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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.

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u. s. w., doch im großen Ganzen dieser Einfluß nicht wirk¬
samer hervortritt, als andere hier in Betracht kommende Ur¬
sachen, die wir im Vorstehenden zu ergründen versucht haben.

Als Abschluß und Anhang dieser Abhandlung erscheint es nicht
unpassend, aus den seit langen Jahren dazu von mir gesammelten
amtlichen Materialien eine kleine Gallene der merkwürdigsten Fälle
von hierher gehörigen Verbrechen mitzutheilen, deren jeder Einzelne ein
großes psychologisches Interesse in Anspruch zu nehmen geeignet ist.
Gleichzeitig wird endlich auch aus der Vergleichung dieser Fälle sich
ergeben, wie verschieden in diesen Beziehungen die verschiedenen Pro¬
vinzen des Staates sich verhalten. Verbrechen aus finstersten Aber¬
glauben z. B., wie sogleich die beiden ersten zu berichtenden aus der
östlichsten Provinz, werden schwerlich in einem andern Landesthetle
vorkommen. Die ausgesuchtesten Rohheiten und Verruchtheiten habe
ich konstant und Jahrelang in den Berichten aus Oberschlesien, aber
auch aus dem frankfurter Regierungsbezirk gefunden u. s. w.

!. Provinz Preußen. Im Rgsbez. Danzig, und zwar auf
der Halbinsel Hela, kam im August 1836 der traurige Fall einer ab¬
sichtlichen, durch mehrere Menschen verübten Tödtung durch Mißhand¬
lungen einer Frau vor, die auf der Halbinsel für -- eine Here gehal¬
ten wurde. -- Ein noch scheußlicheres Verbrechen aus Aberglauben
ereignete sich im Februar desselben Jahres im Rgsbez. Gumbinnen,
wo ein Mensch einen Mord beging, um -- sich Menschentalg zu ver¬
schaffen, woraus er sich Lichte machen wollte, weil er gehört und ge¬
glaubt hatte, daß man sich durch solche Lichte unsichtbar machen könne!

2. Provinz Sachsen. Die Kinderselbstmorde sind überall in
der Monarchie in den neuern Zeiten in so steigender Häufigkeit vor¬
gekommen, daß eS ermüdend wäre, auch nur einen Theil solcher Fälle
hier bekannt zu machen. Ein nur achtjähriger Selbstmörder aber
gehört noch glücklicherweise zu den Seltenheiten; ein Knabe dieses
Alters setzte im Jahre 1833 im Rgsbez. Merseburg seinem jungen
^eben ni>, Ziel durch Ertränken. - Zu eben dieser Zeit gab sich in
dieser Gegend ein junger Mensch freiwillig den Tod durch -- Erfrie¬
ren, mit dem freiwilligen Verbrennen der seltensten unter allen Selbst¬
mordsarten. In eben diesem Regierungsbezirk fand man im August
1834 eine geschwängerte Person im Wasser, mit abgeschnittenem Kopfe
aufgeschnittenen Leibe, und es waren dem Kinde im Uterus außerdem
Brust und Leib aufgeschnitten, und Herz und Lungen herausgenommen!
Was mögen wohl die Motive von dieser gräßlichen That gewesen


u. s. w., doch im großen Ganzen dieser Einfluß nicht wirk¬
samer hervortritt, als andere hier in Betracht kommende Ur¬
sachen, die wir im Vorstehenden zu ergründen versucht haben.

Als Abschluß und Anhang dieser Abhandlung erscheint es nicht
unpassend, aus den seit langen Jahren dazu von mir gesammelten
amtlichen Materialien eine kleine Gallene der merkwürdigsten Fälle
von hierher gehörigen Verbrechen mitzutheilen, deren jeder Einzelne ein
großes psychologisches Interesse in Anspruch zu nehmen geeignet ist.
Gleichzeitig wird endlich auch aus der Vergleichung dieser Fälle sich
ergeben, wie verschieden in diesen Beziehungen die verschiedenen Pro¬
vinzen des Staates sich verhalten. Verbrechen aus finstersten Aber¬
glauben z. B., wie sogleich die beiden ersten zu berichtenden aus der
östlichsten Provinz, werden schwerlich in einem andern Landesthetle
vorkommen. Die ausgesuchtesten Rohheiten und Verruchtheiten habe
ich konstant und Jahrelang in den Berichten aus Oberschlesien, aber
auch aus dem frankfurter Regierungsbezirk gefunden u. s. w.

