist ein Sclave auch,
der unter Sölonerschaaren
Gezwungen wird, ein Recht,
das er nicht kennt, zu wahren.
Der, wenn das Volk sich hebt,
zu piaster, die es kränken,
Auf seine Brüder muß
die Todeskugel lenken.

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[0207] Ist'S recht, für uns allein die Kette? Für Euch die Lust, für uns die Noth? Für Euch die Ruh auf seid'nem Bette, Für uns das Stroh zur Sterbestätte Und kaum noch schwarzes, hartes Brod. O stolzes Volk, du Volk der Reichen, Sieh um dich her, erbebst du nicht. Den Harten naht in Flammenzeichen Erbarmungslos ein Strafgericht. Die Zeit der Herrn, sie ist gewesen, Der Zorn der Unterdrückten lobt, Und sind des Menschenrechtes Thesen Dereinst in Feuerschrift zu lesen, So nimmt man mehr, als schwarzes Brod. Der ist ein Sclave wohl, der in dem Frühlingsgarten Der Erde keine Frucht darf hoffen und erwarten. Der nichts sein eigen nennt an seinem kalten Herde Und ein Enterbter steht auf dieser reichen Erde. Der ist ein Sclave wohl, der selbst im Schlaf vergebens Die Feierstunde sucht des krankgefrohnten Lebens, Der in dem Kind, das ihm sein blasses Weib gebäret. Die Bürde hassen muß, die seine Sorge mehret. Der ist ein Sclave auch, der unter Sölonerschaaren Gezwungen wird, ein Recht, das er nicht kennt, zu wahren. Der, wenn das Volk sich hebt, zu piaster, die es kränken, Auf seine Brüder muß die Todeskugel lenken. 27*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123/207>, abgerufen am 23.07.2024.