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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.

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Zum mindsten brauch' ich nicht zu zagen,
Daß je mein Lied des Amts vergißt,
Den Mächtigen ein Wort zu sagen
Der Wahrheit, wie's des Sängers ist.
Zum Leben braucht solch mäßger Zecher
Nicht Pöbelgunst, nicht Fürstengnad,
Ein wenig Lieb und Weins ein Becher
Trifft wandernd man auf jedem Pfad.
Wunderbarer Dämmrungsfriede
War es, der die Erd' umfing.
Als ich jüngst an einer Schmiede
Geisterstill vorüberging.
Drinnen, bei des Feuers Helle
Schlug der Schmied sein sprühend Erz,
Draußen auf der niedern Schwelle
Schloß sein Weib ihr Kind an's Herz.
Solches schauend, dacht' ich trübe
An mein Leben wilder Hast,
Reich an Kampf und arm an Liebe,
Ohne Ruh und Vesperrast!
Und zum Weibe sprach ich bange:
Blühe fort, so schön und gut.
Die mich anstarrst, weil so lange
Schon mein Blick auf dir geruht.
Hältst dein süßes Kind geborgen
Drückst es an dein Angesicht,
Wie du schön in deinen Sorgen,
Ahnst du, junge Mutter, nicht.
Sauge nun an deinen Brüsten
Deine Söhne rauh und stark,
Und kein kränkliches Gelüsten
Tresse ihr gesundes Mark.
Daß sie nie die Seuchen kennen.
Die im Triumphatorston
Böse oder Thoren nennen:
Bildung, Civilisation.

IV. 18i".
Zum mindsten brauch' ich nicht zu zagen,
Daß je mein Lied des Amts vergißt,
Den Mächtigen ein Wort zu sagen
Der Wahrheit, wie's des Sängers ist.
Zum Leben braucht solch mäßger Zecher
Nicht Pöbelgunst, nicht Fürstengnad,
Ein wenig Lieb und Weins ein Becher
Trifft wandernd man auf jedem Pfad.
Wunderbarer Dämmrungsfriede
War es, der die Erd' umfing.
Als ich jüngst an einer Schmiede
Geisterstill vorüberging.
Drinnen, bei des Feuers Helle
Schlug der Schmied sein sprühend Erz,
Draußen auf der niedern Schwelle
Schloß sein Weib ihr Kind an's Herz.
Solches schauend, dacht' ich trübe
An mein Leben wilder Hast,
Reich an Kampf und arm an Liebe,
Ohne Ruh und Vesperrast!
Und zum Weibe sprach ich bange:
Blühe fort, so schön und gut.
Die mich anstarrst, weil so lange
Schon mein Blick auf dir geruht.
Hältst dein süßes Kind geborgen
Drückst es an dein Angesicht,
Wie du schön in deinen Sorgen,
Ahnst du, junge Mutter, nicht.
Sauge nun an deinen Brüsten
Deine Söhne rauh und stark,
Und kein kränkliches Gelüsten
Tresse ihr gesundes Mark.
Daß sie nie die Seuchen kennen.
Die im Triumphatorston
Böse oder Thoren nennen:
Bildung, Civilisation.

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[0205] Zum mindsten brauch' ich nicht zu zagen, Daß je mein Lied des Amts vergißt, Den Mächtigen ein Wort zu sagen Der Wahrheit, wie's des Sängers ist. Zum Leben braucht solch mäßger Zecher Nicht Pöbelgunst, nicht Fürstengnad, Ein wenig Lieb und Weins ein Becher Trifft wandernd man auf jedem Pfad. Wunderbarer Dämmrungsfriede War es, der die Erd' umfing. Als ich jüngst an einer Schmiede Geisterstill vorüberging. Drinnen, bei des Feuers Helle Schlug der Schmied sein sprühend Erz, Draußen auf der niedern Schwelle Schloß sein Weib ihr Kind an's Herz. Solches schauend, dacht' ich trübe An mein Leben wilder Hast, Reich an Kampf und arm an Liebe, Ohne Ruh und Vesperrast! Und zum Weibe sprach ich bange: Blühe fort, so schön und gut. Die mich anstarrst, weil so lange Schon mein Blick auf dir geruht. Hältst dein süßes Kind geborgen Drückst es an dein Angesicht, Wie du schön in deinen Sorgen, Ahnst du, junge Mutter, nicht. Sauge nun an deinen Brüsten Deine Söhne rauh und stark, Und kein kränkliches Gelüsten Tresse ihr gesundes Mark. Daß sie nie die Seuchen kennen. Die im Triumphatorston Böse oder Thoren nennen: Bildung, Civilisation. IV. 18i«.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123/205>, abgerufen am 26.08.2024.