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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.

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mangelt, sind nicht geeignet, die Sympathie eines Publicums zu gewin¬
nen, das Erl und Fraschini gehört hat,


VI.
Die böhmische Ständevevsammlung.

Wieder eine Versammlung der böhmischen Stände ist vorübergegan¬
gen, wir sahen die Herren zehn Tage hindurch in glänzenden Uniformen
und i'plus Fvkiti" zum gemeinsamen Mahle fahren, ohne Neid wie ohne
Hoffnung auf Resultate der Versammlung und der Debatten; auch wa¬
ren diese, wie bisher verlautet, sehr ruhiger Natur, die traurige Impro¬
visation der sarmatischen Standesgenossen und ihre Folgen, mochten wohl
bedeutend zur Beruhigung der Gemüther beigetragen haben, man schiebt
die Wiederaufnahme unfruchtbarer Plänkeleien für ruhigere Zeiten auf,
und mag die liebe Robot gewaltsamer Aufhebung von Staatswegen
nicht blos stellen.

Ein Redner, sonst Chef und Leiter der Opposition, auch diesmal
sich treu geblieben, ward von seinem Anhange emsig verlassen, man
desavouirte selbst frühere ihm gemachte Zugeständnisse, man schob seine
Anträge -- von denen mancher lobenswert!) --- als gefährlich gewordenes
Spielzeug scheu zur Seite.

Die früherhin angeregte Frage, wie der Bürgerstand verfassungs¬
gemäß im Landtage zu vertreten sei, ward friedlich und ganz anders
gelöst, als dies von der Opposition gewünscht worden.

Zur Zeit der Landesordnung, welche anbefahl, die vier prager Städte
und drei privilegirte königliche Städte Böhmens, hätten den Landtag
durch ihre Bürgermeister zu beschicken, waren die Bürgermeister und
Räthe der Städte von der Gemeinde wählbar, auch hatten damals
die vier Stadttheile Prags abgesonderte Magistrate -- unter Joseph II.
Negierung, welche überhaupt von dem Ständewesen wenig Notiz nahm,
wurde die Wählbarkeit der Municipalbeamtm aufgehoben, und ein gemein-
samer Magistrat für Prags Stadttheile eingesetzt; die privilegirten Städte
Pilsen, Budweis und Kuttenberg hielten es nicht der Mühe noch der
Kosten werth, die pro forma Landtage durch die Anwesenheit ihrer Con-
suln zu verherrlichen, und so kam es, daß, seit Leopold des zweiten Ab¬
leben, nur der Bürgermeister und Vicebürgermeister nebst zwei Räthen
des prager Magistrats -- durchaus vom Staate angestellte und absetz¬
bare Beamte -- im Landtage erschienen, und in der Regel nur ein
Curialvotum abgaben, wiewohl bisweilen, wenn das dem Vorsitzenden
eben paßte, ihre Vota vierstimmig gezählt wurden. --

Dies vierstimmige Votiren hatte im vorigen Jahre zu lebhaften
Protestationen, zu bittern Worten gegen den Vorstand Veranlassung ge¬
geben, und endlich zu dem Beschlusse geführt, dieses anomale Verhältniß
der städtischen Repräsentation nach historischem und vcrfassungsgemäßem
Rechte zu ordnen. Zunächst war der Wunsch vorherrschend gewesen, die


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mangelt, sind nicht geeignet, die Sympathie eines Publicums zu gewin¬
nen, das Erl und Fraschini gehört hat,


VI.
Die böhmische Ständevevsammlung.

Wieder eine Versammlung der böhmischen Stände ist vorübergegan¬
gen, wir sahen die Herren zehn Tage hindurch in glänzenden Uniformen
und i'plus Fvkiti« zum gemeinsamen Mahle fahren, ohne Neid wie ohne
Hoffnung auf Resultate der Versammlung und der Debatten; auch wa¬
ren diese, wie bisher verlautet, sehr ruhiger Natur, die traurige Impro¬
visation der sarmatischen Standesgenossen und ihre Folgen, mochten wohl
bedeutend zur Beruhigung der Gemüther beigetragen haben, man schiebt
die Wiederaufnahme unfruchtbarer Plänkeleien für ruhigere Zeiten auf,
und mag die liebe Robot gewaltsamer Aufhebung von Staatswegen
nicht blos stellen.

Ein Redner, sonst Chef und Leiter der Opposition, auch diesmal
sich treu geblieben, ward von seinem Anhange emsig verlassen, man
desavouirte selbst frühere ihm gemachte Zugeständnisse, man schob seine
Anträge — von denen mancher lobenswert!) —- als gefährlich gewordenes
Spielzeug scheu zur Seite.

Die früherhin angeregte Frage, wie der Bürgerstand verfassungs¬
gemäß im Landtage zu vertreten sei, ward friedlich und ganz anders
gelöst, als dies von der Opposition gewünscht worden.

