Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.sterbrüstung angebracht. Mein Salon, der sechzig Fuß lang ist, ward K. Ich mache meinen Brief wieder auf, um Dir für Deine sterbrüstung angebracht. Mein Salon, der sechzig Fuß lang ist, ward K. Ich mache meinen Brief wieder auf, um Dir für Deine <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0462" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/182885"/> <p xml:id="ID_1357" prev="#ID_1356"> sterbrüstung angebracht. Mein Salon, der sechzig Fuß lang ist, ward<lb/> mit einer Tapete von Thierfiguren decorirt; er ist wirklich prächtig,<lb/> von acht Kerzen beleuchtet: dies ist die Sonntagsbeleuchtung. Ich<lb/> sterbe vor Furcht, so oft ich ihn nach Sonnenuntergang betrete. Al¬<lb/> les Uebrige ist sehr schlecht möblirt, wie Du Dir denken kannst. Die<lb/> Thüren schließen nicht, das Getäfel kracht und knarrt, der Wind<lb/> pfeift und heult in diesen hohen Räumen zum Entsetzen. Doch fange<lb/> ich an, mich daran zu gewöhnen. Ich ordne, ich bessere.aus, ich<lb/> pflanze, und ehe die Kälte kommt, werde ich mir ein erträgliches Win¬<lb/> terquartier eingerichtet haben. Du kannst Dich darauf verlassen, daß<lb/> Dein Thurm für den Frühling fertig sein wird. O, daß ich nicht<lb/> schon jetzt Dich, darin beherbergen kann! Ein Vorzug von EtvöoS ist<lb/> es, daß wir keine^Nachbarn haben. Wir leben in vollständiger Ein¬<lb/> samkeit. Ich habe^ dem Himmel sei Dank, keine andern Gäste, als<lb/> meinen Kaplan, den Pater Bukowizka. Es ist dies ein sehr sanfter,<lb/> junger Mann, obwohl >>r stark gebogene, dichte Augenbrauen hat<lb/> und große, schwarze Augen wie ein Bösewicht in einem Schauer-<lb/> Drama. Letzten Sonntag hielt er uns eine Predigt, die sür eine<lb/> Dorfpredigt gar nicht schlecht war, und zwar über den Satz, „daß<lb/> das Unglück eine Wohlthat der Vorsehung sei, um unsere Seelen zu<lb/> läutern." Hiernach sind wir unsern Gläubigern, vie uns offenbar nur<lb/> läutern wollten, indem sie unsere Einkünfte mit Beschlag belegten,<lb/> nichts als Dank schuldig. Adieu, meine Theure. Mein Piano kommt<lb/> eben an mit Kasten und Kisten. Ich will sehen, wie ich dies Alles<lb/> in Ordnung bringen lasse.</p><lb/> <p xml:id="ID_1358" next="#ID_1359"> K. Ich mache meinen Brief wieder auf, um Dir für Deine<lb/> Sendung zu danken. Alles dies ist zu schön, viel zu schön für Et-<lb/> vöos. Die graue Mantille gefällt mir. Ich habe Deinen Geschmack daran<lb/> erkannt. Ich werde sie Sonntags zur Messe umnehmen; vielleicht<lb/> kommt grade ein wiener Handlungsreisender vorüber, um sie zu be¬<lb/> wundern Aber wofür hältst Du mich mit Deinen Romanen? Ich<lb/> will eine ernste Person werden und bin es sogar schon; ich habe<lb/> Grund dazu. Es ist mir darum zu thun, mich zu unterrichten. Wenn<lb/> ich in drei Jahren (ich bin dann 33 alt) nach Wien zurückkomme,<lb/> will ich eine wahre Staöl und zum allerwenigsten eine Caroltne Pich-<lb/> ler sein. Ich weiß nicht, was für Bücher ich eigentlich von Dir ver¬<lb/> langen soll. Was räthst Du mir zu lernen? Englisch oder Latei¬<lb/> nisch? Es wäre wohl angenehm, den Byron und Walter Scott im<lb/> Original zu lesen. EtvöoS ist der rechte Ort für Rittergeschichten</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0462]
sterbrüstung angebracht. Mein Salon, der sechzig Fuß lang ist, ward
mit einer Tapete von Thierfiguren decorirt; er ist wirklich prächtig,
von acht Kerzen beleuchtet: dies ist die Sonntagsbeleuchtung. Ich
sterbe vor Furcht, so oft ich ihn nach Sonnenuntergang betrete. Al¬
les Uebrige ist sehr schlecht möblirt, wie Du Dir denken kannst. Die
Thüren schließen nicht, das Getäfel kracht und knarrt, der Wind
pfeift und heult in diesen hohen Räumen zum Entsetzen. Doch fange
ich an, mich daran zu gewöhnen. Ich ordne, ich bessere.aus, ich
pflanze, und ehe die Kälte kommt, werde ich mir ein erträgliches Win¬
terquartier eingerichtet haben. Du kannst Dich darauf verlassen, daß
Dein Thurm für den Frühling fertig sein wird. O, daß ich nicht
schon jetzt Dich, darin beherbergen kann! Ein Vorzug von EtvöoS ist
es, daß wir keine^Nachbarn haben. Wir leben in vollständiger Ein¬
samkeit. Ich habe^ dem Himmel sei Dank, keine andern Gäste, als
meinen Kaplan, den Pater Bukowizka. Es ist dies ein sehr sanfter,
junger Mann, obwohl >>r stark gebogene, dichte Augenbrauen hat
und große, schwarze Augen wie ein Bösewicht in einem Schauer-
Drama. Letzten Sonntag hielt er uns eine Predigt, die sür eine
Dorfpredigt gar nicht schlecht war, und zwar über den Satz, „daß
das Unglück eine Wohlthat der Vorsehung sei, um unsere Seelen zu
läutern." Hiernach sind wir unsern Gläubigern, vie uns offenbar nur
läutern wollten, indem sie unsere Einkünfte mit Beschlag belegten,
nichts als Dank schuldig. Adieu, meine Theure. Mein Piano kommt
eben an mit Kasten und Kisten. Ich will sehen, wie ich dies Alles
in Ordnung bringen lasse.
K. Ich mache meinen Brief wieder auf, um Dir für Deine
Sendung zu danken. Alles dies ist zu schön, viel zu schön für Et-
vöos. Die graue Mantille gefällt mir. Ich habe Deinen Geschmack daran
erkannt. Ich werde sie Sonntags zur Messe umnehmen; vielleicht
kommt grade ein wiener Handlungsreisender vorüber, um sie zu be¬
wundern Aber wofür hältst Du mich mit Deinen Romanen? Ich
will eine ernste Person werden und bin es sogar schon; ich habe
Grund dazu. Es ist mir darum zu thun, mich zu unterrichten. Wenn
ich in drei Jahren (ich bin dann 33 alt) nach Wien zurückkomme,
will ich eine wahre Staöl und zum allerwenigsten eine Caroltne Pich-
ler sein. Ich weiß nicht, was für Bücher ich eigentlich von Dir ver¬
langen soll. Was räthst Du mir zu lernen? Englisch oder Latei¬
nisch? Es wäre wohl angenehm, den Byron und Walter Scott im
Original zu lesen. EtvöoS ist der rechte Ort für Rittergeschichten
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