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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.

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unsre liebe Mariane mit beilegen. Ich wünsche, daß sie sich nach ih¬
rer Art gesund, d. h. leidlich befinde, um d.is manche lange ersehnte
Gute genießen zu können, in dessen Nähe sie sich jetzt befindet. Fah¬
ren Sie fort meiner zu gedenken, und bleiben Sie überzeugt, daß ich
mich sehr oft der guten Tage erinnere, wo wir zusammen an der Tö¬
lpel manches nicht wieder zu erlebenden Vergnügens genossen. Em¬
pfehlen Sie mich Ihrem Herrn Gemahl und bleiben mir gewogen.


Goethe.

(Nach Berlin).


4.

Weimar, den 23. October I3IV.

Sie sollen, theuerste Freundin, recht herzlichen Dank haben, daß
Sie uns durch Ihren lieben Brief, dem wir lange hätten zuvorkom¬
men sollen, auf eine so freundliche Weise beschämen. Wir freuen uns
zu hören, daß Sie mit dem Erfolg Ihrer Badecur nicht ganz unzu¬
frieden sind. Nachdem wir in Freiberg, Chemnitz und Löbichau Berg¬
werke, Fabriken und schöne Damen besucht, sind wir in Weimar an¬
gelangt, und wurden daselbst von Hof-, Theater- und Gesellschaftsan-
gelegcnheiten sogleich umfangen, so daß unser Blick nach außen für
die erste Zeit ganz umnebelt war. Selbst jetzt geht es noch ein bis¬
chen bunt her. Verzeihen Sie also diesem eiligen Schreiben.

DaS mitgetheilte höchst merkwürdige Blatt werde ich wohl ver¬
wahren, es soll nicht aus meinen Händen kommen. Lassen Sie von
Zeit zu Zeit etwas von sich hören und geben uns einige Nachricht,
besonders auch, wie es mit dem akademischen Wesen in Berlin aus¬
sieht.

Nach der Ankündigung ist dieser ehrwürdige Körper sehr diSpro-
portionirt. Nimmt die medicinische Facultät, wie billig, den untern
Theil deö Rumpfes ein; so muß man sagen, daß es ein wohlbeleib¬
ter Körper ist. Anderer Bemerkungen enthalte ich mich. Doctor Rie¬
mer empfiehlt sich zum allerbesten, dankt für daS Andenken, und wünscht
auch seine Freunde Ihnen immer empfohlen.

Nun aber empfehle ich Ihnen meine Küche, und meine Tafel, für
welche Sie mir zu rechter Zeit einige Leckerbissen zu senden versprochen
haben, als da sind: Kaviar, Sander und Dorsche. Mögen Sie mir
eine förmliche Rechnung Ihrer Auslagen senden; so verbinden Sie


unsre liebe Mariane mit beilegen. Ich wünsche, daß sie sich nach ih¬
rer Art gesund, d. h. leidlich befinde, um d.is manche lange ersehnte
Gute genießen zu können, in dessen Nähe sie sich jetzt befindet. Fah¬
ren Sie fort meiner zu gedenken, und bleiben Sie überzeugt, daß ich
mich sehr oft der guten Tage erinnere, wo wir zusammen an der Tö¬
lpel manches nicht wieder zu erlebenden Vergnügens genossen. Em¬
pfehlen Sie mich Ihrem Herrn Gemahl und bleiben mir gewogen.


Goethe.

(Nach Berlin).


4.

Weimar, den 23. October I3IV.

Sie sollen, theuerste Freundin, recht herzlichen Dank haben, daß
Sie uns durch Ihren lieben Brief, dem wir lange hätten zuvorkom¬
men sollen, auf eine so freundliche Weise beschämen. Wir freuen uns
zu hören, daß Sie mit dem Erfolg Ihrer Badecur nicht ganz unzu¬
frieden sind. Nachdem wir in Freiberg, Chemnitz und Löbichau Berg¬
werke, Fabriken und schöne Damen besucht, sind wir in Weimar an¬
gelangt, und wurden daselbst von Hof-, Theater- und Gesellschaftsan-
gelegcnheiten sogleich umfangen, so daß unser Blick nach außen für
die erste Zeit ganz umnebelt war. Selbst jetzt geht es noch ein bis¬
chen bunt her. Verzeihen Sie also diesem eiligen Schreiben.