Zur Zeit der Landesordnung, welche anbefahl, die vier prager Städte
und drei privilegirte königliche Städte Böhmens, hätten den Landtag
durch ihre Bürgermeister zu beschicken, waren die Bürgermeister und
Räthe der Städte von der Gemeinde wählbar, auch hatten damals
die vier Stadttheile Prags abgesonderte Magistrate — unter Joseph II.
Negierung, welche überhaupt von dem Ständewesen wenig Notiz nahm,
wurde die Wählbarkeit der Municipalbeamtm aufgehoben, und ein gemein-
samer Magistrat für Prags Stadttheile eingesetzt; die privilegirten Städte
Pilsen, Budweis und Kuttenberg hielten es nicht der Mühe noch der
Kosten werth, die pro forma Landtage durch die Anwesenheit ihrer Con-
suln zu verherrlichen, und so kam es, daß, seit Leopold des zweiten Ab¬
leben, nur der Bürgermeister und Vicebürgermeister nebst zwei Räthen
des prager Magistrats — durchaus vom Staate angestellte und absetz¬
bare Beamte — im Landtage erschienen, und in der Regel nur ein
Curialvotum abgaben, wiewohl bisweilen, wenn das dem Vorsitzenden
eben paßte, ihre Vota vierstimmig gezählt wurden. —

Dies vierstimmige Votiren hatte im vorigen Jahre zu lebhaften
Protestationen, zu bittern Worten gegen den Vorstand Veranlassung ge¬
geben, und endlich zu dem Beschlusse geführt, dieses anomale Verhältniß
der städtischen Repräsentation nach historischem und vcrfassungsgemäßem
Rechte zu ordnen. Zunächst war der Wunsch vorherrschend gewesen, die


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[0369] mangelt, sind nicht geeignet, die Sympathie eines Publicums zu gewin¬ nen, das Erl und Fraschini gehört hat, VI. Die böhmische Ständevevsammlung. Wieder eine Versammlung der böhmischen Stände ist vorübergegan¬ gen, wir sahen die Herren zehn Tage hindurch in glänzenden Uniformen und i'plus Fvkiti« zum gemeinsamen Mahle fahren, ohne Neid wie ohne Hoffnung auf Resultate der Versammlung und der Debatten; auch wa¬ ren diese, wie bisher verlautet, sehr ruhiger Natur, die traurige Impro¬ visation der sarmatischen Standesgenossen und ihre Folgen, mochten wohl bedeutend zur Beruhigung der Gemüther beigetragen haben, man schiebt die Wiederaufnahme unfruchtbarer Plänkeleien für ruhigere Zeiten auf, und mag die liebe Robot gewaltsamer Aufhebung von Staatswegen nicht blos stellen. Ein Redner, sonst Chef und Leiter der Opposition, auch diesmal sich treu geblieben, ward von seinem Anhange emsig verlassen, man desavouirte selbst frühere ihm gemachte Zugeständnisse, man schob seine Anträge — von denen mancher lobenswert!) —- als gefährlich gewordenes Spielzeug scheu zur Seite. Die früherhin angeregte Frage, wie der Bürgerstand verfassungs¬ gemäß im Landtage zu vertreten sei, ward friedlich und ganz anders gelöst, als dies von der Opposition gewünscht worden. Zur Zeit der Landesordnung, welche anbefahl, die vier prager Städte und drei privilegirte königliche Städte Böhmens, hätten den Landtag durch ihre Bürgermeister zu beschicken, waren die Bürgermeister und Räthe der Städte von der Gemeinde wählbar, auch hatten damals die vier Stadttheile Prags abgesonderte Magistrate — unter Joseph II. Negierung, welche überhaupt von dem Ständewesen wenig Notiz nahm, wurde die Wählbarkeit der Municipalbeamtm aufgehoben, und ein gemein- samer Magistrat für Prags Stadttheile eingesetzt; die privilegirten Städte Pilsen, Budweis und Kuttenberg hielten es nicht der Mühe noch der Kosten werth, die pro forma Landtage durch die Anwesenheit ihrer Con- suln zu verherrlichen, und so kam es, daß, seit Leopold des zweiten Ab¬ leben, nur der Bürgermeister und Vicebürgermeister nebst zwei Räthen des prager Magistrats — durchaus vom Staate angestellte und absetz¬ bare Beamte — im Landtage erschienen, und in der Regel nur ein Curialvotum abgaben, wiewohl bisweilen, wenn das dem Vorsitzenden eben paßte, ihre Vota vierstimmig gezählt wurden. — Dies vierstimmige Votiren hatte im vorigen Jahre zu lebhaften Protestationen, zu bittern Worten gegen den Vorstand Veranlassung ge¬ geben, und endlich zu dem Beschlusse geführt, dieses anomale Verhältniß der städtischen Repräsentation nach historischem und vcrfassungsgemäßem Rechte zu ordnen. Zunächst war der Wunsch vorherrschend gewesen, die GrinzhPtrn, et. 4g

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365120/369>, abgerufen am 24.11.2024.