Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.deuten Gütern nicht blos, sondern auch in den landesherrlichen deuten Gütern nicht blos, sondern auch in den landesherrlichen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0017" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/182440"/> <p xml:id="ID_35" prev="#ID_34" next="#ID_36"> deuten Gütern nicht blos, sondern auch in den landesherrlichen<lb/> Distrikten hegt und pflegt er diese noble Passion, und sucht da<lb/> sein Vorrecht eben als ein Recht weiter auszudehnen. Als vor<lb/> einigen Jahren das Zollwesen in Schleswig-Holstein geordnet<lb/> wurde und die Zollfreiheit wegfallen sollte, wurde dem Herzog, der<lb/> sich so lange als möglich gegen diese Ausgleichung gewehrt hatte,<lb/> für die nicht persönlichen Zollrechte von der Regierung eine Ab¬<lb/> findungssumme von 20,000 Thlr. geboten, aber der Herzog schlug<lb/> das Geld aus, erbat sich dagegen Ausdehnung seines Jagdgebiets,<lb/> und die Negierung gestand ihm, wie der Herzog sich in der Stän¬<lb/> deversammlung ausdrückte, für „ewige Zeiten" ein neues Jagdge¬<lb/> biet zu, die Ausübung der Jagd auf den Feldern selbstständiger<lb/> freier Bauern! Aber außerordentlich stark regt sich gegen dieses<lb/> Jagdwesen aus Selbstständigkeitstrieb und Freiheitsliebe das Volk.<lb/> Man hat schon Jahre lang mit immer verstärkter Stimme von der<lb/> Negierung die Aushebung des Jagdregals verlangt und gleichfalls<lb/> daß sie der Ablösung des Jagdservitms der Bauern auf den adli¬<lb/> gen Gütern förderlich sein solle. Freilich ist noch wenig oder<lb/> gar nichts erreicht, denn die Ständeversammlungen haben sich ge¬<lb/> scheut, diese Fragen ernstlich zur Sprache zu bringen, und so lange<lb/> sie es nicht thun, wird die Regierung sie auch ruhen lassen. Die<lb/> Regierung hat sich sogar auf die Bemerkungen der Aristokratie in<lb/> den Schleswig-Holsteinischen Ständeversammlungen bereit gezeigt,<lb/> die Klagen der Gutsuntergehörigen wegen Wild- und Jagdschäden<lb/> zu beschränken! Aber der Bauernstand hat sich in verschiedenen<lb/> Gegenden des Landes gegen die Vorrechte der Jagd erhoben; un¬<lb/> ter andern sind 616 Bauern mit einer Beschwerde bei den Landes¬<lb/> herrn aufgetreten, und die Stände werden in der nächsten Diät<lb/> nicht umhin können, die Sache zu verhandeln und die Liberalen<lb/> werden in dieser wie in mehreren andern Sachen entschieden<lb/> mit den Aristokraten brechen müssen. Für den Herzog von<lb/> Augustenburg ist aber die Jagdfrage sicher mit Beweggrund ge¬<lb/> worden, daß er, dem Vernehmen nach, die nächste Schleöwigsche<lb/> Ständeversammlung nicht persönlich besuchen, sondern von seinem<lb/> Recht, sich vertreten zu lassen, Gebrauch machen will. Kommt<lb/> unsre Aristokratie der Meklenburgschen hinsichtlich der noblen Jagd¬<lb/> passion noch nicht gleich, so stehen unsere bürgerlichen Besitzer hin-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0017]
deuten Gütern nicht blos, sondern auch in den landesherrlichen
Distrikten hegt und pflegt er diese noble Passion, und sucht da
sein Vorrecht eben als ein Recht weiter auszudehnen. Als vor
einigen Jahren das Zollwesen in Schleswig-Holstein geordnet
wurde und die Zollfreiheit wegfallen sollte, wurde dem Herzog, der
sich so lange als möglich gegen diese Ausgleichung gewehrt hatte,
für die nicht persönlichen Zollrechte von der Regierung eine Ab¬
findungssumme von 20,000 Thlr. geboten, aber der Herzog schlug
das Geld aus, erbat sich dagegen Ausdehnung seines Jagdgebiets,
und die Negierung gestand ihm, wie der Herzog sich in der Stän¬
deversammlung ausdrückte, für „ewige Zeiten" ein neues Jagdge¬
biet zu, die Ausübung der Jagd auf den Feldern selbstständiger
freier Bauern! Aber außerordentlich stark regt sich gegen dieses
Jagdwesen aus Selbstständigkeitstrieb und Freiheitsliebe das Volk.
Man hat schon Jahre lang mit immer verstärkter Stimme von der
Negierung die Aushebung des Jagdregals verlangt und gleichfalls
daß sie der Ablösung des Jagdservitms der Bauern auf den adli¬
gen Gütern förderlich sein solle. Freilich ist noch wenig oder
gar nichts erreicht, denn die Ständeversammlungen haben sich ge¬
scheut, diese Fragen ernstlich zur Sprache zu bringen, und so lange
sie es nicht thun, wird die Regierung sie auch ruhen lassen. Die
Regierung hat sich sogar auf die Bemerkungen der Aristokratie in
den Schleswig-Holsteinischen Ständeversammlungen bereit gezeigt,
die Klagen der Gutsuntergehörigen wegen Wild- und Jagdschäden
zu beschränken! Aber der Bauernstand hat sich in verschiedenen
Gegenden des Landes gegen die Vorrechte der Jagd erhoben; un¬
ter andern sind 616 Bauern mit einer Beschwerde bei den Landes¬
herrn aufgetreten, und die Stände werden in der nächsten Diät
nicht umhin können, die Sache zu verhandeln und die Liberalen
werden in dieser wie in mehreren andern Sachen entschieden
mit den Aristokraten brechen müssen. Für den Herzog von
Augustenburg ist aber die Jagdfrage sicher mit Beweggrund ge¬
worden, daß er, dem Vernehmen nach, die nächste Schleöwigsche
Ständeversammlung nicht persönlich besuchen, sondern von seinem
Recht, sich vertreten zu lassen, Gebrauch machen will. Kommt
unsre Aristokratie der Meklenburgschen hinsichtlich der noblen Jagd¬
passion noch nicht gleich, so stehen unsere bürgerlichen Besitzer hin-
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