DaS mitgetheilte höchst merkwürdige Blatt werde ich wohl ver¬
wahren, es soll nicht aus meinen Händen kommen. Lassen Sie von
Zeit zu Zeit etwas von sich hören und geben uns einige Nachricht,
besonders auch, wie es mit dem akademischen Wesen in Berlin aus¬
sieht.

Nach der Ankündigung ist dieser ehrwürdige Körper sehr diSpro-
portionirt. Nimmt die medicinische Facultät, wie billig, den untern
Theil deö Rumpfes ein; so muß man sagen, daß es ein wohlbeleib¬
ter Körper ist. Anderer Bemerkungen enthalte ich mich. Doctor Rie¬
mer empfiehlt sich zum allerbesten, dankt für daS Andenken, und wünscht
auch seine Freunde Ihnen immer empfohlen.

Nun aber empfehle ich Ihnen meine Küche, und meine Tafel, für
welche Sie mir zu rechter Zeit einige Leckerbissen zu senden versprochen
haben, als da sind: Kaviar, Sander und Dorsche. Mögen Sie mir
eine förmliche Rechnung Ihrer Auslagen senden; so verbinden Sie


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[0512] unsre liebe Mariane mit beilegen. Ich wünsche, daß sie sich nach ih¬ rer Art gesund, d. h. leidlich befinde, um d.is manche lange ersehnte Gute genießen zu können, in dessen Nähe sie sich jetzt befindet. Fah¬ ren Sie fort meiner zu gedenken, und bleiben Sie überzeugt, daß ich mich sehr oft der guten Tage erinnere, wo wir zusammen an der Tö¬ lpel manches nicht wieder zu erlebenden Vergnügens genossen. Em¬ pfehlen Sie mich Ihrem Herrn Gemahl und bleiben mir gewogen. Goethe. (Nach Berlin). 4. Weimar, den 23. October I3IV. Sie sollen, theuerste Freundin, recht herzlichen Dank haben, daß Sie uns durch Ihren lieben Brief, dem wir lange hätten zuvorkom¬ men sollen, auf eine so freundliche Weise beschämen. Wir freuen uns zu hören, daß Sie mit dem Erfolg Ihrer Badecur nicht ganz unzu¬ frieden sind. Nachdem wir in Freiberg, Chemnitz und Löbichau Berg¬ werke, Fabriken und schöne Damen besucht, sind wir in Weimar an¬ gelangt, und wurden daselbst von Hof-, Theater- und Gesellschaftsan- gelegcnheiten sogleich umfangen, so daß unser Blick nach außen für die erste Zeit ganz umnebelt war. Selbst jetzt geht es noch ein bis¬ chen bunt her. Verzeihen Sie also diesem eiligen Schreiben. DaS mitgetheilte höchst merkwürdige Blatt werde ich wohl ver¬ wahren, es soll nicht aus meinen Händen kommen. Lassen Sie von Zeit zu Zeit etwas von sich hören und geben uns einige Nachricht, besonders auch, wie es mit dem akademischen Wesen in Berlin aus¬ sieht. Nach der Ankündigung ist dieser ehrwürdige Körper sehr diSpro- portionirt. Nimmt die medicinische Facultät, wie billig, den untern Theil deö Rumpfes ein; so muß man sagen, daß es ein wohlbeleib¬ ter Körper ist. Anderer Bemerkungen enthalte ich mich. Doctor Rie¬ mer empfiehlt sich zum allerbesten, dankt für daS Andenken, und wünscht auch seine Freunde Ihnen immer empfohlen. Nun aber empfehle ich Ihnen meine Küche, und meine Tafel, für welche Sie mir zu rechter Zeit einige Leckerbissen zu senden versprochen haben, als da sind: Kaviar, Sander und Dorsche. Mögen Sie mir eine förmliche Rechnung Ihrer Auslagen senden; so verbinden Sie

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365120/512>, abgerufen am 24.11.2024.