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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.

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schön Ruhe im Hause haben. Sie wissen ja, wir haben ohnedies
den schwarzen Feind -- Gott sei uns gnädig -- im Hause; und da wol¬
len wir mit dem außer dem Hause nichts zu schaffen haben.

Die Herren von den westlichen Urwäldern, anderen wilde
Küsten das stille Meer schlägt, die möchten, der Veränderung halber,
zwar etwas stürmisches, und ein gewisser Quincy Adams schägt die
Bibel auf, die die Geschichte der Urwälder am besten kennt und be¬
weist, daß Adam seinem frommen Seth und dieser dem Herrn Noah,
und dieser dem ganzen Geschlechtsregister herunter, und endlich den
Urgroßenkeln Laß, Allen und Hannegan das ganze Oregongebiet in
dem von Gott gegenzeichneten Testamente feierlichst verschrieben habe;
und aus kindlicher Pietät beweist er weiter, daß wir aus gleichen,
kindlichfrommen Gefühlen uns für Oregon zu schlagen, zu balgen, zu
boren in. hätten, und bemerkt, daß der Westen dies der Union dicta¬
torisch gebiete. Allein mit nicht homöopathischer, sondern alläopathi-
scher Majorität raunt man dem Herrn in's Ohr: "Wir gehorchen hier
zu Lande nicht den dictatorischen Befehlen eines Autokraten; wir fü¬
gen uns nicht den Constitutions-verletzenden Edicten eines Ministers,
selbst wenn er der fromme Sohn Abel des urwäldlichen Avams wäre; wir
folgen nicht dem Geschrei präsidentsüchtiger Hitzköpfe. Und die Her¬
ren Laß und Allen müssen sich'ö lassen gefallen, daß der Majorität
heiliger Wille trotz ihres handfesten Geschreis sich erfülle. Und die
Herren rufen mit dem guten Rande: Nur keine Feindschaft nicht; in
Gottes Namen, habt Friede, ihr frommen Seelen."

Und so hätte es denn schon lange keine Gefahr mehr, wenn es
nur keine Diplomaten gäbe. Die sitzen nun über ihren Griesgrams¬
büchereien und deuteln und düpfeln über Ehre, erstes Entgegenkom¬
men, verbrauchen die Zeit mit völkerrechtlichen Kritzeleien und verküm¬
mern uns so noch einige Monate lang das Leben. Am Ende sind sie
auch nicht klüger als Andre, und bringen auch nichts Besseres her¬
aus, als Andre, und die Geschichte endet, wie so Vieles heut zu Tage,
mit dem bekannten Worte: Besser ein magerer Vergleich, als ein fet¬
ter Prozeß. Der Unterschied am Ende ist nur der, daß wir Herrn
Pakenham keinen Orden zu geben haben und MLane in London kei¬
nen annehmen darf.

Bis die wenigen Monate noch in Geduld herumgebracht sind,
beschäftigen wir uns damit, die ganze Affaire in den urwälvlichen Text
der Bibel und des Herrn Adams überzutragen. Ein guter Freunv


schön Ruhe im Hause haben. Sie wissen ja, wir haben ohnedies
den schwarzen Feind — Gott sei uns gnädig — im Hause; und da wol¬
len wir mit dem außer dem Hause nichts zu schaffen haben.

Die Herren von den westlichen Urwäldern, anderen wilde
Küsten das stille Meer schlägt, die möchten, der Veränderung halber,
zwar etwas stürmisches, und ein gewisser Quincy Adams schägt die
Bibel auf, die die Geschichte der Urwälder am besten kennt und be¬
weist, daß Adam seinem frommen Seth und dieser dem Herrn Noah,
und dieser dem ganzen Geschlechtsregister herunter, und endlich den
Urgroßenkeln Laß, Allen und Hannegan das ganze Oregongebiet in
dem von Gott gegenzeichneten Testamente feierlichst verschrieben habe;
und aus kindlicher Pietät beweist er weiter, daß wir aus gleichen,
kindlichfrommen Gefühlen uns für Oregon zu schlagen, zu balgen, zu
boren in. hätten, und bemerkt, daß der Westen dies der Union dicta¬
torisch gebiete. Allein mit nicht homöopathischer, sondern alläopathi-
scher Majorität raunt man dem Herrn in's Ohr: „Wir gehorchen hier
zu Lande nicht den dictatorischen Befehlen eines Autokraten; wir fü¬
gen uns nicht den Constitutions-verletzenden Edicten eines Ministers,
selbst wenn er der fromme Sohn Abel des urwäldlichen Avams wäre; wir
folgen nicht dem Geschrei präsidentsüchtiger Hitzköpfe. Und die Her¬
ren Laß und Allen müssen sich'ö lassen gefallen, daß der Majorität
heiliger Wille trotz ihres handfesten Geschreis sich erfülle. Und die
Herren rufen mit dem guten Rande: Nur keine Feindschaft nicht; in
Gottes Namen, habt Friede, ihr frommen Seelen."