!. Provinz Preußen. Im Rgsbez. Danzig, und zwar auf
der Halbinsel Hela, kam im August 1836 der traurige Fall einer ab¬
sichtlichen, durch mehrere Menschen verübten Tödtung durch Mißhand¬
lungen einer Frau vor, die auf der Halbinsel für — eine Here gehal¬
ten wurde. — Ein noch scheußlicheres Verbrechen aus Aberglauben
ereignete sich im Februar desselben Jahres im Rgsbez. Gumbinnen,
wo ein Mensch einen Mord beging, um — sich Menschentalg zu ver¬
schaffen, woraus er sich Lichte machen wollte, weil er gehört und ge¬
glaubt hatte, daß man sich durch solche Lichte unsichtbar machen könne!

2. Provinz Sachsen. Die Kinderselbstmorde sind überall in
der Monarchie in den neuern Zeiten in so steigender Häufigkeit vor¬
gekommen, daß eS ermüdend wäre, auch nur einen Theil solcher Fälle
hier bekannt zu machen. Ein nur achtjähriger Selbstmörder aber
gehört noch glücklicherweise zu den Seltenheiten; ein Knabe dieses
Alters setzte im Jahre 1833 im Rgsbez. Merseburg seinem jungen
^eben ni>, Ziel durch Ertränken. - Zu eben dieser Zeit gab sich in
dieser Gegend ein junger Mensch freiwillig den Tod durch — Erfrie¬
ren, mit dem freiwilligen Verbrennen der seltensten unter allen Selbst¬
mordsarten. In eben diesem Regierungsbezirk fand man im August
1834 eine geschwängerte Person im Wasser, mit abgeschnittenem Kopfe
aufgeschnittenen Leibe, und es waren dem Kinde im Uterus außerdem
Brust und Leib aufgeschnitten, und Herz und Lungen herausgenommen!
Was mögen wohl die Motive von dieser gräßlichen That gewesen


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[0483] u. s. w., doch im großen Ganzen dieser Einfluß nicht wirk¬ samer hervortritt, als andere hier in Betracht kommende Ur¬ sachen, die wir im Vorstehenden zu ergründen versucht haben. Als Abschluß und Anhang dieser Abhandlung erscheint es nicht unpassend, aus den seit langen Jahren dazu von mir gesammelten amtlichen Materialien eine kleine Gallene der merkwürdigsten Fälle von hierher gehörigen Verbrechen mitzutheilen, deren jeder Einzelne ein großes psychologisches Interesse in Anspruch zu nehmen geeignet ist. Gleichzeitig wird endlich auch aus der Vergleichung dieser Fälle sich ergeben, wie verschieden in diesen Beziehungen die verschiedenen Pro¬ vinzen des Staates sich verhalten. Verbrechen aus finstersten Aber¬ glauben z. B., wie sogleich die beiden ersten zu berichtenden aus der östlichsten Provinz, werden schwerlich in einem andern Landesthetle vorkommen. Die ausgesuchtesten Rohheiten und Verruchtheiten habe ich konstant und Jahrelang in den Berichten aus Oberschlesien, aber auch aus dem frankfurter Regierungsbezirk gefunden u. s. w. !. Provinz Preußen. Im Rgsbez. Danzig, und zwar auf der Halbinsel Hela, kam im August 1836 der traurige Fall einer ab¬ sichtlichen, durch mehrere Menschen verübten Tödtung durch Mißhand¬ lungen einer Frau vor, die auf der Halbinsel für — eine Here gehal¬ ten wurde. — Ein noch scheußlicheres Verbrechen aus Aberglauben ereignete sich im Februar desselben Jahres im Rgsbez. Gumbinnen, wo ein Mensch einen Mord beging, um — sich Menschentalg zu ver¬ schaffen, woraus er sich Lichte machen wollte, weil er gehört und ge¬ glaubt hatte, daß man sich durch solche Lichte unsichtbar machen könne! 2. Provinz Sachsen. Die Kinderselbstmorde sind überall in der Monarchie in den neuern Zeiten in so steigender Häufigkeit vor¬ gekommen, daß eS ermüdend wäre, auch nur einen Theil solcher Fälle hier bekannt zu machen. Ein nur achtjähriger Selbstmörder aber gehört noch glücklicherweise zu den Seltenheiten; ein Knabe dieses Alters setzte im Jahre 1833 im Rgsbez. Merseburg seinem jungen ^eben ni>, Ziel durch Ertränken. - Zu eben dieser Zeit gab sich in dieser Gegend ein junger Mensch freiwillig den Tod durch — Erfrie¬ ren, mit dem freiwilligen Verbrennen der seltensten unter allen Selbst¬ mordsarten. In eben diesem Regierungsbezirk fand man im August 1834 eine geschwängerte Person im Wasser, mit abgeschnittenem Kopfe aufgeschnittenen Leibe, und es waren dem Kinde im Uterus außerdem Brust und Leib aufgeschnitten, und Herz und Lungen herausgenommen! Was mögen wohl die Motive von dieser gräßlichen That gewesen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365120/483>, abgerufen am 24.11.2024.