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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.

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dadurch edleres geworden, weil beide Theile ihren gegenseitigen Werth
und ihr gegenseitiges Bedürfniß haben kennen lernen.

Scheinbar haben allerdings die Grundbesitzer durch billige Tare
der Frohnarbeit und durch Erlaß eines Drittels der ermittelten Ent¬
schädigung ein Opfer gebracht, aber wie alles Gute, so belohnt sich
auch dies wieder durch sich selbst. Indem sie jetzt mit Lohnleuten ihr
Feld bestellen, ist die Bestellung eine weit schnellere, pünktlichere und
darum erfolgreichere. Sie machen jetzt nicht mehr die traurige Er¬
fahrung, daß ihnen durch Trägheit, Ungeschick oder Böswilligkeit die
geeignete Zeit ungenützt verstreicht, die Früchte vor dem Einheimsen
verderben, die Thiere Schaden leiden, die Gebäude beschädigt werden
u. s. w., und haben dadurch nicht nur wenigstens eben so viel erspart,
als sie erlassen haben, sondern haben auch an der Oekonomie weit
mehr Freude, weil ihnen viel Aergerniß erspart wird. Für den Na¬
tionalwohlstand hat die Ablösung die außerordentlichstenFolgen. Es wer¬
den nicht nur, wie bereits angedeutet, die Arbeitskräfte und die Ar¬
beitszeit weit besser verwendet und somit weit fruchtbarer gemacht,
sondern auch die Erzeugnisse des Bodens und des Viehstandes durch
sorgfältigere Behandlung beider bedeutend erhöht, somit auch der
Wohlstand des Landvolkes vermehrt und die Consumtionsfähigkeit des¬
selben zu Gunsten der Städter erhöht. Gleichzeitig sind die Land¬
grundstücke, die kleineren wie die größeren, durch bessere Bearbeitung,
durch reichlicheren und sicheren Ertrag und durch Vermehrung des
Vermögens überhaupt im Werthe bedeutend gestiegen, und somit das
Nati"nalvermögen eben so bedeutend gewachsen; endlich werden nach
fünfzig Jahren die große Masse Capitalien, welche jetzt durch Land¬
rentenbriefe repräsentirt sind, wirklich erspart sein, und die Bauern¬
grundstücke werden um so viel mehr Capitalwerth haben, als sie jetzt
durch die Rente verzinsen müssen. Allenthalben ist durch die freie Ar¬
beit Ordnung und Fleiß erhöht, Milde und Menschenfreundlichkeit ver¬
mehrt und der Nationalreichthum gesteigert worden. Darum mögen
die böhmischen und mährischen Grundherren scheinbare Opfer nicht
scheuen, sie werden dadurch ein fruchtbringendes Capital erwerben, und
die Bauern mögen nicht zögern, billige Vorschläge anzunehmen, die
freie Verwendung ihrer Arbeitskräfte wird sie befähigen, ihre Verpflich¬
tungen abzutragen. Beide aber mögen um die Ausgleichungsmittel nicht
besorgt sein, eine weise und milde Negierung wird durch zweckmäßige
Gesetze beiden zu Hilfe kommen.

Einen Punkt könnte man noch bedenklich finden, die Verpflich-


dadurch edleres geworden, weil beide Theile ihren gegenseitigen Werth
und ihr gegenseitiges Bedürfniß haben kennen lernen.

Scheinbar haben allerdings die Grundbesitzer durch billige Tare
der Frohnarbeit und durch Erlaß eines Drittels der ermittelten Ent¬
schädigung ein Opfer gebracht, aber wie alles Gute, so belohnt sich
auch dies wieder durch sich selbst. Indem sie jetzt mit Lohnleuten ihr
Feld bestellen, ist die Bestellung eine weit schnellere, pünktlichere und
darum erfolgreichere. Sie machen jetzt nicht mehr die traurige Er¬
fahrung, daß ihnen durch Trägheit, Ungeschick oder Böswilligkeit die
geeignete Zeit ungenützt verstreicht, die Früchte vor dem Einheimsen
verderben, die Thiere Schaden leiden, die Gebäude beschädigt werden
u. s. w., und haben dadurch nicht nur wenigstens eben so viel erspart,
als sie erlassen haben, sondern haben auch an der Oekonomie weit
mehr Freude, weil ihnen viel Aergerniß erspart wird. Für den Na¬
tionalwohlstand hat die Ablösung die außerordentlichstenFolgen. Es wer¬
den nicht nur, wie bereits angedeutet, die Arbeitskräfte und die Ar¬
beitszeit weit besser verwendet und somit weit fruchtbarer gemacht,
sondern auch die Erzeugnisse des Bodens und des Viehstandes durch
sorgfältigere Behandlung beider bedeutend erhöht, somit auch der
Wohlstand des Landvolkes vermehrt und die Consumtionsfähigkeit des¬
selben zu Gunsten der Städter erhöht. Gleichzeitig sind die Land¬
grundstücke, die kleineren wie die größeren, durch bessere Bearbeitung,
durch reichlicheren und sicheren Ertrag und durch Vermehrung des
Vermögens überhaupt im Werthe bedeutend gestiegen, und somit das
Nati»nalvermögen eben so bedeutend gewachsen; endlich werden nach
fünfzig Jahren die große Masse Capitalien, welche jetzt durch Land¬
rentenbriefe repräsentirt sind, wirklich erspart sein, und die Bauern¬
grundstücke werden um so viel mehr Capitalwerth haben, als sie jetzt
durch die Rente verzinsen müssen. Allenthalben ist durch die freie Ar¬
beit Ordnung und Fleiß erhöht, Milde und Menschenfreundlichkeit ver¬
mehrt und der Nationalreichthum gesteigert worden. Darum mögen
die böhmischen und mährischen Grundherren scheinbare Opfer nicht
scheuen, sie werden dadurch ein fruchtbringendes Capital erwerben, und
die Bauern mögen nicht zögern, billige Vorschläge anzunehmen, die
freie Verwendung ihrer Arbeitskräfte wird sie befähigen, ihre Verpflich¬
tungen abzutragen. Beide aber mögen um die Ausgleichungsmittel nicht
besorgt sein, eine weise und milde Negierung wird durch zweckmäßige
Gesetze beiden zu Hilfe kommen.

Einen Punkt könnte man noch bedenklich finden, die Verpflich-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365120/406>, abgerufen am 24.11.2024.