Und so hätte es denn schon lange keine Gefahr mehr, wenn es
nur keine Diplomaten gäbe. Die sitzen nun über ihren Griesgrams¬
büchereien und deuteln und düpfeln über Ehre, erstes Entgegenkom¬
men, verbrauchen die Zeit mit völkerrechtlichen Kritzeleien und verküm¬
mern uns so noch einige Monate lang das Leben. Am Ende sind sie
auch nicht klüger als Andre, und bringen auch nichts Besseres her¬
aus, als Andre, und die Geschichte endet, wie so Vieles heut zu Tage,
mit dem bekannten Worte: Besser ein magerer Vergleich, als ein fet¬
ter Prozeß. Der Unterschied am Ende ist nur der, daß wir Herrn
Pakenham keinen Orden zu geben haben und MLane in London kei¬
nen annehmen darf.

Bis die wenigen Monate noch in Geduld herumgebracht sind,
beschäftigen wir uns damit, die ganze Affaire in den urwälvlichen Text
der Bibel und des Herrn Adams überzutragen. Ein guter Freunv


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[0532] schön Ruhe im Hause haben. Sie wissen ja, wir haben ohnedies den schwarzen Feind — Gott sei uns gnädig — im Hause; und da wol¬ len wir mit dem außer dem Hause nichts zu schaffen haben. Die Herren von den westlichen Urwäldern, anderen wilde Küsten das stille Meer schlägt, die möchten, der Veränderung halber, zwar etwas stürmisches, und ein gewisser Quincy Adams schägt die Bibel auf, die die Geschichte der Urwälder am besten kennt und be¬ weist, daß Adam seinem frommen Seth und dieser dem Herrn Noah, und dieser dem ganzen Geschlechtsregister herunter, und endlich den Urgroßenkeln Laß, Allen und Hannegan das ganze Oregongebiet in dem von Gott gegenzeichneten Testamente feierlichst verschrieben habe; und aus kindlicher Pietät beweist er weiter, daß wir aus gleichen, kindlichfrommen Gefühlen uns für Oregon zu schlagen, zu balgen, zu boren in. hätten, und bemerkt, daß der Westen dies der Union dicta¬ torisch gebiete. Allein mit nicht homöopathischer, sondern alläopathi- scher Majorität raunt man dem Herrn in's Ohr: „Wir gehorchen hier zu Lande nicht den dictatorischen Befehlen eines Autokraten; wir fü¬ gen uns nicht den Constitutions-verletzenden Edicten eines Ministers, selbst wenn er der fromme Sohn Abel des urwäldlichen Avams wäre; wir folgen nicht dem Geschrei präsidentsüchtiger Hitzköpfe. Und die Her¬ ren Laß und Allen müssen sich'ö lassen gefallen, daß der Majorität heiliger Wille trotz ihres handfesten Geschreis sich erfülle. Und die Herren rufen mit dem guten Rande: Nur keine Feindschaft nicht; in Gottes Namen, habt Friede, ihr frommen Seelen." Und so hätte es denn schon lange keine Gefahr mehr, wenn es nur keine Diplomaten gäbe. Die sitzen nun über ihren Griesgrams¬ büchereien und deuteln und düpfeln über Ehre, erstes Entgegenkom¬ men, verbrauchen die Zeit mit völkerrechtlichen Kritzeleien und verküm¬ mern uns so noch einige Monate lang das Leben. Am Ende sind sie auch nicht klüger als Andre, und bringen auch nichts Besseres her¬ aus, als Andre, und die Geschichte endet, wie so Vieles heut zu Tage, mit dem bekannten Worte: Besser ein magerer Vergleich, als ein fet¬ ter Prozeß. Der Unterschied am Ende ist nur der, daß wir Herrn Pakenham keinen Orden zu geben haben und MLane in London kei¬ nen annehmen darf. Bis die wenigen Monate noch in Geduld herumgebracht sind, beschäftigen wir uns damit, die ganze Affaire in den urwälvlichen Text der Bibel und des Herrn Adams überzutragen. Ein guter Freunv

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365120/532>, abgerufen am 23.07.2024.