Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.spornt, wenn es träge oder unnütz ist, bestraft. So greift ein fremder Gewiß läßt die innere Einrichtung der französischen Bagnos viel spornt, wenn es träge oder unnütz ist, bestraft. So greift ein fremder Gewiß läßt die innere Einrichtung der französischen Bagnos viel <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0383" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/182806"/> <p xml:id="ID_1089" prev="#ID_1088"> spornt, wenn es träge oder unnütz ist, bestraft. So greift ein fremder<lb/> Einfluß in die Strafe el», und diese wird durch Forderungen er¬<lb/> schwert, die außerhalb des gesetzlichen Strafmaßes liegen. Bisher<lb/> hat man seine Aufmerksamkeit nur auf die Nachtheile gerichtet, die den<lb/> Fabrikanten durch die Concurrenz der Gefängnißarbeit entstanden,<lb/> man hat über diesen ökonomischen Fehler den moralischen vergessen.<lb/> Es ist gewiß, daß diese Einmischung des industriellen Princips dem<lb/> Zweck des Gesetzgebers nicht entspricht. Das Gefängniß wird eine<lb/> Werkstätte und das mercantilische Interesse verdrängt das sociale In¬<lb/> teresse der aufgelegten Strafe. Man muß darauf sehen, daß die Ge-<lb/> schicklichkeit des Arbeiters nicht die Strafe des Verbrechers mindere.<lb/> Wenn es der Gesellschaft darum zu thun ist, daß man die Idee die¬<lb/> ser Institutionen nicht verkehre, wenn sie will, daß die Strafe eine<lb/> Straft bleibe, so ist es durchaus nothwendig, daß man dem Gefäng¬<lb/> niß seine Bestimmung zur Buße erhalte und daß man es nicht zu ei¬<lb/> nem Mittel des Gewinns und zu einem Gegenstand industrieller Aus¬<lb/> beute mache.'</p><lb/> <p xml:id="ID_1090"> Gewiß läßt die innere Einrichtung der französischen Bagnos viel<lb/> zu wünschen übrig, und es ist ein wahrer Krebsschaden für ein Land,<lb/> 70V0 Verbrecher unterhalten zu müssen, die sich gegenseitig verderben,<lb/> und die früher oder später den Aussatz des Verbrechens, der ihnen an<lb/> diesen verwünschten Orten eingeimpft, oder weiter ausgebildet wurde,<lb/> in den Schooß der Städte zurückbringen. Aber so wie er ist, erfüllr<lb/> wenigstens das Bagno den Zweck des Gesetzes: es ist ein Ort der<lb/> Bestrafung. Dazu kommt, daß sein Aufenthalt gesünder ist, als der<lb/> der Einsperrungshäuser und daß daselbst mehr als die Hälfte weniger<lb/> von den Verurtheilten sterben. Dies liegt sicherlich an der Art von<lb/> Arbeiten, mit denen sie beschäftigt sind. Im Bagno besteht die Arbeit<lb/> in Bewegung, in körperlicher Anstrengung, meist in freier Luft, wäh¬<lb/> rend die Manufakturarbeit der Detentionshäuser die Gefangenen vor<lb/> einem Webstuhl oder einem Werktisch, in einer verdorbenen Atmosphäre<lb/> festhält. Aus den officiellen Dokumenten geht hervor, daß in den<lb/> Zuchthäusern von 6-12 Gefangenen jährlich einer stirbt, während<lb/> in den Bagnos das Verhältniß gleich ist, zu 30—40. Es sterben<lb/> also in den Zuchthäusern 5 Gefangene für 2, die in den Bagnos<lb/> sterben. Diese Thatsachen verdienen sicherlich die Aufmerksamkeit der<lb/> Regierungen auf sich zu ziehen in einem Augenblick, wo man in Frank¬<lb/> reich nicht minder wie in Deutschland mit Einführung des neuen<lb/> Penitentwsystems Ernst macht.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0383]
spornt, wenn es träge oder unnütz ist, bestraft. So greift ein fremder
Einfluß in die Strafe el», und diese wird durch Forderungen er¬
schwert, die außerhalb des gesetzlichen Strafmaßes liegen. Bisher
hat man seine Aufmerksamkeit nur auf die Nachtheile gerichtet, die den
Fabrikanten durch die Concurrenz der Gefängnißarbeit entstanden,
man hat über diesen ökonomischen Fehler den moralischen vergessen.
Es ist gewiß, daß diese Einmischung des industriellen Princips dem
Zweck des Gesetzgebers nicht entspricht. Das Gefängniß wird eine
Werkstätte und das mercantilische Interesse verdrängt das sociale In¬
teresse der aufgelegten Strafe. Man muß darauf sehen, daß die Ge-
schicklichkeit des Arbeiters nicht die Strafe des Verbrechers mindere.
Wenn es der Gesellschaft darum zu thun ist, daß man die Idee die¬
ser Institutionen nicht verkehre, wenn sie will, daß die Strafe eine
Straft bleibe, so ist es durchaus nothwendig, daß man dem Gefäng¬
niß seine Bestimmung zur Buße erhalte und daß man es nicht zu ei¬
nem Mittel des Gewinns und zu einem Gegenstand industrieller Aus¬
beute mache.'
Gewiß läßt die innere Einrichtung der französischen Bagnos viel
zu wünschen übrig, und es ist ein wahrer Krebsschaden für ein Land,
70V0 Verbrecher unterhalten zu müssen, die sich gegenseitig verderben,
und die früher oder später den Aussatz des Verbrechens, der ihnen an
diesen verwünschten Orten eingeimpft, oder weiter ausgebildet wurde,
in den Schooß der Städte zurückbringen. Aber so wie er ist, erfüllr
wenigstens das Bagno den Zweck des Gesetzes: es ist ein Ort der
Bestrafung. Dazu kommt, daß sein Aufenthalt gesünder ist, als der
der Einsperrungshäuser und daß daselbst mehr als die Hälfte weniger
von den Verurtheilten sterben. Dies liegt sicherlich an der Art von
Arbeiten, mit denen sie beschäftigt sind. Im Bagno besteht die Arbeit
in Bewegung, in körperlicher Anstrengung, meist in freier Luft, wäh¬
rend die Manufakturarbeit der Detentionshäuser die Gefangenen vor
einem Webstuhl oder einem Werktisch, in einer verdorbenen Atmosphäre
festhält. Aus den officiellen Dokumenten geht hervor, daß in den
Zuchthäusern von 6-12 Gefangenen jährlich einer stirbt, während
in den Bagnos das Verhältniß gleich ist, zu 30—40. Es sterben
also in den Zuchthäusern 5 Gefangene für 2, die in den Bagnos
sterben. Diese Thatsachen verdienen sicherlich die Aufmerksamkeit der
Regierungen auf sich zu ziehen in einem Augenblick, wo man in Frank¬
reich nicht minder wie in Deutschland mit Einführung des neuen
Penitentwsystems Ernst macht.
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