Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.darum zu thu", die Menschen zu ihrem Glauben zu bekehren, als darum zu thu«, die Menschen zu ihrem Glauben zu bekehren, als <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0116" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/183698"/> <p xml:id="ID_317" prev="#ID_316"> darum zu thu«, die Menschen zu ihrem Glauben zu bekehren, als<lb/> ihre Sittlichkeit, und ihre geistige Bildung zu befördern. Oder warum<lb/> wäre jener Vorsteher der 6noto primau-s in Se. Gervais mit der<lb/> «^uso uittioniUl! in Zwiespalt gerathen, wenn er seine Schüler nicht<lb/> in dem grassesten Mysticismus und gefährlichsten Pietismus erzöge?<lb/> Denn die vAUse n-ttionale, welche nach Hrn. Z5. und seinen Freunden<lb/> Wut i, tut rationale ist, ist nichtsdestoweniger höchst orthodox, sie hat<lb/> kein einziges Dogma aufgegeben; sie glaubt an die Transsubstantiation<lb/> des Weins und des Brodes, an die Gottheit Christi, an die Dreiei¬<lb/> nigkeit, kurz an Alles, was ein orthodoxer Christ glauben muß. Kein<lb/> Wunder also, wenn diese Separatisten bei der französischen Regierung<lb/> keine Unterstützung fanden, ehe Hr. Guizot und Hr. Salvandv am<lb/> Nuder, waren. Diese Momiers und Methodisten sind meistens reiche<lb/> Leute der höheren Klassen, die ihre weichliche Sinnlichkeit und geist¬<lb/> lose Ueppigkeit mit einer pietistisch-mystischen Religiosität bemänteln.<lb/> Ueber Trüffelpasteten, Austern und Champagner wird ein langes Ge¬<lb/> bet gesprochen und dann fromm in aller Demuth vor dem Herrn ge¬<lb/> schlemmt. Die Unterhaltung geht über die Verworfenheit des Volkes<lb/> (im «zuiutior 8t. ^ntoino), das sogar Iiorribile iliotu — flucht!<lb/> daß es hungert und im größten Elende schmachtet, das kümmert sie<lb/> sehr wenig. Nicht die Theilnahme an dem Loose eines Mitmenschen bewegt<lb/> solche fromme Augenverdreher zu einem Almosen, sondern allein ihr<lb/> raffinirter Egoismus. Ihr verwöhntes Auge wird durch den Anblick<lb/> des Jammers verletzt, ihr vornehmes Ohr durch einen gesunden Fluch<lb/> gekränkt, darum, aber nicht aus Theilnahme geben sie Geld her zur<lb/> Ernährung und besseren Erziehung des Volkes. Das wahre Elend<lb/> in seiner tragischen Größe kennen sie nicht, sie haben keinen Begriff<lb/> von den Leiden der Armen; das zeigt sich bei tausend Gelegenheiten.<lb/> Ich erinnere mich zur Zeit der Cholera in Berlin einer gewissen Grä¬<lb/> fin, die bei der Austheilung der Kleidungsstücke beschäftigt war, die<lb/> damals auf Betrieb einer edlen Frau den Armen gespendet wurden.<lb/> Sie gab Leuten, die 3—4 Hemden besaßen, noch 6 oder 8 daz»,<lb/> weil man mit weniger als einem Dutzend doch unmöglich auskommen<lb/> könne. „Warum ißt das arme Volk keinen Kuchen wenn es an<lb/><note type="byline"> ,M . . . .</note> Brod fehlt?" </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0116]
darum zu thu«, die Menschen zu ihrem Glauben zu bekehren, als
ihre Sittlichkeit, und ihre geistige Bildung zu befördern. Oder warum
wäre jener Vorsteher der 6noto primau-s in Se. Gervais mit der
«^uso uittioniUl! in Zwiespalt gerathen, wenn er seine Schüler nicht
in dem grassesten Mysticismus und gefährlichsten Pietismus erzöge?
Denn die vAUse n-ttionale, welche nach Hrn. Z5. und seinen Freunden
Wut i, tut rationale ist, ist nichtsdestoweniger höchst orthodox, sie hat
kein einziges Dogma aufgegeben; sie glaubt an die Transsubstantiation
des Weins und des Brodes, an die Gottheit Christi, an die Dreiei¬
nigkeit, kurz an Alles, was ein orthodoxer Christ glauben muß. Kein
Wunder also, wenn diese Separatisten bei der französischen Regierung
keine Unterstützung fanden, ehe Hr. Guizot und Hr. Salvandv am
Nuder, waren. Diese Momiers und Methodisten sind meistens reiche
Leute der höheren Klassen, die ihre weichliche Sinnlichkeit und geist¬
lose Ueppigkeit mit einer pietistisch-mystischen Religiosität bemänteln.
Ueber Trüffelpasteten, Austern und Champagner wird ein langes Ge¬
bet gesprochen und dann fromm in aller Demuth vor dem Herrn ge¬
schlemmt. Die Unterhaltung geht über die Verworfenheit des Volkes
(im «zuiutior 8t. ^ntoino), das sogar Iiorribile iliotu — flucht!
daß es hungert und im größten Elende schmachtet, das kümmert sie
sehr wenig. Nicht die Theilnahme an dem Loose eines Mitmenschen bewegt
solche fromme Augenverdreher zu einem Almosen, sondern allein ihr
raffinirter Egoismus. Ihr verwöhntes Auge wird durch den Anblick
des Jammers verletzt, ihr vornehmes Ohr durch einen gesunden Fluch
gekränkt, darum, aber nicht aus Theilnahme geben sie Geld her zur
Ernährung und besseren Erziehung des Volkes. Das wahre Elend
in seiner tragischen Größe kennen sie nicht, sie haben keinen Begriff
von den Leiden der Armen; das zeigt sich bei tausend Gelegenheiten.
Ich erinnere mich zur Zeit der Cholera in Berlin einer gewissen Grä¬
fin, die bei der Austheilung der Kleidungsstücke beschäftigt war, die
damals auf Betrieb einer edlen Frau den Armen gespendet wurden.
Sie gab Leuten, die 3—4 Hemden besaßen, noch 6 oder 8 daz»,
weil man mit weniger als einem Dutzend doch unmöglich auskommen
könne. „Warum ißt das arme Volk keinen Kuchen wenn es an
,M . . . . Brod fehlt?"
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